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GENA ROSE BRUCE
 
Im Musikgarten
Gena Rose Bruce
Als "Australiens Antwort auf Angel Olsen" bezeichnet der Guardian die aus Melbourne stammende, australische Songwriterin Gena Rose Bruce. Wie das immer so ist beim Namedropping: Das kann man so sehen wenn man möchte - muss es aber gar nicht, denn Gena Rose Bruce hat eine ganz eigene Ästhetik entwickelt, ihre nachdenklichen Reflexionen über die Liebe, das Leben, die Vergänglichkeit und die Sterne auf eine musikalisch hinreißend unkonventionelle Weise in Szene zu setzen. 2015 erschien eine erste EP namens "Mad Love", mit der sich Gena musikalisch in Sachen Dark-Folk, Kaputnik-Blues, Psychedelia und Schrammelpop ausprobierte - nur um vier Jahre später mit ihrer Debüt-LP "The Way You Make Love" all das zu einem faszinierend eigenständigen Noir-Rock-Stil zu verquicken.
Was den Guardian an Angel Olsen erinnert haben mochte, ist Gena Roses klagender Gesangsstil, der vom Timbre her ähnlich wie der der US-Kollegin funktioniert. Aber spätestens mit ihrer Anfang des Jahres erschienen zweiten LP "Deep Is The Way" und mehr noch der gerade mit dem Budapest Art Orchester eingespielten EP "Lighting Up" lässt sie Vergleiche sowieso hinter sich - und zwar nicht nur musikalisch, denn dass Gena Rose sich in der Pandemie ein zweites Standbein als Gärtnerin aufgebaut hat, zeigt, dass sie in der Lage ist, auf verschiedenen Ebenen zu agieren. Wie hat sich Gena Roses musikalische Laufbahn entwickelt? "Na ja - ich habe meine Musikerlaufbahn im wesentlichen damit begonnen, indem ich Country Musik spielte", erklärt Gena, "vor zehn Jahren bin ich bei einem Americana Festival in Nashville aufgetreten. Damit hat also alles angefangen, aber ich habe mich dann mehr und mehr in Richtung Indie-Rock entwickelt - aber ein paar Country Elemente noch beibehalten." Das gilt dann besonders für die Arrangements, richtig? "Meine Eltern waren mehr so an punky Rockmusik interessiert und meine Mama arbeitete in einer Radiostation im Bundesstaat Victoria, wo ich herkomme. Da spielten sie verschiedene Arten von Musik. Daher war ich von frühester Jugend an Musik ausgesetzt, sie nicht typische Pop- oder Mainstream-Musik war. Ich denke, dass sich das prägend auf mich ausgewirkt hat. Ich wollte aber auch nie eine Pop-Sängerin sein. Ich schreibe über die Begebenheiten des Lebens, über meine Freunde und Partner und deren Erfahrungen. Das ist das, was ich im Moment mache. Ich denke aber, dass ich mich im Laufe der Zeit weiter in Richtung Storytelling entwickeln werde. Das fühlt sich für mich ziemlich natürlich an, auch wenn meine letzten beiden LPs alleine von persönlichen Erlebnissen erzählen."

Auf dem zweiten Album arbeitete Gena Rose erstmals mit Bill Callahan zusammen, mit dem sie die Songs "Foolishly In Love" den Titeltrack "Deep Is The Way" einspielte - für den Bill auch als Duett-Partner zur Verfügung stand. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit - denn Bill Callahan ist ja nicht eben dafür bekannt, sich von selbst aufzudrängen? "Ich war mindestens so überrascht wie du, als das geklappt hat", lächelt Gena, "das passierte im Lockdown. Ich denke also, dass Bill während dieser Zeit einfach mehr Zeit hatte, als gewöhnlich. Jemand von meinem Publishing-Team bat mich, eine Liste mit Musikern aufzustellen, mit denen ich mal gerne zusammenarbeiten würde - und ich nannte Bill Callahan an erster Stelle. Die haben ihn dann kontaktiert und es stellte sich heraus, dass er bereits von meiner Musik gehört hatte - was ziemlich verrückt ist. Er stimmte dann gleich zu, etwas zusammen zu machen und ich denke, es lag am perfekten Timing, dass es so gekommen ist. Wir haben das alles per eMails durchgeführt - ich habe nicht mal mit ihm gesprochen. Es gab ja keinen Zeitdruck und wir haben über einen Zeitraum von drei Monaten dann zusammen zwei Songs geschrieben." Wie ist denn die Pandemie überhaupt für Gena Rose gelaufen? Als Australierin hatte sie ja ganz besonders damit zu tun. "In Melbourne, wo ich wohne, hatten wir insgesamt 365 Tage Lockdown. Nicht am Stück, sondern immer mal wieder. Das war ganz schön hart, aber ich hatte insofern Glück, als dass ich mit meinem Partner zusammenlebte und nicht alleine war. Wir hatten allerdings weder Garten noch Balkon, was die Sache ein wenig schwieriger machte. Während des Lockdowns hatte ich aber meinen Musik-Job im Einzelhandel verloren und dachte mir, dass ich irgendetwas anderes machen müsste. Da bin ich auf die Gärtnerei gekommen. Damit hatte ich insofern Glück, als das es Gärtnern gestattet war, weiter zu arbeiten. Ich war dann in der Lage, nach draußen zu dürfen und weiterarbeiten zu können. Ich denke, dass hat mich bei Verstand gehalten." Und wie hat sich dieses Setting für die Songwriterin und Musikerin Gena Rose ausgewirkt? Viele ihrer Kollegen(inn)en bemängeln ja die im Lockdown fehlenden Impulse von außen. "Nun - ich hatte ein ziemlich intensives Jahr oder zwei - vor dem Lockdown", berichtet Gene Rose, "als dann alles zum Stillstand kam, räumte ich erst mal mit der Zeit davor auf. Ich schrieb ja schließlich mein zweites Album während des Lockdowns und ich denke, es enthält einiges an Reflexionen aus dem Jahr zuvor. Ich habe mir dann aber auch Gedanken darüber gemacht, was die Zukunft bereit halten könnte. Es ging also schon um tiefe Gedankengänge." Gab es denn eine Art Schlussfolgerung, die Gena aus diesem Prozess gezogen hat? "Nicht wirklich", meint sie, "ich glaube nämlich nicht, dass man Musik macht, um sich besser zu fühlen, sondern um etwas über sich zu lernen. Es ist so eine Art Therapie - aber weißt du: Ich bewege mich im Leben ja ständig auf und ab. Schau: Zu der Zeit war das alles, was ich machen konnte und es half mir, diese Zeit zu überstehen."
