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Interview-Archiv

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COWBOY JUNKIES
 
Es ist alles einerlei
Cowboy Junkies
Wer hätte das gedacht: "One Soul Now" ist nun bereits das neunte Album der wackeren Kanadier um das Geschwisterpaar Margo und Michael Timmins. Dabei hätte alles so einfach sein können: Das Cowboys-Konzept - eine Band, ein Mikrophon, keine Tricks - schien (u.a. dank Margos Stimme) eine sichere Bank für ein eigenes Sub-Genre. Es hielt aber genau zwei Scheiben lang: "Whites Off Earth Now" und "Trinity Sessions" - ersteres in einer Garage und letzteres in einer Kirche aufgenommen. Das war's dann: Die Cowboy Junkies entwickelten sich von da ab von Scheibe zu Scheibe stetig weiter und wurden dabei en passant unter anderem gar zu einer recht passablen Rock-Combo. Und das, ohne dabei die liebgewonnenen Trademarks aufzugeben.
"One Soul Now" ist trotzdem so etwas wie eine Back-To-The-Roots-Scheibe geworden. Nicht eine Rückkehr zum reduzierten Klang der "Trinity Sessions", sondern zur Idee einer Band - denn auf den letzten Scheiben hatten sich immer mehr Gast-Musikanten eingefunden, so dass das Ganze immer mehr zu einem Cowboy Junkies-Orchester zu werden schien. Obwohl der Titel zunächst mal eine andere Grundlage hat: "'One Soul Now' ist das Thema der Scheibe: Wie man die Spur verliert und Dinge über sich herausfindet, die einem noch nicht klar waren. Und was alles zusammenhält, ist die Erkenntnis, dass etwas alles zusammenhält", erklärt uns Michael Timmins, "es liegt an jedem einzelnen, das herauszufinden, aber wir sind alle irgendwie eins, und das ist das Geheimnis." Margo sagt in ihrer Erklärung zu den Songtexten aber, dass sich diese alle irgendwie mit dem Thema "Unsicherheit" beschäftigen. Ist das vielleicht eine der oben angesprochenen Gemeinsamkeiten, die alle verbinden? Denn schließlich kennt dieses Gefühl ja nun wirklich jeder von uns. "Da hat sie schon recht", räumt Michael ein, "und zwar in dem Sinne, dass du mit der Zeit entdeckst, dass die Dinge keineswegs so sind, wie du sie dir vorgestellt hast. Wenn du älter wirst, kannst du dir nicht mehr sicher sein, was wirklich richtig ist." Es geht also eigentlich um's Älter werden, nicht wahr? Eine Generationsfrage? "Ich bin am Ostermontag gerade 45 Jahre alt geworden", lacht Michael, "es würde mich gar nicht überraschen, wenn andere in meinem Alter ähnliche Sorgen haben. Wenn du ein Songwriter bist, dann schreibst du ja dauernd Songs, die das Leben und deine Erfahrungen reflektieren. Wenn du nun ein bestimmtes Alter erreichst, dann bemerkst du, dass gewisse Dinge passieren, die dich das Ganze überdenken lassen."
Wie wurde das Album denn musikalisch angegangen? Immerhin sind ja jetzt 18 Jahre seit der ersten Versuche mit "Whites Earth Off Now" vergangen? "Wir haben einige Tracks zunächst mal live aufgenommen und uns dann das ausgesucht, was uns gefallen hat", erläutert Michael, "einige Stücke haben wir dann allerdings Instrument für Instrument aufgenommen." Gibt es denn eine bevorzugte Weise, einen Cowboys-Song zusammenzuschrauben? "Ehrlich gesagt, nein", erinnert sich Michael, "wir haben über die Jahre Songs auf viele verschiedene Arten aufgenommen. Es ist schwer, den Aufnahmeprozess in den Griff zu bekommen. Manchmal fühlt es sich einfach nicht richtig an, wenn du weißt, was ich meine, und du kannst nicht herausbekommen, woran es liegt. Ein Song ist ein Ding, das ständig weiter wächst, das sich ständig verändert. Wenn du ihn dann aufnimmst, wird das Wachstum angehalten - weil er dann für den Zuhörer in einer definitiven Form vorliegt. Für uns ist es natürlich anders, weil wir ihn ja live spielen. Was ich sagen will, ist, dass es eigentlich nicht darauf ankommt, wie du den Aufnahmeprozess angehst." Als wir zuletzt mit Michael sprachen - zu "Miles From Our Home" - da meinte er, dass das Wichtigste für ihn sei, sich nicht zu wiederholen. Ein Grund übrigens, warum es nie eine zweite "Trinity Session" gab. Was ist heutzutage die treibende Kraft? "Nun, ich liebe es, Songs zu schreiben", berichtet Michael, "ich schreibe ja z.B. Songs darüber, was um mich herum und mit mir vorgeht. Das ist eine großartige Methode, mich selbst zu analysieren. Ich entdecke so, was mit mir passiert. Und wir mögen es nach all der Zeit immer noch, als Band zusammenzuarbeiten. Das ist es, was mich begeistert. Ich bin quasi ein Fan." Verglichen mit dem letzten, eher soundorientierten Album "Open" ist das neue Album ja doch sehr viel geschlossener - scheint aber die Energie, die z.B. auf der letzten Tour präsentiert wurde, eingefangen zu haben. Ist dieses Album also die Essenz dessen, was auf dem letzten Album angestrebt wurde und dann auf der Tour umgesetzt wurde? "Das ist eine interessante Überlegung", räumt Michael ein, "das Touren ist für uns zum jetzigen Zeitpunkt sehr wichtig, was den Einfluss auf die jeweils nächste Scheibe betrifft. Das jeweilige Album ist dann auch so etwas wie eine Bestandsaufnahme. Wenn du dann wieder beginnst, mit der neuen Scheibe zu touren, ist diese quasi 'abgearbeitet'. Es ist also sicherlich keine bewusste Sache gewesen, aber ja: Die letzte Tour ist sicherlich ein größerer Faktor für diese neue CD, als etwa die letzte Scheibe." In welcher Form fließt denn das Tourleben in die Musik ein? "Also wenn du auf Tour bist, hast du keine Zeit, das, was du erlebst, zu analysieren und zu verarbeiten", überlegt Michael, "das beeinflusst dich dann natürlich schon, besonders, wenn du so viel auf Tour bist, wie wir. Auch ist der Umstand, dass man so lange von seiner Familie getrennt ist, natürlich ein Faktor, der dich beeinflusst. Das fließt dann unterbewusst in den Schreib-Prozess ein."

