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JULIANNA BARWICK
 
Das große Abenteuer
Julianna Barwick
Es sei die schnellste eMail gewesen, die sie je geschrieben habe, sagt Julianna Barwick. "Ja!", war alles, was sie schrieb, als Alex Somers, der Partner von Sigur Rós-Vordenker Jónsi, sie nach Island einlud, um dort ihr viertes Album, das dieser Tage erscheint und auf den Namen "Nepenthe" hört, in Reykjavik gemeinsam aufzunehmen und zu produzieren. Die Offerte anzunehmen bedeutete eine 180-Grad-Kehrtwendung für die Amerikanerin mit dem Faible für verhallte Ambient-Sounds. Bislang hatte sie ihre universell gelobten Werke stets allein im stillen Kämmerlein produziert. Als unwiderrufliche Abkehr vom DIY-Ethos will sie ihr neues Werk aber dennoch nicht verstanden wissen.
"Oh, nein! Ich kann mir durchaus vorstellen, meine nächste Platte wieder allein daheim im Schlafzimmer aufzunehmen", erklärt die sympathische Amerikanerin, als sie Gaesteliste.de in Berlin Rede und Antwort steht. "Es war keinesfalls so, dass ich die Nase voll hatte von der DIY-Herangehensweise und froh gewesen bin, sie hinter mir zu lassen. Ich bin gerne die Einsiedlerin, die alles allein macht und alles unter Kontrolle hat. Als Alex mir allerdings die Chance bot, die Platte mit ihm in Island zu machen, wusste ich sofort, dass es töricht wäre, dieses Angebot auszuschlagen."

Trotzdem war der Trip nach Reykjavik keine Impulshandlung. "Alex und ich haben ungefähr ein Jahr über das Projekt gesprochen, bevor ich mich auf den Weg gemacht habe", verrät sie. "Da wusste ich dann bereits, dass ich einen echten Draht zu Alex hatte, der ein wundervoller, liebenswerter Mensch ist. Ich wusste also schon, dass es kein Problem sein würde, ihn in meine Arbeit einzubinden. Ich bin vollkommen unvoreingenommen an die Sache herangegangen, denn ich wollte für diese neue Erfahrung komplett offen sein. Ich dachte mir: Versuch's einfach mal, womöglich gefällt's dir ja!"

Als "Abenteuer" bezeichnet sie die Sessions in Island, die trotz eines gewissen Gefühls der Isolation in einem fremden Land und der Tatsache, dass sie während der Aufnahmen auch noch den Tod eines Familienmitglieds zu verarbeiten hatte, ungemein fruchtbar waren. Der Aufenthalt in Island zeigte ihr zudem, wie wichtig die Umgebung für ihre Kunst sein kann. "Früher habe ich immer gedacht, dass es egal ist, wo meine Musik entsteht", gesteht sie. "Jetzt aber weiß ich, dass das nicht stimmt. In meiner Wohnung in Brooklyn zu sitzen oder in Island aus dem Fenster zu schauen, ist etwas ganz, ganz anderes! Die Landschaft dort ist schließlich absolut einzigartig. Auch Reykjavik selbst ist eine unglaublich hübsche Stadt und die Menschen dort sind sehr offen und herzlich. In New York sind ja alle immer in Eile und vermeiden jeden Augenkontakt. In Island herrscht eine Freundlichkeit, die ich aus New York nicht kenne."

Die Zeitlupen-Musik, die Julianna kreiert, ist zumeist wortlos, verzichtet auf den vordergründigen Einsatz traditioneller Instrumente und schöpft ihre Kraft und Schönheit stattdessen praktisch ausschließlich aus der betörend sanften, vielfach geloopten und sorgfältig geschichteten Stimme der Protagonistin, die den Hörer in eine unwirkliche, nebelverhangene Anderswelt entführt, die auf der neuen Platte vereinzelt mit dezenten Pop-Elementen ergänzt wird. Wie also kommunizierte sie mit den Gästen (darunter Róbert Sturla Reynisson (Múm) und das Streichquartett Amiina), die auf "Nepenthe" erstmals auftauchen? "Bei Róbert war es so, dass ich gar nicht viel sagen musste", erinnert sie sich. "Er kam ins Studio, hörte sich die Tracks an, an denen wir arbeiteten, und wusste sofort, was er dazu beitragen konnte und wollte. Die Songs wären fraglos ohne ihn nicht die gleichen. Ich fand es großartig, dass seine Beiträge ähnlich intuitiv entstanden wie meine. Letztlich ging es einfach darum, dass ich meine Gefühle auslebte und die Gäste das hinzufügten, was sie am besten können. Genau das Gleiche galt für Amiina. Auch da haben wir ihnen keinesfalls Noten vorgesetzt, sie haben sich unsere Aufnahmen angehört und einfach dazu gejammt. Sie waren nur einen Tag im Studio, aber es war wundervoll, wie spontan alles funktionierte. Etwas aus dem Stegreif zu kreieren, ist eh mein Ding. Wenn ich die Arrangements zuerst niederschreiben muss, macht mich das unglücklich."

Glücklich dagegen macht sie das Level des Erfolgs, das sie inzwischen erreicht hat. Im Herbst steht ihre bislang größte Tournee an, und schon im Sommer bekam sie einen Vorgeschmack auf das, was sie erwartet. So durfte sie nicht nur beim dieses Mal unter der Ägide von Yoko Ono stehenden Meltdown Festival in London auftreten, sondern die Kuratorin auch persönlich kennenlernen. Ist sie bisweilen selbst überrascht davon, in welchen Sphären sie sich inzwischen bewegt? "Oh ja, vollkommen!", gibt sie unumwunden zu und unterstreicht, dass nichts davon für sie selbstverständlich ist. "Das, was ich tue, mache ich, weil ich es liebe und vollkommen darin aufgehe. Dass ich durch meine Musik jemanden wie Yoko Ono kennenlernen durfte oder jetzt innerhalb von drei Tagen drei verschiedene Länder bereise, ist mehr, als ich mir in meinen kühnsten Träumen hätte ausmalen können!"

Weitere Infos:
www.juliannabarwick.com
www.facebook.com/JuliannaBarwick
twitter.com/juliannabarwick
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Julianna Barwick
Aktueller Tonträger:
Nepenthe
(Dead Oceans/Cargo)
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