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DAWES
 
Es ist, was es ist
Dawes
Für ihre ersten vier Alben auf Americana-Terrain wurden Dawes allenthalben in den höchsten Tönen gelobt. Mit dem just erschienenen neuen Album "We're All Gonna Die" ändert sich das nun. Schon als die vollkommen untypische erste Single "When The Tequila Runs Out" veröffentlicht wurde, blies dem kalifornischen Quartett in den sozialen Medien ein kräftiger Gegenwind entgegen. "The thing that drew me to this band seems absolutely absent from this song", schrieb jemand stellvertretend für viele Fans auf Facebook, und: "No one will say: 'Hey, this reminds me of Jackson Browne.'" Unter der Regie von Grammy-Gewinner und Alabama-Shakes-Produzent Blake Mills (einst Mitglied der Dawes-Vorgängerband Simon Dawes) treten nun an die Stelle von handgemachtem Singer/Songwriter-Sound, den Sänger, Gitarrist und Songwriter Taylor Goldsmith, Bassist Wylie Gelber, Drummer Griffin Goldsmith und Pianist Tay Strathairn auf ihrer letztjährigen Großtat "All Your Favorite Bands" perfektioniert hatten, elektronische Spielereien, Funk-Gitarren, stark verfremdete oder elektronische Bass-Sounds und 80er-Jahre-Rhythmik, mit der sich Dawes mutig neuen Herausforderungen stellen und Veränderung als Grundvoraussetzung für eine lange Karriere begreifen, aber eben auch meilenweit von ihren Wurzeln entfernen. Wie es dazu kam und welche Rolle Neu-Keyboarder Lee Pardini dabei spielte, verriet uns Taylor Goldsmith im Gaesteliste.de-Interview.
GL.de: Taylor, kommen wir gleich zur Sache: Euer neues Album klingt hörbar anders. Dein Songwriting ist unverkennbar, aber die Klangkulisse hat sich deutlich verändert...

Taylor: Nun, als wir die neue Platte aufgenommen haben, hatten wir nicht das Gefühl, etwas vollkommen anderes zu machen. Die neuen Songs haben den gleichen Ursprung wie alle zuvor. Sie entstanden alle auf der Akustikgitarre und wurden auf sehr traditionelle Art und Weise komponiert. Als es dann darum ging, den Sound für die Lieder zu finden, war es uns einfach wichtig, dass es für uns spannend bleibt. Als wir unsere ersten Platten gemacht haben, fanden wir es total aufregend, viele Akustikgitarren einzusetzen und alles ganz simpel und klassisch zu halten. Wenn wir jetzt zehn weitere Songs gemacht hätten, die genauso klingen wie die auf dem Vorgänger "All Your Favorite Bands", dann hätten die Hörer bestimmt schnell gedacht: "Irgendwie kennen wir das alles schon!" Die Tatsache, dass es für uns neu, aufregend und einfach ein Riesenspaß war, dieses Album zu machen, ist etwas, das die Hörer hoffentlich merken werden. Wir hatten nie das Gefühl, dass wir eine Platte aufnehmen, über die die Leute sagen würden: "Oh, ihr seid ja nun eine völlig andere Band!" Letztlich haben wir vieles sehr ähnlich gemacht wie zuvor, aber dabei oft gedacht: "Das ist ja mal eine coole Art, die Songs zu spielen!"

GL.de: Die online kursierenden Unplugged-Sessions mit den neuen Songs unterstreichen, wie nah die Lieder selbst eurem alten Material sind, dennoch ist daraus im Studio etwas vollkommen anderes geworden. Wie müssen wir uns den Prozess bei den Aufnahmen vorstellen, der aus Lagerfeuersongs wie "One Of Us" oder "When The Tequila Runs Out" modern groovende Popsongs gemacht hat?