Michael hat sich ja nicht nur als Songwriter, sondern auch als Gitarrist weiter entwickelt. Nicht nur, dass er über die Jahre lauter geworden ist, sondern auch vielseitiger - wofür die neue Scheibe ein besonders guter Beleg ist; denn nie gab es auf einer Junkies-Scheibe vielschichtigere Gitarrensounds. "Das Gitarre-Spielen macht mir einfach immer noch Spaß", erklärt Michael, "wenn du mich fragtest, was mich bewegt, weiter zu machen, müsste ich sagen, dass es Gitarre-Spielen ist. Wie schon gesagt: Das Touren beeinflusst immens, was ich mit der Gitarre mache. Schließlich musst du jeden Abend mit anderen Umständen - oder Musikern - zurecht kommen. Das beeinflusst natürlich das, was du machst. Ich kann mich da ja nicht immer auf dieselben alten Tricks verlassen - schon alleine, um es für mich selbst interessant zu gestalten. Du willst dich selber ja auch unterhalten. Deshalb bemühe ich mich, jeden Abend mit neuen Soli oder Sounds für dieselben Songs aufzuwarten. Das führt dann zu neuen Interpretationen und der Frage, wie man diese angehen soll." Was dann konsequenterweise zu einer Weiterentwicklung führt, die wiederum die Basis für eine jedwede ernsthafte Musikcombo sein sollte. Es scheint dabei so zu sein, dass sich die Junkies gegenseitig inspirieren. "Ich denke schon", pflichtet Michael bei, "zum Beispiel inspiriert mich Al, unser Bassist ungemein. Ich schreibe einen Song und übergebe ihn dann an die Band. Dann kommt jeder mit seinen Ideen dazu, die wiederum mich dazu bringen, meine Ideen zu ändern. Es ist ein fortwährender Prozess." Der Titeltrack enthält einige seltsame, disharmonische Akkorde, die dem ansonsten straightem Stück einen gewissen Twist verpassen. "Ja, ich mag das - das ist ein Beispiel dafür, was passiert, wenn man im Studio Stücke schreibt", erläutert Michael, "wenn wir das Stück schon fertig gehabt hätten, dann hätte das ganz 'normal' geklungen. Al hatte einen Basslauf, der nicht ganz zu meinem Gitarrenpart passte. Deswegen habe ich herumprobiert, bis ich mit dieser Lösung herauskam. Das klingt viel spannender, als das Stück normal zu spielen."

