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MALCOLM MIDDLETON
 
Akrobat Schön
Malcolm Middleton
Crappo ist schon ein besonders seltsamer Clown: Er ist nicht lustig, hat keine Lust Witze zu erzählen, hat keine Ahnung von der Politik, der Welt, der Liebe, trägt einen 3-Tage Bart und schminken kann er sich auch nicht richtig. "Er nimmt sich einfach eine Hand voll weißer Farbe und schmiert sie sich auf die Wange", erklärt Malcolm Middleton, seines Zeichens sensibler Songwriter, der jetzt mit "5:14 Fluoxytine Seagull Alcohol John Nicotine" sein Solo-Debüt vorlegt. Nebenher ist Malcolm neben Aidan Moffat noch die andere Hälfte des schottischen Duos Arab Strap - und auch Crappo, der Clown. Das jedoch eher unfreiwillig.
"Crappo ist gar kein richtiger Charakter", erklärt Malcolm, der übrigens tatsächlich den Eindruck macht, als sei er nicht eben ein überschwenglich komischer Typ, "ich habe mir dieses Alter Ego auch gar nicht ausgedacht. Das fing in lockerer Runde an, als jemand vorschlug, sich Clown-Namen für jeden der Anwesenden auszudenken. Ich war damals in einer unglücklichen Beziehung und die Person, mit der ich damals zusammen war (das hat er wörtlich gesagt), meinte, 'Nun, Malcolm, dann mußt du Crappo, der Clown sein'. Ich fragte, 'Wieso denn das' und sie antwortete: 'Weil du es nie zu etwas bringen wirst, und weil deine Songs Scheiße sind'. Die Beziehung habe ich dann beendet, aber es bot mir die Möglichkeit, Songs darüber zu schreiben." Diese Story hat Malcolm 1:1 in dem Song "Devil And The Angel" umgesetzt. Überhaupt erzählen die Lieder auf der Scheibe solche unglücklichen Clowns-Geschichten. Nun müssen ja Clowns auch traditionellerweise traurig sein, um lustig sein zu können. Malcolm / Crappo scheint aber NUR traurig zu sein. Ist denn das ein Konzept oder sind die Songs vielleicht so was wie eine Therapie? "Es ist insofern für mich ein Konzept, als dass ich mich in meiner Musik mit diesen Themen auseinandersetze. Aber das war nicht als Konzept-Album geplant. Aidan und ich sind ja keine ausgebildeten Musiker. Wir können uns nicht hinsetzen und sagen: Wir machen jetzt dies und das, sondern der Zufall spielt immer eine große Rolle. Was diese Scheibe von meiner Arbeit mit Strap unterscheidet, ist die Tatsache, daß ich diesmal auch Texte geschrieben habe. Für Arab Strap mache ich nur Musik und Aidan steuert die Texte bei. Dieses Mal entstanden die Texte zeitgleich mit der Musik. Und nein: Therapie ist das nicht - jedenfalls nicht in dem Sinne, daß man mit Therapie ja irgendeine Lösung herbeiführen möchte, was mit diesen Songs natürlich nicht möglich war." Ist denn das die Basis für eine Karriere als Songwriter? "Sagen wir mal so", erläutert Malcolm, "ich bin jetzt in einer neuen Beziehung. Ein Freund von mir hat gesagt: 'Ich gebe dir zwei Jahre, dann hast du Material für eine neue Platte'." Seltsamerweise scheint sich Malcolm mit diesem Zustand arrangiert zu haben. Vielleicht ist er ja einer von diesen Leuten, die sich nur wohl fühlen können, wenn sie traurig sind. "Im only happy when I'm sad", singt er jedenfalls. Ein Clown eben. Es kommt noch etwas hinzu, das eigentlich einer Karriere als schottischer Dylan im Weg steht. "Ich hasse es, live aufzutreten", gibt Malcolm nämlich zu, "anderseits reise ich gerne. Das nutze ich dann dazu aus, mich doch zu einer Tour aufzuraffen. Erwarte aber keine Stand-Up Comedy von mir. Ich werde alleine mit einer akustischen Gitarre auftreten und dazwischen ein paar Witze erzählen - aber nichts Ernsthaftes." Musikalisch lässt sich die Geschichte recht gemächlich an. Einige Stücke, wie z.B. der atmosphärische Opener, "Crappo The Clown", mit sanften, elegischen Piano-Passagen und gedoppelten Frauenchören ("Chöre sind wichtig", meint Malcolm dazu), könnte auch von einer Strap-Scheibe stammen (obwohl das Malcolm - wegen des persönlichen Bezuges - vehement bestreitet). "Zunächst hatte ich die Stücke nur für mich akustisch auf der Gitarre aufgenommen", erinnert sich Malcolm, "das letzte Stück, 'Devil And The Angel' stammt ebenfalls von diesem Demo. Ich hatte auch gar nicht vor, eine Scheibe daraus zu machen. Die Leute bei Chemikal Underground haben mich dann aber dazu ermutigt." Und so überrascht es dann auch nicht, dass sich verschiedene Mitglieder von den Delgados, Mogwai, diversen anderen befreundeten Bands und natürlich auch Aidan auf der Scheibe die Saiten bzw. Tasten in die Hand geben. In den besten Momenten gelingen Middleton so typische Arab Strap-Drones oder klassische Folk-Songs - wie z.B. das kinderliedähnliche "1, 2, 3, 4" - obwohl das natürlich kein Masterplan, war, weil Malcolm ja wie gesagt eher ein intuitiver als professioneller Musikant ist.
Übrigens: Mal losgelöst vom tragisch gefärbten Vortrag und dem aus persönlich sehr zu Herzen gehenden Schicksal des traurigen Helden: Irgendwo zwischen den Zeilen kommt dann doch ein gewisser Humor zum Vorschein - auch wenn dies zuweilen purer Zynismus ist. Zum Beispiel modelt Malcolm seine Lebensgeschichte in "Devil" dann so um, dass ihm im Schlaf ein Teufel und ein Engel erschienen sind. Der Teufel ist dann "die o.a. Person" und der Engel flüstert ihm ins Ohr, dass seine Songs nicht "shite", sondern "posh" sind - das ist schon irgendwie komisch. Auch ein richtig schlechter Clown wie Crappo kann halt nicht aus seiner Haut heraus. Auch wenn diese nicht ordentlich geschminkt ist. Wichtig noch festzuhalten: Diese Scheibe bedeutet keineswegs das Ende von Arab Strap. Bis auf ein paar kleine Effekte sind die neuen Stücke bereits eingespielt. Wenn Crappo von seiner Tour zurück ist, werden die Sachen abgemischt und das neue Album wird dann Anfang 2003 erscheinen.
Weitere Infos:
www.arabstrap.co.uk
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Malcolm Middleton
Aktueller Tonträger:
5:14 Fluoxytine Seagull Alcohol John Nicotine
(Chemikal Underground/Zomba)
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