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ROBERT PLANT
 
Jetzt wird umgeräumt!
Robert Plant
"Oha, an so was bin ich aber normalerweise nicht gewöhnt", meint Robert Plant, als er den Konferenzraum betritt, in dem ihn eine ganze Horde Journalisten erwartet, die gerade sein neues Album "Mighty Rearranger" vorgespielt bekommen haben. Es ist eine Situation wie aus der Glitzerwelt der Superstars. Nun mag Robert Plant ja in den Augen vieler Fans durchaus mal ein goldener Gott gewesen sein - als Star, betrachtet er sich heutzutage aber offensichtlich nicht mehr wirklich. Irgendwie, so hat man den Eindruck, ist Robert Plant heute die Musik wichtiger denn je. Wichtiger jedenfalls, als der ganze Zirkus drumherum. Nicht nur, aber auch weil er mit seinem betont proletarischen Braunstreifenpulli und Schlabberjeans so gar nicht glitzermäßig aussieht.
Robert ist einen Tag nach Karneval in Köln und draußen sind noch vereinzelt die Nachwehen zu verspüren. "Heh, ich wusste gar nicht, dass ihr einen Mardi Gras hier in Köln habt", scherzt er, "das ist ja cool. Das ist ein heidnisches Ding, wisst ihr das eigentlich? Demnächst legt ihr demnächst wohl auch Weihnachten noch auf das richtige Datum, was?" Nun ja, eigentlich müsste sich der ehemalige Led Zeppelin Frontmann mit Frohsinn aller Art doch bestens auskennen, oder? "Ich weiß durchaus, wie man 'Party' schreibt", erinnert er sich, "das haben wir damals in großen Kokain-Buchstaben auf einem Spiegel buchstabiert. Heutzutage heißt es jedoch: Gesundes Leben und früh zu Bett." (Später verabschiedet er sich sogar mit den Worten "Schlafen sie gut!") Natürlich hat Robert Plant irgendwo auch mal mit der Vergangenheit abgeschlossen. Das thematisiert er sogar auf einem der neuen Stücke namens "Tin Pan Valley", in dem er sich darüber mokiert, dass einige seiner Kollegen, auf der "Memory Lane" stecken geblieben sind. Jemand bringt die Problematik auf den Punkt, indem er sagt, dass Robert quasi in der Position eines Schauspielers sei, der in eine neue Rolle schlüpfen müsse. "Das stimmt schon irgendwie", räumt er ein, "man durchläuft da verschiedene Abschnitte. Zum Beispiel gibt es da den 'Lederhosen-Moment'. Wann ist der richtige Zeitpunkt, diese besser wegzulassen? Ich hatte mal gedacht, man könnte ewig Hosen aus Leder tragen - aber man kann nicht! Ich habe die Fotos gesehen. Zugegeben: Ich wollte mal, dass die Ära nie endet. Aber nicht nur aus musikalischen Gründen, sondern weil ich dachte, dass die Jugendkultur von damals eine soziale Verantwortung hatte. Ich war damals ein Frontman und kein Folk-Poet. Wenn du in einer Band spielst, in der es zehnminütige Gitarrensoli gibt, dann suchst du dir Dinge, die du auf der Bühnen tun kannst. Und irgendwann wurde ich dabei zu einer Puppe, ohne es zu merken. Das kann man nicht ewig beibehalten. So wie die Zeit voranschreitet, musst du dich verändern und auch rechtfertigen, was du tust. Wenn ich heutzutage immer noch das machen würde, was ich früher machte, dann gäbe es heute keinen Platz mehr für mich. Ein straighter Rock'n'Roll-Sänger hätte nicht die Möglichkeiten, die ich heutzutage habe. Man darf nicht Teil einer Jukebox werden, man muss sich ändern. Ich kann das Erbe ein wenig verwalten, das ist es dann aber auch schon." Was ein ziemlich deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung von Oldies-Bands aller Art ist. Robert, so scheint es, lebt lieber im hier und jetzt. "Nun, ich sehe niemals am Tag fern", führt er das aus, "weil ich der Meinung bin, dass man draußen sein muss, wenn es hell ist. Ich bin aber immer an dem interessiert, was musikalisch passiert. Nimm z.B. den Seattle Sound, Nirvana und so. Am Anfang war das aufregend, aber irgendwann wurde das zu einer Blaupause, wo jeder die Strophen flüsterte und dann einen brachialen Refrain reinhaute. Als ich mit Jimmy Page 1968 begann, da ging es immer um das Experimentieren und das Suchen nach neuen Möglichkeiten. Das ist für mich heute immer noch so. Ich habe ja niemals 'Coffe Table'-Musik gemacht. Es gibt