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Interview-Archiv

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LIAM CROMBY
 
Unbehagliche Songs
Liam Cromby
"What Can I Trust, If I Can't Trust True Love" ist das Solo-Debüt Album des britischen Songwriters Liam Cromby - aber es ist kein Debüt-Album im klassischen Sinne. Denn lange bevor Cromby 2019 bei einem Besuch in Nashville mit den Songwriter-Kollegen Kenny Foster und Emery Adeline erste Songs für das nun vorliegende Album schrieb, hatte er eine zehnjährige Karriere als Frontmann der Post-Hardcore-Band We Are The Ocean hinter sich, in der er das Leben als Rockstar so lange in vollen Zügen genossen hatte, bis 2015 am Ende die große Leere stand und er sich eine Auszeit vom Musikerdasein nehmen musste, um wieder zu sich selbst zu finden. Wie fand er dann letztlich wieder zu seiner eigentlichen Berufung zurück?
"Nun, wir haben We Are The Ocean damals aus persönlichen Gründen aufgelöst", berichtet Liam, "wir waren zehn Jahre lang on the road gewesen und hatten zwischendurch unsere Alben aufgenommen. Ich hatte die beste Zeit meines Lebens und es war großartig. Aber ich hatte die Kerze einfach an beiden Enden angezündet. Man könnte sagen, dass mich der Rock'n'Rolll aufgefressen und ausgespuckt hatte. Ich musste mich also erst mal um mein Wohlergehen kümmern und mir eine Auszeit nehmen. Das habe ich dann auch gemacht und eine Reihe von Jobs angenommen, die nichts mit der Musik zu tun hatten. Ich habe dann durch eine Reihe von Ereignissen zur Musik zurückgefunden, die damit begannen, dass ich für einige Zeit in Nashville war und dort mit einigen Kollegen Sessions machte, die sehr ermutigend waren. Als ich nach England zurückkehrte, war ich zwar immer noch unglücklich mit meinem Verhältnis zur Musik, aber ich suchte mir Hilfe in der Therapie und dann begann die Sache sich zu bewegen. Ich hatte eine Reihe von Jobs angenommen, mit denen ich nicht allzu glücklich war, und schob diese beiseite, um mich als Straßenmusiker zu verdingen. Das hat mich dann zur Musik zurückgeführt, indem ich dadurch wieder eine neue Wertschätzung der Musik erfahren habe." Hat sich denn die Sache mit den Dayjobs förderlich auf die Selbstfindung ausgewirkt? "Nun, die Jobs haben mich zwar ausgefüllt, aber ich mochte sie nicht, weil ich keine Gitarre spielen konnte", gesteht Liam, "was ich aber dadurch - und von den Leuten, mit denen ich in diesen Jobs zusammengearbeitet habe - gelernt habe, war die kleinen Dinge im Leben wieder wertschätzen zu können. Ich habe in diesen Momenten dann auch herausgefunden, wer ich wirklich bin."

