Das neue Album von Altmeister Alejandro Escovedo ist nicht etwa eine neue Songsammlung geworden (wie es zu erwarten gewesen wäre), sondern eine klangtechnische Zeitreise in bislang unbekannte Dimensionen. Denn auf dem Flug nach Italien, wo Escovedo mit den Musikern und Co-Produzenten Don Antonio und Nicola Peruch eigentlich neues Material aufnehmen wollte, kam Escovedo die Idee, stattdessen auf sein bisheriges Oeuvre zurückzugreifen, um ausgewählte und eher obskure Stücke aus seiner langen Karriere als Bandmusiker mit Acts wie Buick MacKane, The True Believers - aber auch der Punk-Band The Nuns - mit einem alternativen Mindset neu zu interpretieren. Dabei ging es Escovedo und seinen Mitstreitern offensichtlich nicht darum, die Qualität des Songmaterials auf ein zeitgemäßes Level zu hieven, sondern darum zu erforschen, wie man die Tracks mit abrasiven Gitarrensounds, Kaputnik-Attitüde, kaputtem Instrumentarium und Mikros, Noise, Übersteuerung und Feedback, am effektivsten zerstören könnte, ohne den Anspruch zu erheben sie neu aufzubauen.

Das ist alles nicht schön anzuhören - zumal die Herren auch nicht unbedingt die besten Ideen herangezogen haben, wie z.B. das auf Fake-Reggae umgebogene und auf Spanisch vorgetragene "Castanuelas" zeigt. Besser wäre es gewesen, öfter mal so etwas wie das als konventionelle Piano-Ballade angelegte "Sensitive Boys" zu versuchen (denn dabei verzichteten Escovedo & Co. auf das Zerstören). Unter dem Strich ließe sich sagen, dass das für die Beteiligten ein interessantes Experiment gewesen sein muss, das dann aber auf eher uninteressante (weil dezidiert destruktive) Art gescheitert ist. Insbesondere für Fans Escovedos, die von den versöhnlichen Aspekte seiner Americana-Solo-Erfolgs-Alben ab ca. "Real Animal" von 2008 angetan sind, dürfte dieses Album einen herber Rückschlag darstellen.