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THE BLACK CROWES
 
Per Rückwärtsgang in die Zukunft, oder: Coolness siegt!
The Black Crowes
Düsseldorf, Hilton Hotel. Interviewtermin mit den Black Crowes. Es ist 14.15 Uhr und die Band, bzw. das, was von ihrer Originalbesetzung noch übrig geblieben ist, schlurft in einer schwer zu definierenden Mischung aus Coolness, Lässigkeit und Langeweile in die Hotelsuite: Schlagzeuger Steve Gorman, Gitarrist/Songschreiber Rich Robinson und dessen singender Bruder Chris. Letzter ist zwei Tage vor dem Interviewmarathon in Germany noch gut gelaunt und im Smoking im Fernsehen zu sehen gewesen: Bei der Oscarverleihung in L.A. zwischen seiner nominierten Ehefrau Kate Hudson und Schwiegermama Goldie Hawn. Jetzt trottet er an uns vorbei und trägt dabei - kein Witz - ein in einen Apfel gestecktes Räucherstäbchen vor sich her, mit dem er im Nebenzimmer den Kollegen vom Radio einnebeln wird, während Steve und Rich der Gästeliste Rede und Antwort stehen.
The Black Crowes, "the most rock'n'roll rock'n'roll band in the world", wie der Melody Maker sie zu nennen pflegte, sind im Lande, um ihr sechstes Studioalbum "Lions" vorzustellen, das in vielerlei Hinsicht ihre beste Platte seit dem genialen 1992er Album "Southern Harmony And Musical Companion" mit zwei der besten Rocksingles der 90er, "Remedy" und "Thorn In My Pride" ist. Dabei müssen uns die Crowes natürlich eigentlich kaum noch etwas beweisen, schließlich zählen sie seit Jahren zu dem erlauchten Kreis der Bands, die über jeden Zweifel erhaben sind. Nun gut, wenn es nur nach lässigen Gitarrenriffs, Garderobe und Drogenkonsum geht, liegen die Crowes sicherlich gleichauf mit Bands à la Royal Trux, aber was die Gebrüder Robinson allen anderen voraus haben ist die Kombination von Glamour und Erfolg. Unglaubliche 15 Millionen Platten haben die Black Crowes bereits verkauft und haben dafür trotzdem kaum Kompromisse machen müssen. Wenn es eine Band gibt, die heute noch den Geist der 70er Jahre besitzt, wie er in Cameron Crowes Film "Almost Famous" beschworen wurde, dann mit Sicherheit die Black Crowes. Da mag man es gar nicht als Zufall werten, dass Chris Robinson ausgerechnet "Almost Famous"-Obergroupie, pardon, Bandaid Kate Hudson ehelichte und die nun sozusagen mit gesetzlicher Legitimierung jeden Abend am Bühnenrand steht. Das Geheimnis der Erfolgsstory Black Crowes ist denkbar einfach: Im Gegensatz zu den meisten Bands, die oft als Retro-Rocker diffamiert werden, haben die Crowes nicht nur stets zu ihren Idolen von den Stones über Led Zeppelin bis hin zu X oder The Clash gestanden, sondern als eine der wenigen Bands auch versucht, das Lebensgefühl der Leute damals noch einmal einzufangen, den Zeitgeist einer Dekade, in der Polyesterhemden noch kein Mode-Accessoir, sondern bitterer Ernst waren. Natürlich hatten sie auch ihre Höhen und Tiefen, und selbstredend sind auch sie trotz ihrer gepflegten 70er-Jahre-Outfits ein Teil der modernen Maschinerie der Musikindustrie, aber was man der Südstaatenband, die inzwischen in New York heimisch geworden ist, nicht hoch genug anrechnen kann, ist die Tatsache, dass sie ihr Ding ganz einfach durchgezogen haben, auch zu Zeiten, in denen Keine-Gefangenen-Rock'n'Roll alles andere als hip war. Als die Band Ende der 80er anfing, lösten auch Schlaghosen, ausgetretene Leder-Slipper und überdimensionale Klunker am Ringfinger eher ein amüsiertes Kopfschütteln aus. Der Band war's egal, und irgendwann waren sie dann wieder auf der Höhe der Zeit. Nur, dass der Zeitgeist eben zu den Black Crowes aufgeschlossen hatte, nicht umgekehrt.

