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DAMON & NAOMI
 
Life is live
Damon & Naomi
Kommerziell mag der ehemalige Galaxie-500-Weggefährte Dean Wareham mit Luna besser fahren, live jedenfalls können Damon & Naomi mehr überzeugen. Nicht zuletzt, weil sie auf ihrer Europa-Tournee letztes Jahr den japanischen Wundergitarristen Kurihara (Ghost) dabei hatten, der mit minimalistischer Genialität viele alte D&N-Songs à la "The Navigator" zu völlig neuem Leben erweckte. Nun gibt es "Song To The Siren", ein schön aufgemachtes Package mit Live-CD und einer DVD. Der erste Silberling enthält das (fast) komplette Konzert des Trios im spanischen San Sebastian letzten Sommer, der zweite eine von Naomi selbst zusammengestellte Dokumentation der gesamten Europatournee 2001 des sympathisch-ehrlichen Duo aus Cambridge, mit Konzertausschnitten, Interview-Schnipseln und einer Handvoll Skurrilitäten. Als besonderes Schmankerl gibt es unter den Liveaufnahmen zudem schöne Coverversionen: Tim Buckleys titelgebender "Song To The Siren" und "Love" der obskuren Psychedelic-Band Jacks, das Naomi stilecht auf Japanisch (!) singt. Prädikat: "Sehr gelungen" und für Gaesteliste.de Grund genug, die beiden zur Entstehung des Albums zu befragen.
Gaesteliste.de: War das Live-Album eine von langer Hand geplante Angelegenheit oder eher ein Zufallsprodukt?

Naomi: "Wir haben uns immer schon für bestimmte Live-Alben begeistern können, wie Joy Divisions 'Still', Soft Machines 'Turns On' oder Tim Buckleys 'Dream Letter'. Live-Platten zeichnen ja ein völlig anderes Bild des betreffenden Künstlers, und selbst die Studioversionen der einzelnen Songs erscheinen in einem völlig anderen Licht, wenn man sie ohne die ganzen Schnörkel hört. Als wir die Tour mit Kurihara als Trio begannen, hörten sich all unsere Songs so wunderschön und anders an, dass wir sofort dachten: 'Daraus würde bestimmt ein großartiges Live-Album werden.'"

Gaesteliste.de: Und die DVD?

Naomi: "Ich habe bisher auf jeder Tour Fotos gemacht, und die Mini-Digital-Kamera war einfach ein neues Spielzeug für mich. Als wir dann wieder nach Hause kamen, stellte ich daraus einen Film als Souvenir für uns selbst zusammen, letztendlich hatten wir dann aber das Gefühl, daß wir den Film mit unseren Fans teilen sollten. Wie die Live-CD präsentiert der Film einen Aspekt der Live-Show: All die wirren Dinge, die vor sich gehen, bevor du die Bühne betrittst. Deshalb passen die CD und die DVD auch ziemlich gut zusammen!"

Gaesteliste.de: Also ist die Platte wirklich "nur" ein Souvenir und nicht euer reguläres fünftes Album? Immerhin sind ja Besetzung und auch einige der (Cover-) Songs neu...

Naomi: "Ich sehe die Veröffentlichung in jedem Fall in erster Linie als ein persönliches Souvenir, das einen bestimmten Moment festhält - wir spielen ja auch alle Songs ganz anders als im Studio, und Kuris großartiges Gitarrenspiel ist noch ein Extra-Bonus."

Damon: "Für mich repräsentiert die Platte alles, was wir über Musik gelernt haben, aber bisher nie wirklich auf Platte verwirklicht haben. Deshalb sehe ich diese Platte schon als unser fünftes Album. Dieses Gefühl [Neuland betreten zu haben] hatte ich bisher bei jeder unserer Platten, als sie einmal fertig waren."

Gaesteliste.de: Gab es bestimmte Live-Platten, die euch "inspiriert" haben?

Naomi: "Na ja, ich schaue mir so ziemlich jede Backstage-Doku gerne an, selbst wenn ich den Künstler nicht besonders mag. Ich hab zum Beispiel 'Spinal Tap' häufiger gesehen als gesund ist. Und ich liebe die Melancholie von [Bob Dylans "Don't Look Back"]. Als ich gefilmt habe, hatte ich allerdings definitiv keinen 'richtigen' Film im Hinterkopf - es war ja anfangs nur als Souvenir gedacht."

Damon: "Ich bin mir sicher, daß uns nie eine Folge von 'Behind The Music' [der preisgekrönten VH1-Doku-Serie] gewidmet wird, weil wir zu wenig Skandale und natürlich zu wenig Erfolg haben. Also mußten wir das selbst in die Hand nehmen!"

Gaesteliste.de: Als wir euch letztes Jahr in Utrecht gesehen haben, schien der Tim-Buckley-Song "Song To The Siren" so etwas wie das Herzstück des Konzertes zu sein. Hattet ihr ein ähnliches Gefühl, oder warum wurden Film und Platte danach benannt?

Naomi: "Das ist einfach ein wunderschöner Song und wir sind sehr glücklich darüber, daß wir unsere Versionen zusammen mit Kurihara entwickelt haben, denn er ist ein riesiger Tim-Buckley-Fan. Das ist etwas, was wir gemeinsam haben. Ich habe den Film 'Song To The Siren' genannt, weil ich die Rituale des Auf-Tour-Seins mit dem Gesang der mystischen Sirenen vergleiche: Er ist sehr einschmeichelnd und anziehend, er verführt dich, aber er kann dich auch zerstören. Unterwegs zu sein ist genau das für uns: Wir können es einfach nicht lassen, aber manchmal fühlst du eine solche emotionale Leere, dass du dich fragst, warum du das alles überhaupt machst."

