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Interview-Archiv

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EUROS CHILDS
 
Der Kindskopf
Euros Childs
Der Mann mit dem vergleichsweise ungewöhnlichen Namen ist einer der Masterminds von einer Band mit einem vergleichsweise noch ungewöhnlicheren Namen: Nämlich von Gorky's Zygotic Mynci, die ja bekanntlich so etwas sind wie die walisische Speerspitze des Antifolk. (In dem Sinne, dass bei den Gorky's im Prinzip alles möglich ist.) Oder waren? Denn der Grund für Euros' "Chops" ist die unsichere Zukunft der Gorky's, wie er uns selbst berichtet: "Der Grund, warum ich eine eigene Scheibe gemacht habe ist der, dass wir bei den Gorky's beschlossen haben, eine Auszeit zu nehmen", erklärt Euros (sprich "E-juros"), "wir beschlossen, dass es für eine ganze Weile keine neue Scheibe und keine Konzerte geben sollte. Das heißt nicht unbedingt, dass die Band am Ende ist, aber es gibt momentan keinen Zeitplan für weitere Aktivitäten. Ich hatte also viel Freizeit und wollte mich selbst beschäftigen."
Euros nutzte dann die Chance, alles alleine zu machen, nicht wahr? "Nun, ich begann mit meinem Vierspur-Cassettenrecorder und dachte gar nicht darüber nach, dass ich aus dem Zeug ein Album machen würde. Es waren mehr so eine Art Demos. Das machte aber ziemlich viel Spaß, so dass ich das Material ins Gorky-Studio schleppte und über einen Zeitraum von fünf Monaten nahm ich dann ungefähr zwei Wochen insgesamt dort auf - und da hatte ich auf einmal meine Scheibe." Und diese enthält dann ein buntes Potpourri fröhlich-schräger Popsongs, bei denen insbesondere die vielseitigen Arrangements erfreuen, die zwar nicht ganz so verrückt geraten sind, wie die seiner Band, aber immer noch ziemlich abenteuerlich. "Ich wollte eine Scheibe mit vielen Ebenen machen und dann diese zuweilen herunterbrechen auf ganz simple Stücke mit Stimme und Piano", erläutert Euros das Prozedere, "das sollte die Spannung aufrecht erhalten und die Scheibe interessant machen. Ich glaube, bei den Gorky's haben wir das auch gemacht. Und übrigens ist es viel schwerer, die Arrangements simpel und einfach zu halten, als immer neues Zeug anzuhäufen! Es ist meine Art, Popmusik zu machen." Was auf Euros' Scheibe auffällt, ist der vermehrte Einsatz von (zumeist analogen) Synthesizern. So etwas hat es bei den Gorky's nicht unbedingt gegeben. "Das liegt daran, dass ich ein besserer Keyboardspieler als Gitarrist bin", lacht er, "ich mag es zwar, aber ich kann mit den Keyboards interessantere Ergebnisse erzielen. Aufgrund dessen gibt's auf der Scheibe mehr Raum für Synthesizer. Bei Gorky's haben wir ja immer die anderen Instrumente gehabt." Gab's ein gewisses Soundkonzept? "Ich glaube schon. Einige Songs wie 'First Time I Saw You' habe ich mit der Maschinerie im Hinterkopf geschrieben. Das war sehr interessant. Das ergab dann einen gewissen Sound: Ich versuchte mich selbst zu unterhalten. Das waren dann bestimmte Eingebungen, denen ich folgte. Es gab aber keinen Masterplan. Jedenfalls ist es nicht etwa der Versuch, Tanzmusik oder so etwas zu machen." Warum heißt das Album "Chops" (Stücke)? "Och, das Wort gefiel mir einfach", führt Euros aus, "das Album wirkt ja doch irgendwie zusammengestückelt - vielleicht wegen der kurzen Stücke, die das Album durchziehen." Was ist denn die Funktion der ganz kurzen Songs, die zuweilen deutlich unter einer Minute lang sind. "Ich denke, dass ich immer schon kurze Songs gemocht habe", meint Euros, "ich glaube auch, dass diese vollkommen unterbewertet sind. Kurze Songs haben keine Lobby und werden abschätzig als nicht vollwertig betrachtet. Ich dachte aber immer, dass auch kurze Songs ihre Berechtigung haben und vollwertig sein können. Es gibt z.B. drei Versionen des Songs 'Stella Is A Pigmy' auf der Scheibe, die jeweils nur 25 Sekunden lang sind. Wenn wir die live spielen, fassen wir alles zusammen und spielen eine ausführliche Fassung, aber auf der Scheibe sind sie genau richtig. Ich finde das sehr interessant."