Cowboy Junkies
Der Song "Notes Falling Slow" enthält die Zeile "My love swears that he is made of truth - I do believe him though". Ist das eine Botschaft? "Ja, aber eine von Shakespeare", antwortet Michael, "ich mochte immer diese Zeile, die sehr viele Wendungen und Bedeutungen enthält. Ich denke, das ist eine gute Definition von 'Liebe'. Eigentlich kommt das ja direkt aus dem Glauben heraus, nicht?" Das heißt also, dass die Botschaft dieser Scheibe - trotz aller langsamen und traurigen Stücke - eher positiv ist? "Weißt du, ich habe immer gesagt, dass unsere Scheiben eigentlich positiv sind", zögert Michael, "sie mögen vielleicht traurig klingen und irgendwie verstörend, aber letztlich hoffe ich, dass immer auch eine positive Botschaft enthalten ist. Ich meine: Das, was dir Unbehagen bereitet, ist ja auch immer menschlich. Wenn du das fühlen kannst, bedeutet das, dass du im Leben stehst und wächst. Das ist doch eine positive Sache." Ist es denn schwierig, dieses Bestreben in Worten auszudrücken? "Das würde ich nicht sagen", wehrt Michael ab, "denn es ist das, was ich am Liebsten mache: Texte schreiben. Es ist aber nicht leicht und es ist eine Menge Arbeit. Es ist zum Beispiel nicht so, dass ich mich hinsetzen kann und es auf Befehl tun könnte." Nun gut - was ist denn schwierig? "Gute Frage", überlegt Michael, "ich denke es ist, die richtige Stimmung zu finden, die Texte und den Song zusammenzubringen. Ich schreibe zwar die Texte, aber diese müssen ja interpretiert und zur Musik gebracht werden. Ich denke, das machen wir ganz gut, aber wir müssen hart daran arbeiten. Es geht ja auch darum unserem Sound treu zu bleiben, und uns trotzdem weiter zu entwickeln. Das ist die größte Herausforderung." Gibt es denn noch musikalische Ideen für die nächste Scheibe? Die Cowboy Junkies haben ja einiges im Laufe ihrer Karriere erlebt und erreicht. "Ja - denn ich habe ein Problem", gibt Michael zu, "wenn ich eine Scheibe fertig gestellt habe, will ich immer gleich die nächste machen. Ich hatte nie ein Problem mit einem 'Writer's Block' oder so etwas - da habe ich viel Glück gehabt." Kann Michael denn in der Musik der Cowboy Junkies heutzutage noch etwas typisch kanadisches ausmachen? "Nun, wenn man uns mit anderen kanadischen Künstlern und Musikern vergleicht, stellt man fest, dass unsere Arbeit sehr von den Texten ausgeht", erklärt Michael eher zögerlich, "ich denke, dass kanadische Musik generell sehr Singer- / Songwriter-orientiert ist. Wir haben auch eine gute Tradition in Bezug auf Romanciers. Ich weiß gar nicht, woran es liegt, aber alles, was aus unserem Land kommt, auf dem Wort basiert. Das ist bei uns nicht anders." Was können wir von der nächsten Tour erwarten? "Was wir bei den letzten Konzerten immer gemacht haben, ist uns selbst zu supporten", beschreibt Michael, "wir haben den Abend immer mit einem akustischen Set als unsere eigene Vorgruppe eröffnet. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, unsere Texte ein wenig mehr auszuloten und das werden wir wohl auch auf unserer nächsten Europa-Tour machen."
Weitere Infos:
www.cowboyjunkies.com
www.geocities.com/SunsetStrip/Palms/7573/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Susan King-
Cowboy Junkies
Aktueller Tonträger:
One Soul Now
(Cooking Vinyl/Indigo)

 
 

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