Allerdings setzen die Amerikaner das beschriebene Feeling mit "Lions" wesentlich erfolgreicher um als noch vor vier, fünf Jahren. Mit ihrem neuen Album lösen sich The Black Crowes nicht nur endgültig von ihrem alten Label American, sondern auch vom Sound der Jam-Bands, mit denen sie nach der Veröffentlichung von "Amorica" und "Three Snakes And One Charm" oft in eine Schublade gesteckt wurden. Unter der bewährten Regie des Star-Producers Don Was haben die Brüder Robinson und ihre Gang eine Platte aufgenommen, die einerseits ihre vielpublizierte letztjährige Zusammenarbeit mit Led-Zeppelin-Legende Jimmy Page reflektiert ("Midnight At The Inside Out"), andererseits mit Songs wie der phantastischen kommenden Single "Soul Singing" genau das entspannte Gospel-Rock-Feeling wiederaufleben lässt, das den Black Crowes seit "The Southern Harmony And Musical Companion" unverständlicherweise verlorengegangen zu sein schien und erst 1998 mit "By Your Side" eine leichte Renaissance feierte.

Für die Band selber bestehen die Veränderungen in den letzten zehn Jahren allerdings eher in Nuancen. "Die Vibes innerhalb der Band sind immer noch die gleichen", befindet Steve. "Wir haben die letzten elf Jahre damit verbracht, unser eigenes Ding zu machen, was an sich heute schon ungewöhnlich zu sein scheint. Meines Erachtens sind die meisten Künstler heute damit völlig einverstanden, wenn ihnen die Plattenfirma vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben, um erfolgreich zu sein. Für uns war es vom ersten Tag an unser Ziel, uns davon zu distanzieren. Für uns bedeutet Erfolg, nur wir selbst zu sein. Wenn man uns erlaubt, wir selbst zu sein, ist das schon der Erfolg. Seine eigene Vision zu verfolgen ist im heutigen Musikbusiness ein harter Kampf. Der Unterschied zu früher ist, dass jetzt die Leute zu uns kommen und sagen: 'Wir finden toll, was ihr geschafft habt, macht einfach so weiter'. Wir müssen heute nicht mehr unsere Energie darauf verschwenden, gegen die Leute anzukämpfen, die eigentlich auf unserer Seite sein sollten, es aber in Wahrheit gar nicht sind." Dem stimmt auch Rich zu: "Dieses Jahr war bis jetzt schon viel besser für uns, weil wir vorher meistens im Streit mit den Labels waren. Wir waren zwar offiziell immer auf American, aber deren Vertrieb wechselte ständig, also mussten wir uns mal mit Geffen, mal mit Warner Brothers und dann wieder mit Columbia auseinandersetzen. Eine Geschäftsbeziehung setzt ja immer Vertrauen voraus, und wie willst du das in einem gesunden Maße aufbauen, wenn du alle zwei Jahre die Firma wechselst? Außerdem war der Präsident unseres Labels ein talentfreies Riesenarschloch. Er heißt Rick Rubin. Wir konnten ihn und seine Ansichten über Musik nicht ausstehen! Deshalb waren die letzten beiden Jahre wie eine Befreiung, weil wir nun mit Leuten wie V2, Don Was oder auch Jimmy Page zusammenarbeiten, die uns einfach machen lassen. Die letzten zehn Jahren waren wirklich ein Kampf. Wir haben zwar nie aufgegeben und uns unterkriegen lassen, wir haben immer die Platten gemacht, die wir machen wollten, aber wir mussten immer darum kämpfen."

