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MARDI GRAS. BB
 
Musikantenstadl
Mardi Gras. BB
Also für alle, die es nicht wissen, gleich die harte Nachricht vorneweg: Mardi Gras. BB ist eine Blaskapelle. Das ist zugleich die schlechte, wie die gute Nachricht. Denn es ist jetzt nicht etwa so, daß Gaesteliste.de jetzt auch von der Volksmusik-Front berichtet (auch wenn das manchmal so den Anschein hat), sondern Mardi Gras. BB machen besagte Blasmusik unter verschärften Bedingungen. Dazu gehört eine scheppernde, schrammelnde Gitarre, ein heiserer Sänger und ein bandeigener DJ, ebenso wie - so Reverend Krug, einer der beiden kreativen Chefköpfe des Ensembles - daß man auch schon mal nackt übt, um das erotische weg vom weiblichen zu kriegen, und ordentliche Tanzschritte zu erfinden. Mardi Gras. BB: Das BB steht laut Reverend Krug für Brigitte Bardot und ist laut Doc Wenz - angedeuteter zweiter Vordenker und Songschreiber der Truppe - eine Projektionsfläche.
"Zen Rodeo", die aktuelle Scheibe ist - neben etlichen Singles und Remixen - bereits die dritte der Combo aus dem Süddeutschen. Mit der wilden Mischung aus New Orleans-Style Dixie, Tom Waits-Style Voodoo, schnarrendem Rhythm'n'Blues und allem, was sich nicht wehrt außer Jazz (was witzig ist, da sie bei uns auf Universal Jazz erscheinen), haben sie sich bei uns zu Kritikerlieblingen mit Überraschungs-Hit-Potential und in Frankreich und anderen freigeistig denkenden Kulturen zu Publikumslieblingen hochgespielt. Begonnen hatte alles vor 10 Jahren in Mannheim im Kulturzentrum, wo der Reverend mit dem Background der Heidelberger Studentenszene und Doc Wenz aus der Punk-Phase bei einem Tanz in den Mai zum Themenabend "New Orleans" kennenlernten. Nähern kann man sich der Geschichte übrigens über die doch eher pikant gewählten Coverversionen. Auf der neuen Scheibe gibt es z.B. eine Giant Sand-Nummer und eine von Carl Douglas. Wem das nix sagt: Das war einer der Vertreter des sogenannten Disco-Souls in den 70s, der noch heute von seinem einzigen Hit "Kung Fu Fighting" zehren dürfte. Auch wenn das versehentlich Sinn macht: Warum sucht man sich denn ausgerechnet ein solches Stück zum Covern aus? Doc Wenz nimmt sich der Sache an: "Damals schon war das 'ne ziemlich zwiespältige Angelegenheit - und gerade das ist der Grund", bereitet er eine philosophische Keule vor, "es geht um die Sakralisierung des Banalen. Ich finde es besonders reizvoll, sich dem Problem Cover-Versionen auf eine masochistische Art zu nähern. Die langweiligsten Cover-Versionen entstehen, wenn man sich seinen Lieblings-Song aussucht, woran man unheimlich viele schöne Gedanken hat und diesen Song dann nochmal für sich privat aufzunehmen. Dabei entstehen meistens die langweiligsten Cover-Versionen überhaupt." Das heißt also, um eine gute Cover-Version zu machen, muß man ein Stück nehmen, das man nicht mag? Eine gewagte Theorie (die übrigens nicht mal Howe Gelb, der zufällig auf dieser Scheibe auch als Autor verewigt ist, so sieht). "...oder zu dem man ein ambivalentes Verhältnis hat", ergänzt Doc, "was ich z.B. an 'Kung Fu' mag, ist die Melodik - die man absolut nicht mehr aus dem Ohr kriegt. Andere Aspekte finde sich mega-zickig - schlecht gespielt, zu schnell usw. Das hat's für mich interessant gemacht." Reverend Krug bringt es auf den Punkt: "Das liegt daran, daß wir den Brass-Band-Klangkörper immer als ein Experimentierfeld sehen. Es gibt ja z.B. noch eine Residents-Nummer auf der CD und wir haben ja auch schon Prince gecovered. Wir wollen rausfinden, was damit möglich ist."
