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THE BLACK ANGELS
 
"Kunst kann man nicht erzwingen"
The Black Angels
"The Black Angels spielen Psychedelic Rock, als ob die 1960er nie aufgehört hätten. Sie sind die absoluten Meister des Genres", schrieb die New York Times einst über das Quintett aus Austin, doch mit ihrem dieses Frühjahr erschienenen fünften Album, "Death Song", beweisen Frontmann Alex Maas und die Seinen deutlich, dass sie anders als viele ähnlich gestrickte Künstler mehr als nur ein Retro-Act sein wollen. The Black Angels stehen mit beiden Beinen fest im Hier und Jetzt, das zeigt nicht nur der inzwischen viel stärker Richtung purem Rock'n'Roll drängende, oft geradezu explosive Sound ihrer aktuellen Platte, sondern auch die Tatsache, dass die Texaner nicht davor zurückscheuen, auf "Death Song" explizit politisch Stellung zu beziehen, und die aktuelle Lage nicht nur daheim in den USA kritisch beäugen. Kein Wunder, dass das neue Label der Band die LP als "troubled record for troubled times" beschreibt. Im September stehen The Black Angels auf deutschen Bühnen, vorab führten wir ein kurzweiliges Gespräch mit Sänger und Gitarrist Alex.
GL.de: Alex, The Black Angels gibt es inzwischen seit 2004. Was hat sich in all den Jahren verändert?

Alex Maas: Der Unterschied zu unseren frühen Tagen ist sicherlich, dass wir heute versuchen, uns das Leben etwas leichter zu machen. Wir haben über die Jahre eine Menge Wissen angehäuft und versuchen zum Beispiel heute, unsere Tourneen kürzer und weniger kraftraubend zu gestalten. Anders ist auch, dass es heute viel mehr Bands als noch 2004/2005 gibt, die Psychedelia spielen, was wirklich großartig ist. Die Community wächst beständig.

GL.de: Ist das Segen oder Fluch? Ist es wirklich nur eine wachsende Community, oder nimmt nicht auch der Konkurrenzkampf zu?

Alex Maas: Ich betrachte es eigentlich nicht als Konkurrenzkampf, weil das Genre immer noch sehr klein ist, wenn man mal das große Ganze, also die Popwelt, betrachtet. Wenn Psychedelia plötzlich richtig populär würde, wäre das natürlich klasse, aber das Genre steckt gewissermaßen immer noch in den Kinderschuhen. Deshalb freue ich mich über jede Band, die zur Popularisierung beiträgt, anstatt sie als Nebenbuhler zu betrachten.

GL.de: Ihr habt euch seit eurem Erstling "Passover" aus dem Jahre 2006 beständig entwickelt, trotzdem seid ihr euren Idealen treu geblieben. Kann man "Death Song" deshalb als "wieder das Gleiche, nur anders" beschreiben?

Alex Maas: Ja, das ist ok. Ich kann mir selbst nicht erklären, wie es dazu kommt, dass wir immer wieder neue Sachen machen, es am Ende aber trotzdem nach den Black Angels klingt. Vermutlich liegt es einfach daran, dass wir inzwischen schon so lange zusammenspielen. Obwohl wir es schon darauf anlegen, uns ständig weiterzuentwickeln, gebe ich dir deshalb vollkommen recht: Völlig anders klingen wir nie.

GL.de: Habt ihr bestimmte Tricks, euren Sound in Bewegung zu halten und Wiederholungen zu vermeiden?

Alex Maas: Ein Trick ist, ständig neues Equipment zu kaufen, und wir haben jetzt auch ein neues Bandmitglied, Jake Garcia, der ein Wahnsinns-Songwriter ist. Er hat uns auf neue Ideen und zu einem etwas anderen Sound gebracht.

GL.de: War es einfach, nach all den Jahren einen neuen Mitstreiter in die Band zu integrieren?

Alex Maas: Ich kenne Jake schon seit Jahren von seiner anderen Band The Ripe. Trotzdem war der Prozess nicht unbedingt leicht, es fiel uns aber auch nicht unbedingt schwer, weil er genau verstanden hat, wo wir herkommen. Er hat sich wirklich in die Songs reingefuchst und ist überhaupt einfach ein total lieber Kerl. Wenn er nicht so umgänglich wäre, läge die Sache sicher ganz anders. Es ist aber die helle Freude, mit ihm zusammen Musik zu machen!

GL.de: Ihr habt also einen guten Freund gesucht, der "nebenbei" auch sein Instrument beherrscht?

Alex Maas: Ja, das war der Weg. Glücklicherweise ist Jake ein toller Typ und auch ein großartiger Musiker. Aber die Freundschaft mit ihm war zuerst da, und das ist einfach total wichtig, wenn man ständig zusammen auf Reisen ist. Das ist ja fast, als sei man mit den Leuten verheiratet.

