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STUDIO GRANDE
 
Blumfeld und die Folgen
Studio Grande
Da flatterte uns doch neulich unerwartet diese ausgezeichnete deutschsprachige Schrammelrock-Scheibe von dieser Kombo Studio Grande ins Wohnzimmer. Da lohnte es sich doch mal, nachzuforschen, wer dahintersteckt. Das ist zunächst mal Kai Berner, seines Zeichens Sänger und Kopf der Gruppe. Er ist ggf. im Zusammenhang mit seiner alten Band, den Birdy Num Nums bekannt. Die sangen nun englisch. Schon aus diesem Grund lohnt es sich, mal nachzufragen, warum und wieso eine solche Platte wie eben Studio Grande heutzutage einfach möglich ist. Viele der aktuellen deutsschsprachigen Bands gehen da immer gleich auf Abwehrstellung, aber seien wir doch mal ehrlich: Das Sprachempfinden der Rockmusik ist nun mal gewohnheitsgemäß weniger deutsch. Schon alleine deswegen, weil es nach wie vor viel zu wenige Bands wie Studio Grande gibt, ist es eben nach wie vor nicht selbstverständlich, Rockmusik mit deutschen Texten zu machen.
Studio Grande
Bei Studio Grande war das nun so, daß die Sache hier von einigen Stücken ausging, die Kai geschrieben hatte. Aber die Band hatte auch ein paar interessante Theorien in Bezug auf die "Deutschtümelei" auf Tasche. So meinte Bassist Jockel Uerschel (seines Zeichens u.a. auch Fan elektronischer Musik), daß dies auch daher rühre, daß es mittlerweile durch die deutssprachige Rapmusik einen gesteigerten Bedarf an deutschen Texten gäbe und auch somit auch eine neue Selbstverständlichkeit mit dem Umgang der Sprache. Drummer Peter Günnen sah es so, daß viele deutsche Bands quasi durch die Hintertür wieder zur deutschen Sprache gefunden haben. Durch die jahrelange, intensive Beschäftigung mit amerikanischer Independent-Musik und deren Texten, habe man dann irgendwann mal realisiert, daß man sowas auch auf deutsch machen könne. Da ist schon was dran!

"Immerhin haben die Amis ja auch ein ganz anderes Verhältnis zu Texten", ergänzt Kai, "da wird nicht soviel analysiert und es kommt auch nicht darauf an, jedes einzelne Wort zu verstehen." Was auch noch als Problem angesehen werden kann, ist die Tatsache, daß die deutsche Sprache eindeutiger ist als die englische. Im Englischen lassen sich viele Dinge unverbindlicher - somit mit mehr Freiraum für Interpretationen - und letztlich einfach eleganter ausdrücken.

Auf die Frage, ob es denn für ihn als Sänger überhaupt eine Rolle spiele, in welcher Sprache er sich ausdrücke, meint Kai: "Das ist schon ein großer Unterschied. Deutsch ist nämlich ätzend schwer zu singen. Wir haben so viele Konsonanten in der Sprache. Da mußt du sehen, daß Du die Worte irgendwie verbindest. Und das darfst Du dann nicht übertreiben, damit es nicht peinlich klingt."

Studio Grande
Das Rezept von Studio Grande ist es hierbei, mit einer gewissen Naivität an die Sache heranzugehen: "Wenn Du Dich wie ein 10-jähriger ausdrückst", erläutert Peter, "dann verfliegt sowieso schon mal jeder Eindruck von Peinlichkeit." Das soll nun nicht heißen, daß Studio Grande infantiles Zeug machen. Es ist aber andererseits auch nicht kopflastig - etwa wie die Hamburger Schule. In diesem Zusammenhang interessiert natürlich noch, wie das neue Blumfeld-Album gefällt.
"Das finde ich recht gut", lobt Kai, "da hat der Distelmeyer etwas von seiner Kopfschwulheit abgelegt. Das finde ich positiv. Die Idee mit dem Kinderchor hatte ich übrigens auch schon mal." "Nur ist es ja hierzulande nicht ganz unproblematisch mit Kindern etwas zu machen", mahnt Jockel ganz richtig.

Was die Musik betrifft, so können Studio Grande mit einigen pfiffigen Ideen aufwarten. Da gibt's neben einem rauhen, schrammeligen Sound (Guido Lucas), wie man ihn hierzulande immer noch viel zu wenige findet, leckere Zutaten mit allerlei Synthesizern und Mellotron-Setting (das Keyboarder Jan Gericke aus dem Internet gezogen hat) und Streichern und Machen und Tun. Da darf es auch mal etwas mehr sein. Z.B. bietet die Band live einen beeindruckenden Wall of Sound. Es gibt da neben Feedback auch jede Menge analog zwitschernden White Noise. Auf Kai's Gitarre liegt zudem ein Endlos-Loop mit Feedback von Lou Reed's "Full Metal Heart" Platte. Auf die Frage, was die Idee dabei ist, erwiedert Kai, daß er immer schon auf Barry White, Boney M. oder Jeff Lynn gestanden habe (dem er auch ein Stück auf der Platte widmete). Fest steht jedenfalls, daß sich Studio Grande nicht eingrenzen lassen möchten. So werden dann z.B. auch songwriterisch alle möglichen Ideen umgesetzt. Die Tracks entstehen dabei in Gemeinschaftsarbeit beim Proben, denn - so Kai: "Mehrere Köpfe leisten mehr als einer". Studio Grande (= ital. Großer Raum - der Name stammt aus einem Beach Boys Video) sehen sich hierbei ganz eindeutig und zurecht als Kollektiv.

Neben der obligaten Tour planen Studio Grande noch ein Cover für einen geplantes Nick Drake Tribute-Album aufzunehmen. Das dürfte angesichts der prinzipiellen Unmöglichkeit dieses Unterfangens recht spannend werden. Und wenn das nicht klappt, können sie ja immer noch ein Stück der weltbekannten Schweizer Band "Der böse Bub Eugen" covern. Eine Idee, mit der Kai seit langem schwanger geht...

Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Studio Grande
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Studio Grande
(DayGlo/SPV)
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