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GRINDERMAN
 
Nicht neu
Grinderman
"Grinderman 2" heißt das neue Werk von Nick Cave, Warren Ellis, Martyn Casey und Jim Sclavunos, und der Titel macht schon deutlich, dass die vier Herren von den Bad Seeds mit diesem Werk da weitermachen, wo der selbstbetitelte Erstling vor drei Jahren aufgehört hat. Dennoch ist die neue Platte natürlich keine Kopie der ersten. Urgewaltig gibt sich das Quartett zwar auch dieses Mal, doch während das Debüt raubeinig und ungehobelt daherkam und praktisch ohne echte Verweise auf die Bad Seeds auskam, finden sich auf der neuen Platte schon einige klangliche Querverbindungen zur "anderen" Band des Quartetts.
Da stellt sich gleich zu Beginn natürlich die Frage, ob das bedeutet, dass das Debüt damals künstlich beschnitten wurde, um den Kontrast zwischen den beiden Bands größer erscheinen zu lassen. "Nein!", erwidert Cave beim Gespräch mit Gaesteliste.de. "Auf der ersten Platte waren elf Songs und wir hatten zwölf. Es gab vielleicht noch eine weitere B-Seite, aber definitiv keinen großen Überhang an Songs. Die Nummer, die vom ersten Album übrig geblieben war, haben wir für das neue noch einmal aufgenommen, aber sie hat es wieder nicht auf die fertige Platte geschafft."

Interessant ist, dass "Grinderman 2", trotz der langjährigen Zusammenarbeit der vier Musiker bei den Bad Seeds, gewissermaßen wie ein typisches zweites Album klingt, auf dem die Band einerseits an die Stärken des Debüts anknüpft, andererseits ihr Potenzial mehr auszuschöpfen beginnt und neue Wege geht. "Es geht uns natürlich nicht darum, 'neu' zu klingen", stellt Cave klar. "Im Mittelpunkt steht immer der Song selbst. Er muss Herz und Seele haben. Nimm zum Beispiel nur einmal die Neubauten. Abgesehen von ihren Experimenten mit Klängen und der Tatsache, dass sie sich weit vorgewagt haben und man so etwas noch nie gehört hatte, hatten sie - im Gegensatz zu vielen anderen Noise-Bands - auch immer viel Seele. Jeder ihrer Songs hatte seine Bedeutung, es waren nicht nur abstrakte klangliche Diskurse. Das macht die Neubauten zu einer großartigen Band!"

Auffällig ist auch, dass sich auch beim zweiten Album die - im positiven Sinne - dahingeworfenen Texte von Grinderman deutlich von den sorgsam ausgefeilten Texten der Bad Seeds-Platten unterscheiden. "Ja, die Texte von Grinderman sind ohne Frage direkter", bestätigt Cave. "Ich versuche hier vor allem, anders zu singen. Eine der Möglichkeiten, das zu erreichen, ist, auf andere Art und Weise Texte zu schreiben, als ich das bei den Bad Seeds tun würde. Bei den Bad Seeds bin ich ja - zumindest anfangs - ganz allein. Deshalb sind die meisten dieser Texte etwas tiefgründiger und introspektiver. Bei Grinderman ist vieles ad-lipped, vieles entsteht auch in der Gegenwart anderer Menschen. Ich glaube sogar, dass diese Texte auf einem bestimmten Level das kollektive Bewusstsein der Band widerspiegeln. Es ist böse! Die Atmosphäre, die viele Songs musikalisch (nicht textlich!) heraufbeschwören, legt schon nahe, dass sich hier Übles abspielt. Es gibt viel Spannung, Beklemmung und Gewalt. Das gilt zwar nicht für alle Songs, aber die, denen dieses Gefühl fehlt, sind strategisch so über die Platte verteilt, dass die folgende nächste Attacke noch effektiver ist."

Die Reihenfolge der Lieder auf "Grinderman 2" ist so gewählt, dass einen sehr losen roten Faden gibt, dem man von einem Song zum nächsten folgen kann. "Außerdem haben wir versucht, die Reihenfolge der Platte so zu gestalten wie die Setlist eines Live-Konzerts", verrät Cave. "Das war allerdings nicht von Anfang an klar. Unseren ersten Versuch einer Reihenfolge haben wir komplett über den Haufen geworfen. Wir geben uns bei solchen Dingen heute zunehmend Mühe, egal ob bei den Bad Seeds oder bei Grinderman. Wir kümmern uns viel intensiver um die Details der Dinge, die sich dem eigentlichen Aufnahmeprozess anschließen. Das ist eigentlich völliger Unsinn, weil heutzutage eh niemand mehr Platten kauft oder sie in der vom Künstler gedachten Reihenfolge anhört. Wer sich Alben digital herunterlädt, sieht ja womöglich nie das Cover oder das Booklet, in das du so viel Liebe investiert hast."

Das Artwork zur neuen Platte, die Grinderman im Oktober übrigens auch auf deutschen Bühnen vorstellen werden, stammt von einer deutschen Künstlerin. Wie kam das denn bitte zustande? "Ich bin nicht aktiv auf der Jagd nach neuen Talenten", erwidert Cave grinsend. "Zumeist stolpern wir einfach über sie. Bei Ilinca Höpfner war es so, dass sie noch studiert, und sie sandte einfach ein Uni-Projekt ein. Einige Zeit später hab ich sie dann einfach zu Hause angerufen: 'Hallo, hier ist Nick Cave' - 'Neeein!' - 'Möchtest du unser Cover gestalten?' Sie brachte unglaublich viel Hingabe, Engagement und Energie in dieses Projekt ein. Mit Energie meine ich, dass du sie fragen konntest, ob sie etwas bis morgen fertig haben könnte, und um vier Uhr morgens hattest du es schon auf dem Tisch, weil sie die ganze Nacht auf gewesen war und daran gearbeitet hatte. Viele ältere Menschen würden die Arbeit kaum mit so viel Hingabe angehen!"

Weitere Infos:
www.grinderman.com
www.myspace.com/grinderman
de.wikipedia.org/wiki/Grinderman
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Deirdre O'Callaghan-
Grinderman
Aktueller Tonträger:
Grinderman 2
(Mute/Rough Trade)

 
 

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