Das ist war ja sicherlich keine schlechte Basis für die Fortführung der Musikerkarriere. Warum aber ist Liam Cromby dann nicht bei seinem angestammten Metier - der harten Rockmusik - geblieben? Das neue Album klingt nämlich eher wie ein klassisches US-Heartland-Album als nach britischer Postpunk-Rockmusik. Hat das vielleicht damit zu tun, dass Liam in Nashville seinen Weg zurück zur Musik begann? "Nein, es hat damit zu tun, dass es die erste Art von Musik war, die ich mir angehört habe, als ich aufwuchs", führt Liam aus, "meine Mutter singt und mein Vater spielt Bass in einigen Bands in Liverpool und wir sind deswegen oft die vier Stunden von Liverpool nach London gefahren und haben dabei Johnny Cash, Patsy Cline, die Eagles, Waylon Jennings und Dolly Parton gehört - praktisch die ganze US-Country-Szene. Ich habe diese Art von Musik also immer schon gemocht. Ich würde sogar sagen, dass - obwohl meine alte Band sich ganz anders angehört hat, als das, was ich jetzt mache - ich immer auf der akustischen Gitarre geschrieben habe und oft genug fühlte sich das dann wie ein Americana-Song an, was dabei heraus kam. Wir haben dann nur die Gitarren eingestöpselt und alles ganz laut gespielt." Neben den Erfahrungen mit den Dayjobs, der Therapie, der Straßenmusik und den Sessions in Nashville, war es vor allen Dingen die Unterstützung durch seine Ehefrau Ashlea, die Liam Cromby auf den rechten Weg zurückgeführt hatte. Wie wichtig war die denn für dieses Projekt? "Sehr wichtig", meint Liam, "Sie hat auch einen großen Einfluss auf das ganze Album gehabt. Als damals die Band auseinander brach und ich mir die fünfjährige Auszeit nahm, habe ich meine Frau Ashlea getroffen und sie hat mich auf der ganzen Reise, das Album aufzunehmen begleitet. Sie hat mich gesehen, wenn ich gut drauf war, aber auch wenn ich am Boden lag. Sie hat einen großen Einfluss auf das Album gehabt." Ist das vielleicht auch der Grund dafür, dass das Album weniger männlich klingt als die Musik, die Liam mit We Are The Ocean machte? "Weniger männlich?", fragt er erstaunt zurück, "das ist interessant. Wie meinst du denn das?" Nun - die neuen Songs klingen definitiv weniger kantig, stachelig und wütend als die Rocksongs von damals. "Nun ja - meine Teenage Angst-Tage liegen natürlich hinter mir und ergo brauche ich heute nicht mehr so aggressiv zu sein. Und ich denke, es geht heute tatsächlich mehr um Emotionen und Offenheit. Ich denke auch, dass meine Therapie mir geholfen hat, offener zu sein für so etwas. Ich bin ein wenig mutiger in dieser Hinsicht geworden und erlaube mir heute auch mal, meine Emotionen rauszulassen."
Welche Art von Songs schreibt Liam denn heutzutage am liebsten? "Songs, die mir Unbehagen bereiten", zögert er, "wenn ich mit dem Schreiben anfange, denke ich mir wohl, ob ich dieses und jenes tatsächlich aussagen sollte - aber das ist dann ein gutes Zeichen, dass ich diesen Song dann besser konsequent zu Ende bringen sollte." Die neuen Songs kommen ja eigentlich ohne doppelten Boden oder verborgene Agenda daher - sondern klar und geradlinig in ihrer Aussage. Ist es das, was sie für Liam unangenehm macht? "Ja", bestätigt er freimütig, "das Album klingt ja rau und geradlinig und was es so unangenehm machte, ist dass es nichts zu verstecken gab. Es ist, was es ist." Was ist für Liam - heutzutage - denn die größte Herausforderung als Songwriter? "Offen und ehrlich zu sein", grenzt er ein, "dabei aber dann doch einiges für mich zu behalten und nicht alles offenzulegen. Auf diesem Album habe ich vieles Preis gegeben. Die Songs sind insofern selbsterklärend. Was man allerdings bedenken muss, ist dass man eine gesunde Balance zwischen dem, was man mitteilen kann und was man selbst behalten muss, finden sollte. In meiner letzten Band habe ich vermutlich viel mehr Preis gegeben - und das kann dann zu viel werden, denn man muss diese Songs dann ja letztlich jeden Abend aufführen."
Wovon fühlt sich Liam denn musikalisch inspiriert? "Ich denke, jeder Songwriter ist auch immer von anderen Songwritern inspiriert", erklärt er, "ich liebe zum Beispiel Jackson Browne sehr - der ja eher in den 70s groß wurde oder Jason Isbell, um mal einen zeitgenössischen zu nennen. Ich mag es, wie auch in seinen fiktionalen Songs immer eine echte Emotion und Intention zu spüren ist. So etwas geht mir nahe und versuche das auch selbst in meinem Songwriting zu berücksichtigen. Jeder, der irgendwie kreativ ist, muss aber zunächst mal auf sich selbst hören und seinem Herzen folgen. Später kann man sich dann ja jemanden suchen, dem man vertraut und auch mal Sachen vorspielen, die noch in Arbeit sind und dann nach dessen Meinung fragen. Andererseits finden wir ja gegebenenfalls unsere eigenen, besten Songs nicht." Wie wichtig war es denn dabei der Produzent Peter Miles in diesem Prozess? "Sehr wichtig - denn ich kenne Peter schon seit langer Zeit, weil er auch meine vorherige Band produziert hat", erinnert sich Liam, "es gibt also emotionale Verbindungen zu Peter und auch seinem Studio. Es war wichtig für mich, in diesem Studio aufzunehmen, weil ich mir länger nicht ganz sicher war, ob ich überhaupt mit der Musik weitermachen wollte und mich das Studio darin bestärkt hat. Das war dann der Moment wo sich der Kreis für mich schloss." Für uns schließt sich der Kreis erst nächstes Jahr - denn da ist Liam Cromby in unseren Breiten auf Tour.
Weitere Infos:
www.facebook.com/liampatrickcromby
www.youtube.com/@liamcromby/videos
www.instagram.com/liamcromby
twitter.com/LiamCromby
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Basia Krasowska-
Liam Cromby
Aktueller Tonträger:
What Can I Trust, If I Can't Trust True Love
(Time Is Tonic/Cargo)
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