Kommen wir aber endlich mal zur Musik: Wenn Gena Rose sagt, dass sie mit Country-Musik angefangen hat und sich allmählich immer mehr in Richtung Indie-Rock entwickelt habe, so ist das nicht unbedingt herauszuhören, denn insbesondere die Arrangements ihres Materials klingen zuweilen regelrecht experimentell. Jedenfalls nicht so, wie man sich entweder Country-Musik oder Indie-Rock bzw. eine Mischung daraus eigentlich vorstellt. "Ich mag halt eine sehr große Bandbreite an Musik und bin überhaupt nicht auf bestimmte Genres festgelegt", führt Gena Rose aus, "ich wollte auch nie eine Scheibe machen, die einem bestimmten Genre angehört. Jeder Song sollte sein eigenes Gewand haben. Mein Produzent, Tim Harvey, sieht das ähnlich und wir haben viele Dinge ausprobiert, bevor wir überhaupt mit den Aufnahmen begonnen haben." Was war denn die größte Herausforderung dabei? "Weißt du, es ist lustig - aber um Songs zu schreiben muss man sehr geduldig sein", führt Gena aus, "die Hälfte der Zeit realisiere ich gar nicht, wenn ich einen Song geschrieben habe. Ich schreibe zwar jeden Tag - aber immer nur kleine Teile. Erst mit der Zeit findet man dann heraus, dass man einen Song hat. Was ich als Schwierigkeit erachte, sich jeden Tag zu motivieren, zu schreiben - obwohl man weiß, dass man am Ende vielleicht keinen Song fertig bekommt. Ich weiß nie genau, worüber ich schreiben werde - es kommt einfach aus mir heraus." Und welche Art von Inspirationen gab es dann musikalisch? "Gerade im Lockdown habe ich mir auch ziemlich viel Musik angehört - denn ich habe damals viel gekocht. Ich habe so eine Menge Sachen aus der Vergangenheit entdeckt und mich auch offen für alles gezeigt. Beispielsweise ELO oder David Bowie; aber auch modernere Sachen wie Weyes Blood oder Tori Zietsch's Maple Glider." Dazu muss man noch etwas wissen: Das Interview mit Gena Rose fand auf dem Reeperbahn Festival statt, wo viele australische Acts auftraten - unter anderem auch Maple Glider - die sich dann gegenseitig bei den jeweiligen Shows besuchten und unterstützten. Das bringt uns zu einem interessanten Aspekt: Gerade in der letzten Zeit setzen sich australische Musiker(innen) für die Belange der Aborigines ein. Nicht notwendigerweise musikalisch (wie das z.B. Jen Cloher oder Bobby Alu tun), sondern in Form von Statements oder Projekten. "Ich denke, wenn das zu einer selbstverständlichen Weise führt, sich mit dem Thema zu beschäftigen, dann unterstütze ich das absolut", meint Gena Rose, "man sollte nur nicht versuchen, so etwas zu erzwingen, um ein Statement zu machen. Wir sollten auf jeden Fall die traditionellen Werte der Indigenen Menschen achten." Das sehen die Australier offensichtlich anders - denn eine Volkbefragung zu einem Referendum zur Stärkung der Rechte der Indigenen Geminschaften wurde soeben landesweit abgelehnt.
Nachdem Gena Rose ja bereits mit einem Orchester zusammengearbeitet hat (wenn auch nur über die Distanz): Gibt es denn vielleicht noch bislang unerfüllte musikalische Wünsche, auf die sie hinarbeitet? "Ich gehöre zu den Menschen, die schauen, wie sich die Dinge entwickeln und plane nicht allzu sehr voraus. Aber ich bin offen für Kollaborationen. Ich denke, dass mich die Erfahrung mit dem Budapest Art Orchestra dazu gebracht hat, dass ich auf meinem nächsten Album auf jeden Fall so etwas noch mal machen will. Wir werden sehen. Wenn ich meine Songs fertig habe, werde ich schon sehen, wie sie klingen möchten und ob sie ein Orchester brauchen. Ich halte mich nicht zu sehr an Plänen fest - das bin ich einfach nicht."
Weitere Infos:
www.genarosebruce.com
genarosebruce.bandcamp.com
www.facebook.com/GenaBruceMusic
www.instagram.com/genarosebruce
twitter.com/_gena_rose
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
Gena Rose Bruce
Aktueller Tonträger:
Deep Is The Way
(Dot Dash/Bertus)
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