Taylor: "When The Tequila Runs Out" ist ein gutes Beispiel. Ursprünglich klang das Lied eher wie eine Country-Rock-Nummer, weil es nur drei Akkorde (G, C und F) hat und auf der Akustikgitarre gespielt wurde. Es war wie gemacht für eine Country-Rock-Platte. Wir mochten den Text und den Refrain, aber uns war schnell klar, dass eine straighte Rockversion den Worten nicht gerecht werden würde. Der Text bezieht seinen Reiz aus der Gegenüberstellung. Es ist nicht ganz klar, ob das eine gute oder eine fiese Story ist. Gefällt dem Protagonisten, was dort vorgeht, oder hasst er es? Ist das Ganze ein Riesenspaß oder ist es total düster? Es ist mir wichtig, dass es beides ist, denn genau das drückt meine Gefühle für diese Welt in L.A. aus. Als wir das Lied dann aufgenommen haben, kam gar keine Akustikgitarre mehr darin vor, stattdessen haben wir nach Wegen gesucht, die das ausdrücken, worum es im Text geht. Am Ende ist die Nummer weder durchgängig in Dur noch in Moll, sie ist groß und festlich, aber gleichzeitig auch unheimlich und dunkel. Etwas Ähnliches galt auch für viele andere Stücke.

GL.de: Es heißt ja, dass jede neue Platte eine Reaktion auf die vorherige ist. "All Your Favorite Bands" war eine echte Gitarrenplatte, jetzt hast du gerade gesagt, dass ihr bei manchen Stücken Gitarren rausgeworfen habt und so speziell der Rhythmusgruppe viel mehr Raum als bisher einräumt. Hattest du das Gefühl, dass du nach vier Platten deinen Standpunkt klar gemacht hast und deshalb den Kollegen das Rampenlicht leichter überlassen konntest?

Taylor: Da triffst du den Nagel auf den Kopf. Auf der vorangegangenen Platte gab es eine Menge Gitarren und das war richtig gut für unsere Konzerte, aber dadurch wurde ziemlich verschleiert, wie großartig der Rest der Band ist. Dieses Mal hatte ich einfach nicht den Drang, die Songs mit Gitarren vollzustopfen. Ich habe die neuen Songs nicht geschrieben und gedacht: "Oh, hier würde sicher ein Gitarrensolo gut passen." Ich dachte eher: "Hier würde ein Solo gut passen, schauen wir mal, wer es am Ende spielt." Ein wichtiger Unterschied war natürlich auch, dass wir mit Lee einen neuen Keyboarder haben, der einfach unglaublich gut ist. Da wollte ich natürlich die Chance ergreifen, ihn in den Vordergrund zu rücken, etwa bei "Roll With The Punches", wo er den Riff spielt. Überhaupt spielen die Keyboards dieses Mal eine größere Rolle als je zuvor, was für mich eine ziemlich große Sache war. Es war dieses Mal überhaupt kein Problem für mich, mich zurückzuziehen und das Feld den Keyboards und dem Bass zu überlassen.

GL.de: Apropos Zurückziehen: Auffällig ist auch, dass die meisten der Lieder dieses Mal Gemeinschaftskompositionen sind, viele mit eurem Produzenten und deinem alten Bandkollegen Blake Mills, einige aber auch mit dem früheren Rilo-Kiley-Drummer Jason Boesel. Offensichtlich war dir auch dort der Input von außen sehr recht?

Taylor: Nun, Songwriting lässt sich so schwer quantifizieren. Manche Lieder, wie "Picture Of A Man" oder "When The Tequila Runs Out" sind Gemeinschaftsarbeiten im klassischen Sinne, wo sich zwei Songwriter - in diesem Falle Jason und ich - gegenübersitzen und zusammen etwas auf die Beine stellen. Einige der Kollaborationen mit Blake waren ähnlich, aber oft waren seine Beiträge viel kleiner. Unter "For No Good Reason" zum Beispiel steht "Geschrieben von Taylor Goldsmith und Blake Mills", aber als ich ihm den Song zum ersten Mal zeigte, war er bereits fertig und er meinte nur: "Wie wär's, wenn wir hier zu einem anderen Akkord wechseln?" Das war eine wichtige Änderung, die ich nicht kleinreden will, und er verdient die Anerkennung dafür, aber es war nicht die typische Songwriting-Situation, wo man sich gegenseitig die Bälle zuwirft. Es war oft eher technisch und strukturell.

