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BOYGENIUS
 
Die Macht der drei
Boygenius
Ihre Heimatorte Los Angeles, Memphis und Richmond könnten unterschiedlicher nicht sein, musikalisch allerdings sprechen die Kalifornierin Phoebe Bridgers, die in Tennessee lebende Julien Baker und die in Virginia heimische Lucy Dacus die gleiche Sprache - wenn auch mit leicht unterschiedlichem Akzent. Jetzt machen die Indie-Senkrechtstarterinnen gemeinsame Sache und entdecken dabei die Macht der drei: Ihr Projekt Boygenius wurde in der amerikanischen Presse bereits wahlweise als "Egoless Supergroup of Your Indie Rock Dreams" oder als "Power Rangers robot of indie music" abgefeiert, und tatsächlich ist ihre just erschienene selbstbetitelte 6-Song-EP mehr als nur die Summe der einzelnen Teile.
"Als wir uns trafen, waren Lucy, Phoebe und ich jeweils an ähnlichen Punkten in unserem Leben und unserem musikalischen Werdegang", sagt Julien Baker im Waschzettel der Plattenfirma über Boygenius. "Wir hatten auch eine ähnliche Herangehensweise an die Musik, sodass wir unmittelbar eine Affinität verspürten." Obwohl sie sich in den letzten Jahren immer wieder mehr oder weniger zufällig über den Weg gelaufen waren - Baker und Dacus veröffentlichen beide bei Matador Records, Baker und Bridgers waren bereits ganz zu Beginn ihrer Karrieren zusammen auf Tournee -, war eine gemeinsame Platte kein Thema. Selbst als die derzeit laufende gemeinsame USA-Tournee gebucht wurde, die das Trio in altehrwürdige Säle wie das Ryman Auditorium in Nashville, das Orpheum Theater in Boston oder das Wiltern Theater in Los Angeles katapultiert, die oft doppelt so groß sind wie alle Orte, an denen die drei bislang solo aufgetreten sind, dachten sie zunächst nur an eine kleine Tour-Single.

Schnell zeigte sich allerdings, dass die Kreativität für mehr reichte: In nur vier Studiotagen entstanden diesen Sommer sechs Songs, die Bakers emotionelle Unerbittlichkeit, Bridgers' sagenhafte Lässigkeit und Dacus' stoische Ruhe vereinen und mit ineinander verwobenen Harmonien, unerwarteten instrumentalen Wechseln und einem subtilen Blick über Genregrenzen hinaus klanglich ihre bisherigen Soloveröffentlichungen im Spannungsfeld von Songwriter-Pop (Bridgers), Emo (Baker) und klassischem Indierock (Dacus) übersteigen. "Das ist ein wenig so, als wenn du hörst, wie jemand anders dich beschreibt, oder du siehst, wie jemand dich zeichnet. Zu sehen, wie dein eigenes Werk durch den Einfluss anderer gebrochen wird, war sehr spannend. Das gibt dem ganzen Tiefgang!", erklärte Baker kürzlich im Gespräch mit den Kollegen von Uproxx. Textlich schöpfen Boygenius dabei aus ähnlichen Erfahrungen, die sie als junge Frauen in der Musikindustrie gemacht haben, und scheuen auch nicht davor zurück, ihrer Frustration Luft zu machen. "Das Ganze glich einer Therapiegruppe," sagte Bridgers kürzlich in einem Interview mit dem US-Magazin The Fader. "Ich habe diese weibliche Energie gebraucht. Ich konnte meine Meinung behaupten, ohne dass mich jemand infrage gestellt hat."

Anders als bei der derzeitigen US-Tournee, auf der die drei unter ihren eigenen Namen angekündigt werden, ergibt der Bandname auf Platte wirklich Sinn: Nicht nur, dass sich hier neben drei zusammen ausgearbeiteten Solonummern auch drei tatsächlich gemeinschaftlich erarbeitete Songs finden, die Lieder sind auch durch ein munteres Experimentieren gekennzeichnet. Der Ausgang war dabei zunächst ungewiss, nicht zuletzt, weil die komplette Vorarbeit via Kurznachrichten und E-Mail gelaufen war, ohne Garantie, dass das freundschaftliche Verhältnis abseits von Bühne und Studio für die richtige Chemie bei den Aufnahmen sorgen würde. So verriet Lucy Dacus Uproxx: "In der Schule war ich diejenige, die bei Gruppenarbeiten immer die ganze Arbeit allein gemacht hat. Deshalb dachte ich vorab: 'Ich hoffe, das wird dieses Mal anders.'" Schnell stellte sich allerdings heraus, dass ihre Sorge unbegründet war, denn nicht nur Dacus feilt auf der EP an den Kanten.

Speziell Baker nutzt die Chance, unter dem Radar auszutesten, wie sie sich mit erweitertem Instrumentarium, vermehrtem Harmoniegesang-Einsatz und Liedern, die jenseits von vertontem Tagebuch klassischen Songwriter-Tugenden folgen, dem wunderbar unterschwelligen Pop-Appeal annähern kann, der zuvor eher ein typisches Bridgers-Markenzeichen war. So haben die Songs bisweilen einen weniger zeitgeistigen Anstrich als die Alleingänge der drei. In "Ketchum, ID" etwa klingt das Country-Triumvirat Emmylou Harris, Dolly Parton, Linda Ronstadt an, und "Souvenir" verweist auf die Zeitlosigkeit von Crosby, Stills And Nash, deren Debüt-LP-Cover zudem als Blaupause für das Artwork der Boygenius-EP diente - ein eigentlich zunächst eher als Scherz gemeinter Vorschlag Bridgers, den die anderen zwei begeistert annahmen. So ist es trotz vieler schöner Momente vor allem das Entdecken der Möglichkeiten, das die Kollaboration so reizvoll macht: Auch wenn der Weg hier mitunter das Ziel ist, bleibt am Ende doch die aufregende Erkenntnis, dass diese drei Künstlerinnen gerade erst richtig Fahrt aufnehmen.
Weitere Infos:
www.facebook.com/boygeniustrio
julienbaker.com
facebook.com/julienrbaker
www.phoebefuckingbridgers.com
www.facebook.com/phoebebridgers
www.lucydacus.com
www.facebook.com/lucy.dacus
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Lera Pentelute-
Boygenius
Aktueller Tonträger:
Boygenius EP
(Matador/Beggars Group/Indigo)
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