Das Interessante bzw. Tragische daran ist, dass dieser Kampf nicht leichter wurde, nachdem die Crowes mit ihrem ersten Albun "Shake Your Moneymaker" grandiose Erfolge gefeiert und damit eigentlich ihren "Starrsinn" gerechtfertigt hatten. "Danach entwickelte sich diese seltsame Dynamik", erinnert sich Rich. "Du verdienst für ein Label einen Haufen Geld, und plötzlich wollen sie nur noch mehr. Wir hatten also eine Platte gemacht, und die lief großartig. Wir haben noch eine gemacht, die lief auch phantastisch, aber dann kamen unsere Geschäftspartner zu der Überzeugung, dass das von nun an immer so sein müsste, aber weil wir unser eigenes Ding durchgezogen haben, brachten die nächsten Platten nicht soviel Geld ein. Da waren die aber ganz schön angefressen (lacht). Dabei hat Rick Rubin sein ganzes Label mehr oder weniger um uns und unseren Erfolg herum aufgebaut. Er nahm Hunderte von Bands unter Vertrag, mietete sich im obersten Geschoss dieses Burbank-Gebäudes ein, gab massig Geld aus und setzte uns damit unter Druck, weiter erfolgreich zu sein. Wir haben uns abgewendet und nur gesagt: 'Fuck you, wir machen unsere Platten! Die ersten beiden haben sich gut verkauft, aber jetzt machen wir etwas anderes, und nur dazu können wir stehen'. Wir wollten etwas anderes machen, aber man sagte uns, die Leute würden nach 'Shake Your Moneymaker' oder 'Southern Harmony...' verlangen. Ich bin allerdings außerstande, mich hinzusetzen und einen Song zu schreiben, der dem Publikum gefällt. Ich kann nur Musik schreiben, die meiner Sicht der Dinge entspricht. Ich denke, das gleiche gilt auch für Chris."

Für die einen ist es das Verfolgen einer eigenen Vision, doch von Labelseite wurde den Crowes deshalb früher des Öfteren ein Hang zur Konzeptionslosigkeit vorgeworfen. Trotzdem sieht die Band kein Problem darin, mit zwanzig Songs ins Studio zu gehen und erst spät zu entscheiden, welches Dutzend es letztendlich auf das nächste Album schafft. "Wenn wir anfangen aufzunehmen, wissen wir noch nicht, was daraus werden wird. Wir haben keinen ausgearbeiteten Plan. Wenn wir dann aufnehmen, gibt es Songs, die sind favourites for the day, aber wenn wir dann erst einmal alle Stücke eingespielt haben, gibt es eigentlich kaum Diskussionen, welche auf die LP sollen. Es ergibt sich ganz einfach. Wenn wir eine Platte mit zwölf Stücken machen, gibt es mindestens zehn von den aufgenommenen 20, auf die wir uns sofort alle einigen können", erklärt Steve.

Dass diese Arbeitsweise manchmal etwas unökonomisch sein kann, haben die Crowes inzwischen auch mehrmals feststellen müssen. Denn ihre "Planlosigkeit" führte bisher zu zwei "Lost Albums". 1993 verschwand eine bereits fertig eingespielte und auch bei den Konzerten schon ausgiebig angetestete Platte mit dem Arbeitstitel "Tall" in den Archiven, und nur eine Handvoll Songs wurde beim zweiten Anlauf für das Album "Amorica" berücksichtigt. Vier Jahre später wollte die Band eigentlich nur einige Demos einspielen und verließ das Studio kurze Zeit später zum eigenen Erstaunen mit einer kompletten LP. Leider fiel der geplante Nachfolger zu "Three Snakes And One Charm" vertraglichen Schwierigkeiten zum Opfer, und als die geschäftlichen Belange geklärt waren, nahmen die Crowes "By Your Side" kurzerhand noch einmal auf, und wieder verschwand fast ein Dutzend Songs in der Versenkung. Schade eigentlich, gerade wenn man bedenkt, dass "Sho' Nuff", das 5-CD-Boxset der Band vor drei Jahren, als Bonus nur eine Handvoll seltener Livesongs enthielt. Immerhin gibt es inzwischen unter dem Titel "Tall As Can Be" ein Bootleg, auf dem die unveröffentlichten Songs der beiden Alben in Liveversionen zu hören sind. Auch für die neue Platte nahmen die Aufnahmen einen unerwarteten Verlauf, wie Rich zu berichten weiß: "Der Großteil des neuen Albums ist bereits bei der Vorproduktion entstanden. Das sollten eigentlich nur Demos sein. Wir wollten uns eigentlich nur ein bisschen warm spielen, aber da ich mir letztes Jahr ein Studio eingerichtet habe und ProTools gekauft hatte, haben wir ganz einfach alles mitgeschnitten, und das war großartig. Wir haben sehr viel von diesen Aufnahmen benutzt. Ungefähr 85% der Platte ist so in einem kleinen Probestudio namens Montana in New York entstanden. Dann sind wir ins eigentliche Studio, das Theater 99, gewechselt und haben dort 'Lay It All On Me' und 'Ozone Mama' geschrieben und 'Midnight From The Inside Out', 'Miracle To Me' sowie einen Teil von 'Cosmic Friend' dort aufgenommen, aber der Rest ist aus dem Proberaum."