Euros Childs
Das bringt uns dann gleich zu den Charakteren, die sich auf Euros' Scheibe tummeln. Neben Stella, der Pygmäin gibt es noch Costa Rita, Billy die Seemöve, es gibt Donkey's Island, Surfer und Circus-Clowns. Das ist ja eine ganze Menagerie. "Ach weißt du, das kommt einfach von den Geschichten, die ich erzähle. Costa Rita ist z.B. ein vertonter Liebesroman. Ich mag es, die Songs wie kleine Theaterstücke oder Geschichten zu sehen. Ich mag es, Charaktere zum Leben zu erwecken und mir auszudenken, was diese erleben und wer sie sind." Das - zusammen mit Euros heiter daherpolternden Melodien - ist doch eigentlich das rechte Material für Kinderlieder, oder? "Da sagst du was", stimmt Euros zu, "ich habe mir immer gedacht, dass es schwierig wäre, Kinderlieder zu schreiben. Die Melodie muss sehr gut und interessant sein." Auf "Chops" gibt es drei Songs, die Euros auf walisisch vorträgt. Worum geht es denn dabei? "Nun, der erste, 'Dawnsio Dros Y Mor', heißt übersetzt 'Dancing Across The Sea'. Der Song hat keine Story, sondern handelt davon, sich im Sommer gut zu fühlen. 'Cynhaeaf' heißt 'Ernte' und der letzte, 'Hi Mewn Socasau', handelt von einem Mann aus einem Dorf und spielt 1869. Der Mann braucht ein Hufeisen für sein Pferd und geht zum örtlichen Schmied und hat eine Affäre mit dessen Frau." Das klingt ja nach einem klassischen Folksong? "Ich mag Folk-Musik und ich mag die Geschichten von Folk-Songs", schwärmt Euros, "da nehme ich viele Inspirationen her. Es sind tolle Songs." Was ist die Bedeutung von Folk-Songs? "Für mich liegt die Bedeutung darin, dass man nicht immer sicher sein kann, worum es in den Folk-Songs geht", verrät Euros, "und das ist die Art, in der ich selbst auch Songs schreibe." Was ist in diesem Sinne dann die Funktion seiner Musik für Euros? "Die Funktion ist, mich mit meiner Musik zu erfreuen und hoffentlich auch das Publikum - ob es nun meine Freunde sind oder in deiner besseren Welt mehr als meine Freunde. Das ist es auch schon. Meine Songs sind für mich so gehaltvoll wie ein Coldplay-Song oder ein Dido-Song. Auch 'Stella Is A Pigmy' ist so wertvoll wie ein Song über eine Beziehung oder einer der davon handelt, dass du mit dem Auto eine Panne hast. Man muss die Texte nicht verstehen, um Musik genießen zu können. Das, was mir dabei am meisten Spaß macht, ist mit anderen Musikern aufzutreten. Gerade habe ich eine Band zusammengestellt - ein Trio - und wir treten live auf. Die Herausforderung ist für mich eher, eine Scheibe einzuspielen - auch wenn sich das Ergebnis dann ziemlich unbeschwert anhört. Es steckt aber eine Menge Zweifel und Hinterfragen, Versuch und Irrtum dahinter. Wenn es klappt, dann hört es sich einfach und leicht an. Wenn die Melodie und der erste Vers gefunden sind, dann erst beginnt der Spaß an der Arbeit. Ich achte immer darauf, den Song fertig zu haben, wenn ich ins Studio gehe, um mich dann auf die technischen Details konzentrieren zu können." Wie geht es denn weiter, wird es weitere Euros Childs-Scheiben in dieser Art geben? "Ich glaube nicht, dass es noch eine Scheibe geben wird, die ich selber fast komplett alleine mache. Das ist eine Scheibe, wie sie nur gelegentlich funktioniert. Das würde mich jetzt nicht noch mal reizen. Dazu arbeite ich zu gerne mit anderen Musikern zusammen." Das heißt: Es gibt also vielleicht doch noch eine Hoffnung für Gorky's Zygotic Mynci...
Weitere Infos:
www.euroschilds.com
www.gorkys.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Euros Childs
Aktueller Tonträger:
Chops
(Wichita Recordings/Cooperative Music/Rough Trade)
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