Gaesteliste.de: Im Gegensatz zu den historischen Referenzen, die ihr zum Teil anschneidet, erscheint das Album Artwork sehr modern. Die bunten Bomben sind präzise arrangiert, farbenfroh und deutlich im Ausdruck und auch ein wenig provokant. Ist es eine Zusammenfassung der Klanglandschaft, die ihr erschaffen habt?
Phoenix: Ja, das ist gar kein abwegiger Gedanke. Branco hat das Cover-Artwork gestaltet, wie schon beim letzten Album. Insgesamt gesehen kann man das Cover wohl als Zusammenfassung der Musik betrachten. Es ist ebenso wie die Songs stark und sanft zugleich. Pinke Bomben! Es ist wichtig für uns, dass am Ende alles stimmig ist und zusammenpasst. Das gelingt am Besten, wenn wir es selbst in die Hand nehmen und unsere Ideen realisieren.
Gaesteliste.de: Ihr habt bei den Aufnahmen zur neuen Platte zwar nicht das erste Mal mit Philippe Zdar gearbeitet, dennoch hat er als erster die Rolle des Co-Produzenten übernommen. Warum habt ihr euch dieses Mal entschlossen bei der Produktion Unterstützung einzuholen?
Phoenix: Das ist wahr. Philippe hat bereits unser erstes Album gemixt. Da wir in seinem Studio in Paris aufgenommen haben, kam er öfters vorbei, hat sich unsere Ideen angeguckt und hilfreiche Tipps gegeben. Also haben wir uns gedacht, dass es nur natürlich wäre, auch ganz offiziell mit ihm zusammenzuarbeiten. Es war nicht die typische Produzentenrolle, wie es so oft der Fall ist. Er kam ungefähr alle zwei Tage vorbei und ziemlich oft zu spät. Dafür schenkte er uns viel Vertrauen und war in vielen Dingen sehr hilfreich, was das schrittweise Erreichen der nächsten Stufe anging. Das Arbeiten war eher ein freundschaftliches Miteinander, obwohl wir teilweise so unterschiedlich sind. Vielleicht ist es genau das, was die Zusammenarbeit so gut und interessant gemacht hat. Natürlich kam es trotzdem zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Songs. Entweder haben wir Champagnerflaschen geköpft oder wir sind fast in Tränen ausgebrochen während der Aufnahmen. Es war eine sehr extreme und emotional aufgeladene Zeit. Dieses Ungleichgewicht wiederum ist gut für die allgemeine Spannung und treibt uns voran. Wir brauchen das, um produktiv zu sein. Dazu gehört auch, dass wir uns nicht wiederholen wollen und versuchen die Aufnahmebedingungen bei jedem Album abwechslungsreich zu gestalten.
Gaesteliste.de: Die Songs auf "Wolfgang Amadeus Phoenix" sind von komplexer und ausgefeilter Natur, viel mehr noch als auf euren bisherigen Alben. Ist diese Tatsache auf eure größere Erfahrung beim Songwriting zurückzuführen oder Teil eines Plans, den ihr im Vorfeld der Aufnahmen im Kopf hattet?
Phoenix: Wir wollen mit jedem Album einen immer höher werdenden künstlerischen Anspruch erfüllen, den wir uns selbst auferlegen. Da gibt es keinen wirklichen Plan bei der Vorgehensweise. In diesem Fall ist es vielleicht einfach eine Reaktion auf das, was wir davor gemacht haben. Das vorletzte Album "It's Never Been Like That" ist so schnell entstanden und war für uns eine Art Befreiung nach den ersten beiden Produktionen. Nach dieser Erfahrung waren wir dann wieder bereit und offen für eine etwas studioversiertere Herangehensweise, die mehr Tricks und Kniffe in sich hatte. Ein wirkliches Gesamtbild wird erst am Ende eines solchen Prozesses sichtbar.
Gaesteliste.de: Euer viertes Studioalbum ist im Kasten und ihr habt unzählige Songs im Laufe eurer Bandgeschichte geschrieben. Gibt es trotzdem Ideen oder bestimmte Konzepte, die ihr nach all der Zeit noch nicht beendet bzw. umgesetzt habt, aber auf keinen Fall verwerfen wollt?
Phoenix: Oh ja, da gibt es so einiges an Ideen, die noch unvollkommen sind. Gerade während des Entstehungsprozesses des neuen Albums hatten wir unglaublich viele Gedanken, die nicht zu Ende geführt wurden, an denen wir aber sehr gerne noch weiterarbeiten würden. Wir haben das erste Mal überhaupt eine Art Katalog für solche Dinge angelegt, wo alles verzeichnet und organisiert ist.
Gaesteliste.de: Es gibt die umstrittene Theorie des "Mozart Effekts", die besagt, dass dessen Musik einen positiven Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten von Menschen hat. Seht ihr eine Art von "Phoenix Effekt", wenn ihr auf eure eigene Musik blickt?
Phoenix: Wenn sie einen Effekt hat, dann ist dieser ganz allgemein gesehen sehr optimistisch, aber er verbirgt trotzdem eine Art doppelten Boden. Das gilt besonders für die Texte. Auf alle Fälle hat die Musik eine vielschichtige Wirkung auf den Hörer. Natürlich kommt es auch auf die Wahrnehmung jedes Einzelnen an.
Gaesteliste.de: Ihr scheint euch generell recht wohl in der Studioatmosphäre zu fühlen, aber steht gleichzeitig mit viel Enthusiasmus auf der Bühne und spielt live. Gibt es bestimmte Dinge, die bei diesem Wechsel vom Studio auf die Bühne bei den Songs selbst verlorengehen bzw. an Bedeutung gewinnen, wenn ihr sie aus der gewohnten Umgebung herausreisst und unter anderen Umständen interpretiert?