Das dürfte auch erklären, warum "Lions" - übrigens zumindest in der Vinyl-Version das erste Doppelalbum der Band - wesentlich ungeschliffener klingt als das, was man für gewöhnlich von Don Was zu hören bekommt, der alleine in den letzten zehn Jahren oft recht poppige Platten für Großmeister wie Iggy Pop, Bob Dylan oder die Rolling Stones produziert hat. "Die Zusammenarbeit war anders, als ich das erwartet hätte, denn wenn du mit jemandem wie Don zusammenarbeitest, hörst du von allen Seiten die verschiedensten Gerüchte. Manche Plattenfirmen sagten: 'Mit dem solltet ihr nie zusammenarbeiten', aber das hat uns eigentlich nur noch heißer gemacht. Er ist ja selbst Musiker, und deshalb versteht er vieles besser und arbeitet für die Band. Wir haben auch schon mit Produzenten zusammengearbeitet, die zuerst an sich selbst gedacht haben, im Sinne von: 'Wenn ich diese Platte so produziere, wie die Plattenfirma sie haben will, bekomme ich vielleicht auch den nächsten Auftrag, den sie zu vergeben haben.' Don ist das komplette Gegenteil davon, und das war großartig. Er hat ja nicht nur mit Iggy Pop und den Stones gearbeitet, er hat auch eine Platte mit einer ziemlich unbekannten Band namens Medeski, Martin & Wood gemacht. Er hat unfassbar viele Platten produziert...die B-52s und sogar Bette Midler! Er sucht sich das aus, was er mag, und das ist eine tolle Herangehensweise."

Und wenn man Steve Glauben schenkt, war Don trotz seiner beeindruckenden Liste an Credits von den Black Crowes ganz besonders angetan, als die ihm schon vor Jahren einige Demos vorspielten. "Wir haben die Aufnahmen nur als Demos betrachtet, aber Don meinte, das sei doch schon eine fertige Platte! Er fand es großartig, wie wir live im Studio spielen. Das ist uns im Gedächtnis geblieben, denn solche Leute sind heutzutage selten geworden."

The Black Crowes
Rich fügt an: "Damals sagte er: 'Ich würde gerne mit euch zusammenarbeiten, aber an diesen Aufnahmen nichts mehr verbessern. Wenn ich Platten mache, VERSUCHE ich immer, sie so klingen zu lassen.' Das war, glaube ich, das coolste, was mir jemals gesagt wurde. Letztendlich haben wir dann auch mit einem anderen Produzenten gesprochen, und der wollte alles wieder umwerfen, hahaha!"

