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LAURA CANTRELL
 
Birds & Bees
Laura Cantrell
Also für eine Künstlerin aus dem Country Umfeld hat Laura Cantrell schon eine ziemlich ungewöhnliche Laufbahn vorzuweisen. Zwar stammt Laura gebürtig tatsächlich aus Nashville - was ihre Vorliebe für das Genre erklärt -, zog aber bevor sie als Musikerin reüssierte bereits nach New York. Dort machte sie sich aber zunächst mal einen Namen als DJ für eine thematisch entsprechend ausgerichtete Radio-Show. Um ihr Hobby, die Musik, finanzieren zu können, nahm sie einen Job bei einem Börsenunternehmen an. Darin war sie so erfolgreich, dass sie zu der Vizepräsidentin einer Abteilung der Bank Of America wurde. Nachdem dann ihre ersten Songs ausgerechnet auf dem schottischen Shoeshine-Records-Label des Teenage Fanclub Mastermindes Francis Macdonald erschien und sich erste Erfolge einstellten (John Peel erkor das Werk zu seiner Lieblingsscheibe), wurde ihr das zuviel und sie konzentrierte sich - endlich - auf das Musikerleben. Laura ist somit eine der wenigen Musikerinnen, deren Portrait sowohl im Rolling Stone, wie auch in der Financial Times erschien.
"Humming By The Flowered Vine" ist ihre dritte offizielle Scheibe, die nun bei dem Indie Matador erscheint. Wie bei ihren früheren Werken auch, finden sich hier 50:50 Cover-Versionen und eigene Titel. Da stellt sich natürlich die Frage, wonach Laura ihre Cover-Versionen aussucht? "Nun, ich brauche erst mal irgendeinen Bezug zu dem Song, den ich auswähle", erläutert Laura - übrigens mit einer Stimme, die auch beim sprechen durchaus melodische Qualitäten aufweist, "denn so kann ich den Song in der richtigen Art vortragen, wenn ich das mal so sagen darf. Der Song muss für mich eine Bedeutung haben. Dann suche ich nach Dingen, die sich mit Elementen meiner eigenen Songs vertrage. Ein gutes Zeichen ist zum Beispiel, wenn ich einen Song, den ich höre und mag, mitsinge. Das fühlt sich dann direkt gut an." Und was macht Laura, um eine Cover-Version dann zu ihrem Ding zu machen? "Meine Musiker und ich bemühen uns, das Stück auf unsere eigene Art zu instrumentieren. Ich versuche auch immer, das Stück anders zu phrasieren und zu betonen. Ich versuche also nicht, eine Version zu kopieren, sondern sie zu interpretieren. Dabei nehme ich natürlich zugegebenermaßen einen Stil, der mir angenehm ist." Was ist denn das Wichtigste in diesem Zusammenhang. Die Stimme? Die Melodie? "Das schon", räumt sie ein, "es muss eine gute Kombination von allem sein. Worauf es mir aber besonders ankommt, ist der Text. Da bin ich sehr wählerisch. Das heißt nicht, dass die Texte besonders komplex sein müssen, aber wenn ich fühle, dass sie zu banal sind oder Klischees verwenden, dann bin ich für gewöhnlich nicht beeindruckt. Texte müssen immer irgendwie smart sein. Das ist, wonach ich meine Cover-Versionen hauptsächlich auswähle. Wenn jemand erkennbar einen Text schreibt, ohne wirklich aufzupassen oder sich zu bemühen, dann stößt mich das ab."
Dieses Prinzip wendet Laura dann gewiss auch für ihre eigenen Texte an, nicht wahr? "Absolut", bestätigt sie, "was die Sache tatsächlich auch recht schwierig macht, da ich bei meinen eigenen Texten immer besonders kritisch bin. Es ist schwierig, ein Stück fertigzustellen, wenn du dich selbst immer editierst. Aber ich denke, dass dieses Bewusstsein für Wörter meine Stücke am Ende besser macht." Wie sieht sich Laura denn selber? Jemand, der nur die Hälfte seiner Stücke schreibt, ist ja nicht unbedingt der Prototyp des Songwriters. "Ich möchte zunächst als Künstlerin gesehen werden, und erst dann als Songwriterin und Interpretin", verrät Laura, "zum Beispiel so wie Emmylou Harris. Ich möchte mich dabei auf keinen Fall mit ihr vergleichen, aber zur selben Zeit fühle ich mich doch von ihrer Fähigkeit inspiriert, Songs wunderschön zu interpretieren und andererseits selber gelegentlich sehr kraftvolle eigene Songs schreiben zu können. Was immer man von ihr erwarten darf, ist qualitativ sehr hochwertig - seien es ihre Interpretationen oder ihre eigenen Songs. Und ich bewundere ihre Auswahlen. Das möchte ich auch anstreben." Fühlt es sich denn anders an, wenn man die Stücke anderer Leute interpretiert? "Ja, durchaus", stimmt Laura zu, "für mich fühlt es sich sogar einfacher an, Cover-Versionen vorzutragen, als meine eigenen Songs. Einfach deswegen, weil ich mir keine Gedanken mehr um die Sprache machen muss. Ich werde nicht von meinem eigenen Lektorat abgelenkt. Das führt sogar dazu, dass ich Cover-Versionen zuweilen als emotionaler empfinde als meine eigenen Stücke." Laura stammt zwar aus Nashville, ihre neue Scheibe wurde indes in ihrer Heimatstadt, New York, aufgenommen. Ist es denn Absicht, dass sich relativ viele Stücke auf der neuen Scheibe mit New York beschäftigen - sowohl Lauras wie auch die Cover-Versionen? "Nun, das ist insofern ein Zufall, als das mir das erst auffiel, als ich die Songs zusammenstellte", erinnert sich Laura, "natürlich handeln meine eigenen Songs, wie z.B. 'Old Downtown', von dem, was ich in der Vergangenheit in New York erlebt habe. Aber auch andere, wie '14th Street' oder Lucinda Willams 'Letters' handeln von New York. Und Jenifer Jackson und Dave Schramm, von denen ich auch Stücke auswählte, stammen auch aus der Gegend. Obwohl viele Leute, die in New York leben, ja nicht dort herkommen - was noch mal ein besonderes Licht auf die Sache wirft. Wenn also diese Referenzen an die Oberfläche dringen, so dachte ich mir, dann sollte das vielleicht auch so sein. Ich habe das zwar nicht als Thema geplant, aber auf gewisse Weise ist das ein verbindendes Element."