Guter Gedanke, denn z.B. passen die Residents und Giant Sand ja nicht in das Explanations-Gefüge zum Carl Douglas. "Es gibt verschiedene Herangehensweisen", schränkt Doc ein, "die andere Sache ist die des 'Haß-Songs' - weil das besonders emotional ist. Die dritte Möglichkeit ist: Diese Songs sind perfekt und es gefällt einem einfach die Version nicht. Und dann gibt es noch die Möglichkeit des Statements der Sympathie. Gerade wenn man sich eine Nummer raussucht, die nicht bekannt ist oder von einem Künstler, den 98% der Hörer nicht kennen." Gut. Genug zum Thema Cover-Versionen. Denn: 98% des Programmes von Mardi Gras. BB sind eh originär. Um die Sache auf den Punkt zu bringen: Wie zum Teufel schreibt man Songs für eine Blaskapelle? "Also ich schreibe meine Songs ganz normal - auf Gitarre oder Klavier", überrascht Doc, "da wir aber jetzt 10 Jahre Erfahrung damit haben, weiß ich, wenn ich Songs schreibe, wie dies oder jenes im Brass-Band-Kontext klingt oder funktioniert. Du hast dann stereotype Techniken, von denen du weißt, was du machen mußt, um eine bestimmte Klangvorstellung für den Klangkörper der Blaskapelle umzusetzen, die du z.B. beim Pop mit einer Hammond-Orgel lösen würdest." "Wir sehen uns ja auch oft auf Reisen und so", ergänzt Reverend Krug, "und dann bringt Doc die Sachen mit in den Probenraum. Wir haben uns da eine ganz eigene Technik erarbeitet - nicht umsonst gelten wir international als gut groovende Truppe. Da gibt's bestimmte Proberituale. Der Produzent [Gordon von Hazelwood, dem Mutterlabel] hat dann die Funktion eines guten Trainers. Dann kommt der DJ dazu, der seit unserer Scheibe 'Supersmell' als festes Mitglied dabei ist."
Mardi Gras. BB
Ganz wichtig ist auch noch der Sänger - dessen Integration ebenfalls bewußt ist. "Ja, das haben wir gemacht, damit wir uns nicht festfahren", meint Doc, "es gibt ja immer mal wieder Instrumental-Hits, aber das sind doch immer Ausnahmen. Mardi Gras. BB ist hingegen langfristig angelegt." "Und reine Instrumentalmusik ist doch langweilig", ergänzt der Reverend. Wichtig ist noch festzuhalten, daß die Musik vorwiegend aus dem Bauch kommt. Was fast lebensnotwendig ist, da Mardi Gras. BB vorwiegend eine Live-Truppe - und dann wieder eine Tanzkapelle sind. Live-Konzerte der Band sind ein Ereignis, bei dem die Musikanten aus dem Publikum heraus agieren, um dieses zu animieren und aus der Reserve zu locken. Was in Frankreich fast schon nicht mehr notwendig ist. "Da spielen wir ja z.T vor 800 Leuten", schwärmt Reverend Krug, "und da hatten wir neulich diesen Fall, daß die Halle schon vor unserem Auftritt dermaßen tobte, daß wir uns ernsthaft überlegt hatten, ob wir aus dem Publikum heraus spielen sollten. Es waren alle so wild, daß wir Angst haben mußten, daß die uns vor Begeisterung die Zähne einschlagen." Nun: Andere Länder, andere Sitten. Damit müssen die Jungs bei uns ja gewiß nicht rechnen. Dennoch sollte man sich die anstehende Tournee keinesfalls entgehen lassen. Denn wenn man sich mal wieder seine Vorurteile so richtig schön durcheinanderwirbeln lassen möchte, kann es schlechthin keine bessere Band dafür geben, als Mardi Gras. BB.
Weitere Infos:
www.mardigrasbb.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Thorsten Klapsch-
Mardi Gras. BB
Aktueller Tonträger:
Zen Rodeo
(Universal Jazz/Universal)
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