So sehr die Crowes ihren eigenen Idealen treu geblieben sind, so sehr hat sich allerdings das Besetzungskarussel bei den Amerikanern gedreht. Chris, Rich und Steve sind inzwischen die einzigen verbliebenen Gründungsmitglieder und nachdem 1996 mit Gitarrist Marc Ford das vielleicht musikalisch wertvollste Mitglied der Band nach diversen Zusammenstößen mit harten Drogen vom Rest der Band gefeuert worden war, hatten die Crowes großen Wert darauf gelegt, dass der Nachfolger für den ein Jahr später ausgeschiedenen Bassisten Johnny Colt nicht nur musikalisch gut zur Band passte. Das Ganze endete allerdings in einem neuerlichen Desaster. "Auch wenn es nach außen hin vielleicht anders aussieht, wir sind nicht besonders erfreut, ständig Bandmitglieder zu verlieren, ich fände es wunderbar, wenn alle, die 1990 in der Band waren, heute noch dabei wären. Als der neue Bassist zu uns stieß, sagten wir ihm also: 'Wir haben gerade Marc Ford, den wir alle sehr gern haben, wegen seiner Drogengeschichten verloren, und wir wollen auf keinen Fall wieder in diese Situation kommen'. Kurz vor der Tour mit Jimmy Page ist dieser Typ dann auf Speed komplett durchgedreht und das konnten wir ganz und gar nicht gebrauchen. Er war so neben der Spur, dass er uns erzählte, er hätte eine Unterhaltung mit John Lennon gehabt!", erinnert sich Rich lachend. "Das war wirklich witzig und wir haben uns schlappgelacht. Wirklich kaputtgemacht hat er es sich, als er eine halbe Stunde zu spät bei einem Konzert aufgetaucht ist. Wir haben über 1.000 Konzerte gespielt und waren noch nie zu spät. Das ist eines der Dinge, die wir sehr ernst nehmen. Wenn es Zeit ist, auf die Bühne zu gehen, sind wir da und spielen so gut wir können. Dass er uns hängen gelassen hat, war wirklich scheiße. Also wollten wir ihn zur Rede stellen, und da kam er mit der John Lennon Geschichte an und erzählte, dass John uns kennen würde... oder wie war das nochmal? Er kennt deinen Namen, Steve?"

Steve: "Er fühlt sich mit mir verbunden und weiß eine Menge über mich."

Rich: "Ja, richtig, John weiß also angeblich eine Menge über Steve..."

Steve: "...was immerhin besser ist, als wenn der Sänger von BowWowWow eine Menge über mich weiß, hahaha."

Rich: "Also haben wir ihn gefeuert. Ganz so tragisch war es dann aber doch nicht, denn Steve und ich, wir sind sowieso die Rhythm Section. 'Three Snakes And One Charm' haben wir beispielsweise mit Steve und mir in einem Raum aufgenommen - live!"

Ein bisschen erinnert das an die Rolling Stones, bei denen ja auch nur noch drei Originalmitglieder dabei sind. Chris als divenhafter Mick Jagger, Steve als Charlie Watts, den nichts aus der Ruhe bringt, und Rich als Keith Richards, dem Mann für die genialen Riffs. "Abgesehen davon, dass die Stones Milliardäre sind, ist das wohl richtig", grinst Steve, der auch den Einwand, sie seien ja noch keine 60, locker zu kontern weiß: "Hast du'n Börsentipp, von dem ich nix weiß, ansonsten wird daraus wohl nämlich nichts werden, hahaha!"

Die Stones haben bekanntlich in ihrer Frühphase vor allem von Coverversionen gelebt und auch die Black Crowes verdanken ihrer Version des Otis-Redding-Klassikers "Hard To Handle" ihre ersten Lorbeeren. Heute sind die Covers im Programm der Crowes dünner gesät, abgesehen von One-Offs wie der legendären Show im Februar 1997 in der Londonder Garage, wo die Band fast 30 Coverversionen von Little Feat über Gram Parsons bis hin zu einer Handvoll Bob-Dylan-Songs spielte und sich dabei ständig selbst übertraf. Steve: "Es gibt eine Menge Songs, die wir alle mögen, bei denen wir aber schnell feststellen, dass wir ihnen nicht gerecht werden können. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir nie einen Song nur nachspielen, sondern immer sehr viel von uns selbst hineinlegen und unsere ganz eigene Version machen. Wir haben beispielsweise mal 'Don't Let Me Down' von den Beatles versucht zu spielen, und es hat überhaupt nicht hingehauen. Die Band hat es großartig gespielt, aber ein Bandmitglied kam nicht zurecht damit... das ist der simpelste Song, den John Lennon je geschrieben hat, und unser Sänger kriegt den Text nicht auf die Reihe, hahaha." Was nicht heißen soll, dass die Crowes bei kleineren Rückschlägen sofort aufstecken würden. "Es war höllisch schwer, 'The Night They Drove Old Dixie Down' zu lernen, aber es ist ein so unglaublich guter Song, es war die Mühe wert!"