Damon: "Wir hatten zuvor noch nie eine Platte nach einem Song benannt. Ich liebe all diese Konventionen und bin immer gerne bereit, etwas Neues auszuprobieren."

Gaesteliste.de: Eure nächste Tour wird in Japan zusammen mit Ghost stattfinden (Deutschland-Daten folgen eventuell im Oktober) - bedeutet das, daß die auf eurem letzten Studioalbum "Damon & Naomi With Ghost" begonnene Zusammenarbeit weiter fortgesetzt wird?

Naomi: "Im Juli werden wir in Japan spielen, wahrscheinlich werden wir den Großteil des Sets nur zusammen mit Kurihara bestreiten und nur für den Rest von der kompletten Band begleitet werden. Danach haben wir noch keine definitiven Pläne für einen weitere Zusammenarbeit, aber wir arbeiten sehr gerne mit der Band zusammen - wer weiß, was noch kommen wird? [Infos über die gemeinsame Tour gibt es hier: http://www.ne.jp/asahi/atelier/himawari/tour_info]

Gaesteliste.de: In den letzten Monaten habt ihr viel Zeit in den Aufbau des "Musicians For Peace"-Netzwerks [http://musiciansforpeace.org] gesteckt. Wie - in Ermangelung eines besseren Wortes - "zufrieden" seid ihr damit?

Naomi: "Na ja, wir konnten keine Kriege beenden, aber es war ein befriedigendes Gefühl, daß es eine - wenn auch kleine - Möglichkeit gibt, in der Öffentlichkeit seine Mißbilligung der Gewalt, die in der Welt in der letzten Zeit eskaliert ist, kundzutun. Es ist frustrierend zu sehen, wie gleichgültig die meisten sind - vor allem hier [in den Staaten]."

Gaesteliste.de: Wie hat sich die Arbeit von "m4p" entwickelt? Haben bestimmte Ereignisse nach dem 11. September zu einer Ab- oder Zunahme des Interesses an der Arbeit von "m4p" geführt?

Damon: "Als wir im September anfingen, gab es schon eine ganze Menge Feindseligkeit, mit Hassbriefen und so weiter. Seitdem hat sich die globale Lage zwar verschlechtert, aber die Amerikaner fühlen sich wieder etwas sicherer, deshalb kochen die Emotionen nicht mehr so hoch und die Hassbriefe haben aufgehört. Die wirklich positive Entwicklung ist, daß es inzwischen keine Extremhandlung mehr ist, sich gegen die unilateralen Militäreinsätze der USA auszusprechen. Sogar einige Mainstream-Politiker melden inzwischen ihre Zweifel an dieser Politik an. Hier stehen im November wichtige Wahlen an, und wenn die Öffentlichkeit genug Gegenwehr gegen Bushs Politik zeigt, könnte seine Partei in beiden Häusern des Kongresses ihre Mehrheit verlieren, was wiederum dazu führen würde, daß seine Regierung nicht mehr wie bisher ungehindert ähnliche Aktionen durchziehen kann, wie wir es seit September, oder eigentlich sogar seit seiner 'Wahl' gesehen haben."

Gaesteliste.de: Glaubt ihr, daß der 11. September sich in eurem Songwriting niederschlagen wird, oder versucht ihr das zu trennen? Schließlich habt ihr auch in der Vergangenheit kaum Songs zu offenen politischen Statements umfunktioniert...

Naomi: "Unsere Songs entspringen in der Regel emotionalen Erlebnissen. Manchmal realisieren wir das in dem Moment gar nicht, aber viel später singen wir eine Zeile und denken: 'Ah, das war dann wohl dies und das'. Insofern wird also ein so niederschmetterndes Ereignis Spuren hinterlassen. Aber es stimmt schon, unsere Texte sind selten wörtlich zu nehmen, wir sind da eher zurückhaltend, deshalb wird es wohl kaum offensichtliche Anspielungen geben. Ganz anders als im neuen Cher-Video, das wir gerade gesehen haben, in dem alle Wolkenkratzer in New York wie Pilze aus dem Boden schießen..."

Gaesteliste.de: Eine Frage, die ich einfach stellen muß: Ihr habt in den letzten Jahren den Eindruck hinterlassen, euch möglichst weit von dem ganzen Kult um Galaxie 500 distanzieren zu wollen. Seht ihr es deshalb schon fast als Fluch, daß das neue Album eueres alten Kollegen Dean Wareham mit seiner Band Luna in den USA ausgerechnet am gleichen Tag erscheint wie "Song To The Siren" und ihr so zwangsläufig wieder zusammen in einen Topf geworfen werdet?

Naomi: "Für eine ziemlich lange Zeit waren wir nur ausschließlich 'ex-G500', und das war eine schwierige Zeit, weil wir das Gefühl hatten, immer noch etwas Neues zu sagen zu haben - wir wollten nicht immer nur über die Vergangenheit reden. Heute sind wir sehr stolz und gefestigt, was unsere Arbeit als D&N angeht, deshalb fällt es uns auch leichter, uns mit Galaxie 500 auseinander zu setzen. Das ist ja jetzt schon so lange her! Um die Frage zu beantworten: Es war weder ein Vor- noch ein Nachteil, daß die Platten am gleichen Tag erscheinen, lediglich ein Zufall."

Gaesteliste.de: Zum Schluß noch irgendwelche "berühmte letzte Worte"?

Naomi: Wow! Nur, daß wir mit der neuen Platte sehr glücklich sind und die Zusammenarbeit mit Kurihara die Platte unserer Träume ermöglicht hat!"

Weitere Infos:
www.damonandnaomi.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Damon & Naomi
Aktueller Tonträger:
Song To The Siren - Damon & Naomi On Tour With Kurihara
(Sub Pop/Cargo)
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