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JACK ADAPTOR VS. THE WAXWINGS
 
Kein Scheiß!
Jack Adaptor vs. The Waxwings
Meine Damen und Herren, in der blauen Ecke: Jack Adaptor aus London! An dieser Stelle von Ullrich Maurer für ihr titelloses Debütalbum ob der fehlenden Melodiösität noch gescholten und mit einem technokratischen Spielzeugladen verglichen, in dem es viel zu sehen und zu hören gibt, aus dem man aber nicht unbedingt etwas mit nach Hause nehmen möchte, macht die Band um die Studiotüftler Paul Frederick (altgedienten Indierockern noch als Frontman von The Family Cat in Erinnerung) und Chris Cordoba (alias Chris Clark) auf der Bühne nicht nur wegen ihrer bildhübschen Sängerin Dee Dee Royce viel mehr her und gibt sich als äußerst hörenswerte moderne britische Soulcombo. Ihren Auftritt im Kölner Gebäude 9 aus dem Februar diesen Jahres gibt es am 04.04.2005 (in der Nacht von Sonntag auf Montag!) nun im WDR-Fernsehen in der altehrwürdigen Rockpalast-Reihe zu bestaunen.
Jack Adaptor vs. The Waxwings
Und in der roten Ecke: The Waxwings aus Detroit, Michigan! Mit dem Garagenrock-Revival der Motor City haben Kevin Peyok, Dean Fertita, James Edmunds und Dominic Romano nicht viel zu tun. Stattdessen setzen sie bei ihrem aktuellen Album "Let's Make Our Descent" zusammen mit Producer und Alleskönner Brendan Benson auf einen psychedelisch angehauchten British-Invasion-Sound, der Anklänge an The Byrds, The Kinks oder The Small Faces nicht verleugnet. Der Vorgänger "Shadows Of The Waxwings" hatte zwar mehr offensichtliche Hooklines, dafür legte die Band dieses Mal mehr Gewicht auf einen schlanken Sound mit feinem Harmoniegesang und stonesy Riffs. Wie könnte das schlecht sein?

Musikalisch haben unsere beiden "Kontrahenten" also gar nicht einmal so viel gemeinsam, dennoch sind die ehemaligen Labelmates bei der kleinen britisch-deutschen Plattenfirma Schnitzel Records dicke Kumpel, und deshalb gingen sie letztes Jahr nicht nur gemeinsam auf Deutschland-Tournee, sondern machen aus ihren Interviews auch gerne Roundtable-Gespräche mit Mitgliedern aus beiden Bands, wobei sich auf Waxwings-Seite Bassist Kevin und Gitarrero Dean und für Jack Adaptor Sänger Paul als Wortführer entpuppen.

GL.de: Deutschland scheint gut zu euch zu sein?

Paul: Ja! Die meisten britischen Bands spielen sich daheim den Arsch ab und hoffen, irgendwann einmal die Chance zu bekommen, auch auf dem europäischen Kontinent zu spielen. Dass wir als neue Bands hier in Deutschland mit so viel Gastfreundschaft empfangen werden und sogar in einem Bus durch die Gegend fahren können, ist großartig. Ganz anders als in Großbritannien, wo du als Musiker nichts wert bist.

Kevin: In den Staaten ist es ganz ähnlich. Natürlich hilft es derzeit, aus Detroit zu kommen, denn all unsere Freunde machen Musik, die die Leute lieben. Wir passen zwar nicht unbedingt in diese Schublade, aber damit kommen wir klar, denn wir sind dabei nicht alleine, schließlich gibt es Bands wie The Sights, Blanche oder Brendan Benson. Dass unsere Freunde so populär geworden sind, freut uns natürlich trotzdem sehr. Ich hoffe bloß, dass wir es uns eines Tages leisten können, wieder im gleichen Viertel wie sie zu wohnen, haha!

GL.de: Eure Platten haben beim ersten Hören nicht viel mit den Konzerten gemein...

Kevin: Ja, das stimmt. Allerdings hab ich die Platte schon so lange nicht mehr gehört, dass ich kaum noch weiß, wie sie klingt. Das letzte Mal, dass ich sie bewusst gehört habe, war im Studio beim Mixing. Danach haben wir einen anderen Gang eingelegt und uns komplett auf die Live-Umsetzung konzentriert. Wir sind nun einmal nur zu viert unterwegs, also müssen wir Streicher oder Keyboards eben, so gut es geht, selbst ersetzen. Wir versuchen, das auf der Gitarre hinzubekommen, indem wir Effektpedale und so etwas benutzen, um beispielsweise den Keyboard-Sound nachzubilden. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass wir eher eine Liveband sind. Die beiden Dinge sind einfach zu verschieden, um sie überhaupt vergleichen zu können.

Paul: Dabei muss man sagen, dass ihr echt beides voll drauf habt! Unsere Situation ist ja eine völlig andere. Chris und ich sind Studiomusiker, die zwar in Bands angefangen haben, aber nach einiger Zeit von der Gang-Mentalität die Nase voll hatten. Also haben wir uns zu zweit im Studio verkrochen und Material für drei Alben eingespielt, ohne uns großartig über die Verwendung Gedanken zu machen. Deshalb gibt es auf der Platte Cellos, fünf verschiedene Sängerinnen, Turntables, DJs - einfach alles, was irgendwie darauf passte. Als sich dann Schnitzel Records fand und das Album veröffentlicht werden sollte, hieß es: 'Euch ist aber schon klar, dass wir erwarten, das ihr die Platte auch live vorstellt?' Wir mussten also alles vom ersten bis zum letzten Ton neu arrangieren. Einige Songs konnten wir uns nicht anders vorstellen als in der Platten-Fassung, deshalb spielen wir sie auch nicht live. Wir haben unsere Band also erst auf Tour richtig kennen gelernt, herausbekommen, was sie gerne essen, dass sie im Bus müffeln und so weiter! Inzwischen sind wir eine echte Einheit, aber es ist eine ziemliche Herausforderung. Wenn du dann mit einer tollen Liveband wie den Waxwings zusammen gespielt hast, ist das ein zusätzlicher Ansporn, auch so gut zu werden.