GL.de: Es gibt ja diese schönen Geschichten über Bands wie Aerosmith, die professionelle Songwriter an Bord geholt haben, die manchmal nur ein Wort verändert haben und dafür an den Einnahmen beteiligt wurden!

Taylor: Songwriting ist wie der Wilde Westen, es gibt überhaupt keine Regeln. Wenn ich zu Blake gesagt hätte: "Danke für die Vorschläge zu den Akkordwechseln, aber als Songwriting möchte ich das nicht bezeichnen", dann hätte er nichts dagegen machen können. Dass es für so etwas keine klaren Gesetze gibt, ist schon schräg. Wenn man sich die Welt der Popmusik anschaut - bei Taylor Swift wird ja bei jedem Song um die Verteilung gefeilscht, und seien es nur zwei Prozent! Bevor ich jetzt mit Blake zusammengearbeitet habe, gab es immer nur zwei Möglichkeiten für mich: Entweder ich habe die Credits allein beansprucht, oder ich habe 50/50 gemacht. Das ist ein spannendes Thema!

Dawes
GL.de: Du hast gerade schon euren neuen Keyboarder Lee gelobt. Wie hat sein Einstieg die Chemie innerhalb der Band verändert?

Taylor: Der größte Unterschied ist sicherlich, dass Lee jetzt der beste Musiker in der Band ist. Das ist ein neues Gefühl für mich, weil ich nun erstmals jemanden habe, von dem ich mir eine Menge abschauen kann. Vor einigen Platten war ich die alleinige treibende Kraft, derjenige, der den anderen ständig Vorschläge machte, was sie spielen könnten. Jetzt sind wir als Musiker alle gewachsen und wir haben Lee, und das hat zur Folge, dass die Band nun wirklich eine eigene Identität entwickelt hat, die ich nicht mehr kontrollieren kann. Das gab es früher nicht, aber ich finde es großartig, das wir das nun haben.

GL.de: Ist dir das leichtgefallen, die Verantwortung abzugeben?

Taylor: Ja, denn zuvor habe ich mich viel zu viel mit Dingen beschäftigt, die letztlich egal sind. Schau dir doch nur mal die besten Platten von Leonard Cohen oder Bob Dylan an. Offenbar schreiben sie die Songs und zeigen sie ihren Musikern, dann lassen sie los und sagen: "Es ist, was es ist." Wenn du auf deine Mitstreiter und den Prozess vertraust und dir keine Sorgen machst, ob die Kickdrum richtig klingt oder ob das der richtige Harmoniegesang ist, dann stößt du zu dem vor, was wirklich zählt: Ist der Song gut und holt die Band das aus der Nummer, was du damit sagen willst? Solange das funktioniert, sind die kleinen Details nebensächlich!

GL.de: Letzte Frage: Was macht dich als Musiker derzeit am glücklichsten?

Taylor: Ich finde es toll, dass wir derzeit so produktiv sind und zwei Platten innerhalb von zwei Jahren gemacht haben. Viele meiner Lieblingskünstler können auf ein großes Gesamtwerk zurückblicken. Das bedeutet, dass man eine wirklich tiefe Beziehung zu ihnen aufbauen kann, weil es so viele Songs und Platten gibt. Mein Traum ist, dass wir irgendwann an dem Punkt sind, an dem jemand Dawes zum ersten Mal hört und dann nicht nur fünf, sondern vielleicht zehn oder sogar 15 Alben entdecken kann. Dass wir derzeit so schnell arbeiten, ist deshalb sehr aufregend für mich!

Weitere Infos:
dawestheband.com
www.facebook.com/Dawestheband
Interview: -Simon Mahler-
Fotos: -Pressefreigabe-
Dawes
Aktueller Tonträger:
We're All Gonna Die
(HUB Records/Warner Music)
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