Witzigerweise bekamen die Crowes etwas ganz Ähnliches auch über ihre eigenen Songs zu hören, und zwar bei den Proben mit ihren neuen Bandmitgliedern, für die das alte, nicht selten sehr komplexe Material ja auch so etwas wie Coverversionen darstellt. "Ich habe darüber früher nie nachgedacht", erzählt Steve. "Aber mit all den neuen Leuten in der Band hören wir schon mal häufiger einen Satz wie: 'Als ich früher 'Remedy' im Radio gehört habe, hab ich es einfach für einen coolen Rocksong gehalten, aber ihn jetzt zu lernen, das ist fast schon bizarr!"

"Remedy" ist ein gutes Stichwort. Denn obwohl die Black Crowes fast nonstop auf Tour sind, wechselt ihr Set doch von Abend zu Abend, und außer dem erwähnten Überhit aus dem Jahre 1992 gibt es eigentlich kaum einen Song, der wirklich jeden Abend zu hören ist. Andererseits gibt es laut Steve aber auch gerade einmal eine Handvoll Songs, die die Band überhaupt nicht mehr spielt. Ein besonderes Highlight war natürlich ihre Konzertreise letzten Sommer. Da tourten sie mit Jimmy Page als zusätzlichem Gitarristen durch die größten Amphitheater der Staaten, und nur Jimmys Rückenverletzung verhinderte eine bereits gebuchte Tour in Europa und Japan. Rich: "Das Ding mit Jimmy war ein Riesenspaß, weil wir ein Jahr eigentlich nicht wirklich die Black Crowes waren. Wir haben mit Jimmy abgehangen und einfach das gemacht, was nach Spaß aussah. Wer würde so etwas ablehnen? Wir haben andauernd gehört: 'Wie könnt ihr das machen?' Wir konnten nichts anderes antworten als: 'Warum nicht?' Wir sind Musiker und wir lieben Led Zeppelin, und Jimmy ist ein toller Typ, und das gleiche gilt für Robert [Plant]. Außerdem haben wir nicht nur Zeppelin-Songs gespielt, sondern auch unsere eigenen und alte Bluessongs. Die Leute in Amerika haben das alles zu ernst genommen und versucht, alles Mögliche in diese Tournee hineinzulesen, aber wir haben es wirklich nur des Spaßes wegen gemacht! Sie haben uns gefragt: 'Wer denkt ihr, dass ihr seid?' - 'Wir sind jetzt Zeppelin, wir übernehmen das Ruder - nennt uns von jetzt an BLACK ZEPPELIN!'"

Aber natürlich standen Headline-Tourneen mit solchen Gästen lange auch für die Black Crowes nicht zur Debatte. Und die Band ist trotz einiger Starallüren hier und da bodenständig genug, das auch anzuerkennen und nicht einfach aus dem Lebenslauf zu streichen. Rich: "Als wir anfingen, waren wir schon froh, überhaupt touren zu können. Es gibt so viele Bands, die noch nicht einmal die Chance bekommen. Innerhalb von zwölf Wochen waren wir dann der Opener von Aerosmith, das war der Wahnsinn! Allerdings muss ich gestehen, dass wir auch den Support für die McAuley-Schenker-Group gemacht haben und mit einer Band namens Junkyard gespielt haben, aber zumindest durften wir spielen!" Schließlich hatte sich die Band nach der ersten Platte vorgenommen, "durch jede Tür zu rennen, die sich uns öffnete", wie Steve es ausdrückt, solange, bis die Angebote für Auftritte ausbleiben würden. Letztendlich dauerte die Tournee 20 Monate und die Band spielte 350 Konzerte. "Der Adrenalin-Kick der frühen Tage ist nicht mehr da", vergleicht Steve die Tourneen heute und vor zehn Jahren. "Wir sind zwar musikalisch jetzt eine bessere Band und es macht auch mehr Spaß zu spielen als je zuvor, aber es sind die restlichen 22 Stunden des Tages, die an dir nagen, wenn du nicht zu Hause bist."