GL.de: Heißt das, dass für beide Bands Spontaneität im Studio wie auf der Bühne sehr wichtig ist?

Dean: Wir versuchen, so viele konkrete Ideen wie möglich mit ins Studio zu bringen, aber während du eine Platte aufnimmst, ist es fast so, als würdest du alles vergessen, was du je gelernt hast, weil sich vieles auf Band anders anhört, als es dir im Kopf vorschwebte. In dieser Hinsicht ist Musik sehr reaktionär. Es ist zumeist so, dass du zwar nicht unbedingt weißt, was du willst, dafür aber sehr genau weißt, was du NICHT willst. Ist das bei euch auch so, Paul?

Paul: Chris ist unser Produzent, ich bin der Sänger und Texter. Deshalb sage ich manchmal, dass es bei Jack Adaptor so ist, dass Paul Fredrick das Chris Clark-Songbook singt. Chris hat sehr klare Vorstellungen davon, wie sich seine Musik und jeder einzelne Song anhören sollte, und arbeitet sehr hart dafür, alles genau so hinzubekommen, wie er sich das vorgestellt hat. Ich lasse mich häufig von seinem Flow einfach mitreißen.

Kevin: Das ist bei uns ähnlich, denn wir sind sehr demokratisch orientiert. Wenn Dean oder Dom oder ich einen Song zur Probe mitbringen, sagen wir den anderen keinesfalls, was sie zu spielen haben. Wir spielen die Nummer einfach so lange, bis jeder seinen Part, seinen Platz im Song gefunden hat.

Paul: Wir sind eher eine Diktatur, mit Chris an der Spitze. Wir machen's entweder, wie er es will, oder gar nicht, aber genau so funktioniert es ganz hervorragend.

Dean: Wenn du nicht gerade AC/DC bist, musst du einfach versuchen, immer offen für Neues zu sein. Für manche Bands ist es vielleicht das einzig richtige, immer und immer wieder das Gleiche zu machen, aber unsere Geschmäcker sind dafür schlicht und ergreifend viel zu ausgefranst. Wir WOLLEN neue Sachen ausprobieren.

Kevin: Letzte Nacht haben wir zum Beispiel über Jazz gesprochen. Das kommt natürlich in unserer Musik nicht heraus, aber jeder in unserer Band ist ein großer Jazz-Anhänger. Dass sich bei uns alle Songs ein bisschen anders anhören, liegt einfach daran, dass wir keine allgemein gültige Formel benutzen, nach der unsere Stücke entstehen, und uns auch selbst nicht in eine bestimmte Genre-Schublade zwängen. Wir sind keine Popband oder so etwas. Viele Popbands sind ja vergleichsweise langweilig und vorhersagbar. Wir wollen etwas intellektueller sein und nicht immer das Offensichtlichste tun. Die Herangehensweise ist also eine andere. Trotzdem wollen wir uns natürlich auch nicht zu viele Gedanken machen, sondern einfach die Instrumente in die Hand nehmen und ein paar Rocksongs spielen.

Paul: Letzten Endes geht es darum, den Geschmack des Publikums herauszufordern und klarzustellen, was guter und was schlechter Geschmack ist. Wir benutzen zum Beispiel bei einigen Songs ein Akkordeon. Das kann man sehr geschmackvoll einsetzen, es kann aber auch völlig den Bach runtergehen. Da muss man dann eine Grenze ziehen und sagen: Das war vielleicht ein technisch guter gespielter Akkordeon-Part, aber er war nicht geschmackvoll. Live spielen wir unsere Songs gerne ziemlich soulig, aber auch wenn ich nicht singen kann wie Marvin Gaye und Chris an der Gitarre kein Steve Cropper ist, kann man doch versuchen, diese Leute im Hinterkopf zu haben, wenn man seine eigenen Sachen macht! Vorhin hat Kevin Jazz angesprochen. Ich bin ein großer Jazz-Sammler, ich liebe Miles und Coltrane oder Archie Shepp, aber ich kann diese Musik in keinster Weise rekreieren. Es wäre eine Beleidigung des gesamten Genres, wenn wir uns anmaßen würden, eine Jazznummer zu machen, trotzdem haben wir das im Kopf, und auf irgendeine Weise äußerst es sich dennoch, wenn du deine eigene Musik machst. Es ist also wichtig, darauf zu achten, was du in dich aufsaugst. Wenn das nur Scheiß ist, kommt genau das nachher in deiner Musik auch wieder heraus.

Weitere Infos:
www.jackadaptor.com
www.thewaxwings.com
Interview: -Simon Mahler-
Fotos: -Pressefreigaben-
Jack Adaptor vs. The Waxwings
Aktueller Tonträger:
Jack Adaptor
(Schnitzel/Rough Trade)
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