Laura Cantrell
Ist es nicht überhaupt schwierig, die Songs so auszuwählen, dass sie zusammen passen? Damit haben ja schon Leute Schwierigkeiten, die ausschließlich eigenes Material schreiben. "Definitiv ist das schwierig", räumt Laura ein, "andererseits ist es so, dass, wenn du die Songs ausgewählt hast und dich mit ihnen wohlfühlst, sie sowieso irgendwie zueinander zu passen scheinen - wenn nicht etwas ganz abwegiges wie Punk-Rock dabei wäre. Aber sicher ist es so, dass man immer darüber diskutieren kann, wie man Songs anordnen soll. Das war auch bei dieser Scheibe so. Zum Beispiel haben wir uns überlegt, ob das Stück 'Bees' überhaupt zu dem Rest passt, haben uns dann aber doch dafür entschieden." "Bees" hat ein eher ländlich-allegorisches Thema - passt dann aber doch wieder recht gut zum Artwork, das einen Vogel beim Nektar-sammeln zeigt, oder? "Das stimmt wohl", bestätigt Laura, "auf meinen letzten beiden CDs hatte ich ja Fotos von mir drauf. Und was soll ich sagen: Ich hasse es fotografiert zu werden. Es ist jedes Mal eine Qual für mich. Außerdem, so dachte ich mir, müsste es doch etwas Interessanteres als ein Foto von mir geben. Mein Freund Fred Tomaselli ist in den USA ein bekannter Collage-Künstler. Wir waren also froh, dass er uns etwas von seiner Kunst für das Cover nutzen ließ. Ähnlich war es übrigens beim Titel der CD. Die letzten beiden CDs hatten jeweils den Titel eines Songs. Und deswegen überlegten wir dieses Mal, doch lieber etwas anderes zu nehmen, das den Inhalt der Scheibe irgendwie vermitteln könnte. Es ist dann die Zeile 'Humming By The Flowered Vine' aus meinem Song 'Bees' geworden." Was ja der atypischste Song der Scheibe ist. Letztlich passt es aber doch irgendwie zum lyrischen Wesen der "neuen" Laura Cantrell, die sich auf "Humming" auch musikalisch und z.B. mehr Rock zulässt. Welchen Input haben denn die Musiker dabei? "Die Scheibe ist eine ziemlich gemeinschaftliche Angelegenheit", meint Laura, "es ist so, dass die Musiker eigentlich einen Teil der Credits bekommen müssten. Sie alle haben ihre Ideen beigetragen. Es ist keineswegs so, dass ich ihnen gesagt habe, was sie zu spielen hätten. Auf diese Weise entstanden auch die Stücke. Es hängt natürlich auch immer vom Stil ab. 'California Rose' und 'Wishful Thinking' hatten natürlich ein Westcoast-Country-Feeling, dem wir auch treu bleiben wollten. Andererseits haben wir auch ein wenig mit Kleinigkeiten herumexperimentiert, um einen eigenen Ansatz finden zu können. Immer abhängig von den Notwendigkeiten eines Songs." Nun ist Laura ja eine Koryphäe auf dem Gebiet der Country-Musik. Was hat sie denn ursprünglich zu diesem Genre hingezogen? "Nun, da ich in Nashville aufgewachsen bin, war ich ja immer von Country Musik umgeben", berichtet Laura, "als ich älter wurde, habe ich auch begonnen, mich für die Geschichte zu interessieren. Das ist es auch schon. Ich bin im Grunde genommen ein Fan und eine Plattensammlerin. Ich mag es, Sachen zu entdecken, die ich noch nicht kannte. Das gilt auch für die Songs, die ich covere. Hier wähle ich am liebsten Stücke von Leuten, die nicht so bekannt sind - weil Hank Williams nun wirklich oft genug gecovert worden ist. Vielleicht kann ich so sogar ein paar Songs meiner Freunde einem Publikum vorstellen, das diese ansonsten kaum zu Gehör bekommen hätte."

Auf ihrer Website gibt es eine Foto-Galerie, in der Frau Cantrell mit den Größten der Szene abgelichtet ist. Da sei denn die Frage erlaubt, mit wem sie ein Mal gerne zusammenarbeiten würde. "Oh, das ist eine schwierige Frage", meint sie, "denn da gibt es so viele. Was ich aber auf jeden Fall ein Mal gerne machen würde, wäre mich von Tucker Martine produzieren zu lassen. Ich kenne ihn zwar nicht persönlich, schätze aber sehr, was er macht. Dann möchte ich auch gerne noch mehr mit Calexico machen und schließlich unbedingt einmal mit Paul Wagner von Lambchop zusammenarbeiten." Nur eines möchte Laura nicht: Sich auf ihren Lorbeeren ausruhen...

Weitere Infos:
www.lauracantrell.com
www.matadorrecords.com/laura_cantrell/
www.indigo.de/unser_programm/6232/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ted Barron-
Laura Cantrell
Aktueller Tonträger:
Humming By The Flowered Vine
(Matador/Beggars Group/Indigo)
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