Rich: "Stimmt. Wir werden ja auch nicht jünger, Steve ist ja auch schon Mitte 30."

Steve: "Na, wir wollen uns doch nix vormachen, ich bin schon Ende 30. Jedenfalls bin ich näher an der 40 als an der 30."

The Black Crowes
Derzeit sind die Crowes wieder in den Staaten unterwegs, auf der "Tour Of Brotherly Love", bei der die Robinson-Brüder auf zwei weitere Brüderpaare treffen. Die Supportacts sind nämlich die Herren Gallagher mit Oasis und die Langdon-Brüder von Spacehog. Das hört sich gewaltig nach Rock'n'Roll in allen Lebenslagen an, nicht nur auf der Bühne. Denn während Oasis ihre Lektion bereits in der Vergangenheit gelernt haben und Frauen, Freundinnen und sonstige Partytiger zu Hause bleiben müssen, wird Kate Hudson ebenso mit auf Tour gehen wie ihre Schauspielerkollegin Liv Tyler - derzeit mit Royston Langdon liiert - die, obwohl Tochter von Aerosmiths Steve Tyler, angeblich noch nie in einem Tourbus geschlafen hat. Der englische NME nimmt derzeit bereits Wetten an, aus welchem Grund die Tournee der drei Bands im Chaos versinken wird. In Führung liegen derzeit folgende Varianten: 1.) Liam Gallagher fliegt nach der Hälfte der Tournee zurück, um seine schwangere Freundin Nicole Appelton (ex-All Saints) nicht bei der Geburt alleine zu lassen. 2.) Nicole wird bewußt, dass sie zu Hause bleiben mußte, Kate und Liv aber nicht, und Liam muß DESHALB nach Hause fliegen...

Ähnliche Fallen werden den Crowes in Europa wohl nicht gestellt werden, nicht zuletzt, weil sie zunächst einmal "nur" als Supportact unterwegs sind. Zum einen für die Labelmates Stereophonics in England, zum anderen in Deutschland mit einem ganz großen Helden der Crowes. "Uns sind für diesen Sommer verschiedene Tourneen angeboten worden. AC/DC war die eine, Neil Young die andere. Neil paßte besser in unseren Terminplan, aber davon abgesehen... NEIL YOUNG! Um mit ihm zu spielen, hätten wir unsere Termine auch liebend gerne verlegt!", freut sich Rich und Steve ist über die Nachricht, die passenderweise eine Stunde vor unserem Interview offiziell bestätigt wurde, ganz aus dem Häuschen: "NEIL YOUNG! Der Typ ist unglaublich! Wenn du irgendetwas tun kannst, das dich mit einem deiner Helden in Verbindung bringt, dann tust du das doch wohl, oder? Und dass Neil uns angeufen hat und gefragt hat, ob wir Shows mit ihm zusammen spielen wollen - das ist die größte Ehre! Natürlich spiele ich lieber unsere eigenen Tourneen, weil ich lieber zwei Stunden jeden Abend spiele und nicht nur eine, aber es kommt auch auf die Erfahrung an. Wenn wir so alt sind wie die Rolling Stones heute und zurückblicken, werde ich sagen könne, dass ich den Sommer mit Neil Young verbracht habe!"

Das klingt ja wirklich fast so, als wäre es da nicht weiter schlimm für euch, "nur" der Supportact zu sein... Steve: "Diese Gedanken machst du dir genau in dem Moment nicht mehr, in dem du mit Neil Young oder den Stones spielen kannst. Es gibt jede Menge Bands, mit denen wir nie spielen würden, egal wie erfolgreich sie sind, wir suchen uns die Shows aus, die uns Spaß machen werden. Es klingt vielleicht wie ein Scherz, aber es ist wahr: Ich würde sogar antreten, wenn Neil Young mich anrufen würde und fragen würde: 'Wäschst du mir bitte den Wagen?'"

Weitere Infos:
www.theblackcrowes.com
www.frayed.org
Interview: -Carsten Wohlfeld & David Bluhm-
Fotos: -Pressefreigaben-
The Black Crowes
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