GL.de: Es gab zwar zuletzt die EP "Clear Lake Forest" von euch, das letzte Album "Indigo Meadow" liegt bereits vier Jahre zurück. War das Absicht, um mit mehr Abstand eine neue Sicht der Dinge zu bekommen?

Alex Maas: Nein, nicht wirklich. Zunächst einmal ist es so, dass man Kunst nicht erzwingen kann. Außerdem gibt es dabei so viele bewegliche Faktoren. Wir haben an anderen Sachen gearbeitet und mussten uns auch erst mal eine neue Plattenfirma suchen. Wir haben nicht auf der faulen Haut gelegen, sondern waren die ganze Zeit aktiv. Wir haben zum Beispiel die Musik für eine Fernsehsendung über die Legalisierung von Marihuana in Colorado geschrieben. Das Gute an der langen Veröffentlichungspause war, dass wir in der Zwischenzeit einen ganzen Haufen neue Songs geschrieben haben. Ich glaube kaum, dass es wieder vier Jahre bis zu unserer nächsten Platte dauert, weil wir schon jetzt ganz viele Songs haben, die es nicht auf das aktuelle Album geschafft haben.

GL.de: In den 60ern waren die Bands 200 Tage auf Tour und haben trotzdem noch zwei Platten pro Jahr veröffentlicht, weil sie sich nicht mit Nebenprojekten aufgehalten haben. Macht ihr die Sideprojects aus Spaß an der Freude, oder sind sie eher ein notwendiges Übel, weil man in den heutigen Zeiten sein Geschäft einfach diversifizieren muss?

Alex Maas: Nun, heute verkauft niemand mehr Platten wie in den 60ern. Wer heute 50.000 verkauft, hätte damals zwei Millionen verkauft. Die Musik hat heute so sehr an Wert verloren, dass man als Musiker gezwungen ist, seine Fühler in alle Richtungen auszustrecken. Allerdings macht uns die Arbeit an den Nebenprojekten auch Spaß. Gerade die Musik für Dokumentationen zu schreiben, genieße ich sehr - zumindest, solange ich mich mit dem Thema identifiziere. Was mir daran besonders gefällt, ist die Tatsache, dass du diese Songs nur einmal spielst und sie danach nie mehr wiederholen musst. Das hat fast etwas von einer buddhistischen Herangehensweise. Die Idee, Musik nur für den Moment zu machen, gefällt mir sehr.

GL.de: Textlich gebt ihr euch auf "Death Song" betont politisch, aber das, wovon ihr singt, ist nicht völlig losgelöst vom Musikbusiness, stimmt's?

Alex Maas: Ja. Die Musikindustrie musste erst den absoluten Tiefpunkt erreichen, sich erst völlig selbst das Wasser abgraben mit all den Streaming-Diensten etc., bevor es nun hoffentlich wieder aufwärts geht. In der Politik ist das offenbar ganz ähnlich. Es ist ein Kreislauf, und weil die Generation der Großeltern, die den zweiten Weltkrieg noch miterlebt haben, praktisch ausgestorben ist, erleben wir, nicht nur in den USA, sondern weltweit, wie sich die Geschichte wiederholt. Wir leben in vergifteten Zeiten!

GL.de: Ist es in verstörenden Zeiten wie diesen leichter, bedeutungsvolle Texte zu schreiben?

Alex Maas: Die Musik zu schreiben, fällt uns immer sehr leicht, die Texte dagegen sind immer schwierig. Wenn ich mir Leute wie Bob Dylan anschaue, denen wunderbare Poesie einfach so aus dem Mund zu quellen scheint, dann weiß ich nie, wie sie das machen.

GL.de: Als ihr angefangen habt, seid ihr gewissermaßen ein Tribute-Act für Bands wie die Velvets, die 13th Floor Elevators oder Spacemen 3 gewesen. Gab es einen Wendepunkt, an dem ihr gemerkt habt, dass die Black Angels zu einer Band mit einem eigenständigen Sound geworden sind?

Alex Maas: Ich denke, das passierte, nachdem wir unsere erste Platte aufgenommen hatten. Ich war damals 20, 21 und hatte noch nie ein Album aufgenommen. Als wir "Passover" dann fertig hatten, wurde uns bewusst, dass wir nun echte Musiker waren und vielleicht sogar Dinge machten, die einigen unserer Zeitgenossen nicht gelangen.

GL.de: Letzte Frage: Was ist deine Motivation, nach all den Jahren immer noch nach neuen Herausforderungen zu suchen?

Alex Maas: Ich mache Musik, weil mich das glücklich macht. Das mag etwas selbstsüchtig klingen, aber das Musikmachen hat immer auch eine therapeutische Wirkung. Die Suche nach Momenten, die einzigartig sind, das ist der Grund, warum ich, warum die Black Angels weiter Musik machen.

Weitere Infos:
theblackangels.com
facebook.com/theblackangels.tx
de.wikipedia.org/wiki/The_Black_Angels
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
The Black Angels
Aktueller Tonträger:
Death Song
(Partisan/Pias/Rough Trade)
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