heutzutage auch keinen Grund für mich, meine Existenz damit zu rechtfertigen, den leichten Weg zu nehmen. Dann könnte ich lieber Tennis spielen - das wäre spannender. Sicher, ich wäre gerne noch mal ein 'Big Cheese'. Aber irgendwo bin ich das auch - zumindest für mich selber und in mir selber. Es gibt also keinen Grund, mich zu beklagen, wenn ich auf meine Karriere zurückblicke... Das heißt, ich betrachte es eigentlich gar nicht als Karriere sondern als fantastisches Geschenk. Jedenfalls hätte ich mir das niemals träumen lassen, als ich '63 im Vorprogramm von Gene Vincent & The Pennies anfing." Was ist denn heutzutage das Ziel von Robert Plant? "Das Ziel, das mir geblieben ist, ist das", meint er und weist mit großer Geste in Richtung der Stereo-Anlage, auf der soeben sein neues Werk gelaufen ist. "Die Musik. Das ist meine Visitenkarte. Die inspiriert mich, die lässt mich fokussieren. Wisst ihr, als in den 60ern die Musiker nach Osten schauten - George Harrison mit Ravi Shankhar usw. - da war es nur der spirituellen Elite möglich, die Musik verschiedener Kulturen zu verbinden. Jimmy und ich haben das ja auch gemacht. Heutzutage ist das sehr viel einfacher und befriedigender. Die Musik ist zu einem multikulturellen Hybriden geworden. Wenn ich also z.B. mit dem Blues Idiom spiele, wie z.B. in 'Somebody's Knocking', dann kann ich das ganz befreit tun und es als wunderschöne Referenz verwenden. Es gibt so viel zu tun... Es ist heutzutage einfach einfacher Musik zu vermischen und es hilft auch kulturell. Wenn es dir gelingt, dass Leute - z.B. bei Konzerten - alle gemeinsam hereinkommen und gemeinsam herausgehen, dann hast du schon etwas erreicht. Zugegeben auf einem winzigen Level, aber es ist immerhin etwas."
Und einen großen Anteil daran hat Roberts neue Band, Strange Sensations, wie es scheint. "Ja, das ist beinahe so etwas wie eine musikalische Demokratie. Es ist so etwas wie eine chemische Formel. Unsere Musik verändert sich ständig. Jetzt klingt sie zum Beispiel schon wieder ganz anders. Live wird das Material sehr viel härter sein. Ich freue mich schon darauf, es bei dem Tsunami-Benefit in Bristol [zusammen mit Portishead, Massive Attack u.a.] ausprobieren zu können." Nun, 'hart' klingt die neue Scheibe doch jetzt bereits? "Ja, aber das liegt daran, dass sie bewusst despektierlich aufgenommen wurde", erläutert Robert, "auf einer richtigen Stereo-Anlage hört sie sich auch gewiss weniger hart an. Es ist aber so, dass wir zuweilen schon absichtlich ein wenig extrem klingt. Der Sound ist ein wenig verdreht, wir haben die Stimme sehr direkt aufgenommen, wir haben die Drums schon mal mono abgemischt - Dinge in dieser Art. Live wird eine andere Härte präsent sein." Und was ist das Geheimnis dabei? "Nun, wir haben als Musiker heutzutage ja weder etwas zu verlieren, noch zu gewinnen", erläutert er, "das ist ja nicht mehr so eine Konkurrenz-Situation wie in den 70ern, wo uns die Stones die ganzen Preise weggeschnappt haben. Wir können heutzutage einfach drauf los spielen. Wir haben die Scheibe bei Peter Gabriel zu Hause aufgenommen und da haben wir in diesem kleinen Schuppen geübt. Früher, bei Led Zeppelin, habe ich Rehearsals nicht gemocht. Da konntest du nie richtig hören. Es gab damals zum Beispiel noch keine Monitore auf der Bühne und ich musste den Mix mit einem Fußschalter irgendwie selber hinbekommen. Das ist ja heutzutage alles kein Problem mehr, und deswegen genieße ich die Rehearsals sehr. Es ist fast wie eine Art Brainstorming mit meinen Musikern - einfach weil alles möglich ist. Manchmal wird das auch zu viel - zum Beispiel live. Da muss ich dann schon mal die Bremse ziehen und sagen, dass wir so alle drei Stücke mal was einfaches spielen müssen, weil es sonst ausufert... Mit all dem kannst du zwar Meriten sammeln, nicht aber ein Landhaus kaufen." Was meint, dass es nicht des Geldes wegen geschieht. Ist denn die Musik auf dem neuen Album auf das Live-Konzept speziell zugeschnitten? "Teilweise ja", bestätigt Robert, "da gibt es z.B. den Track 'The Enchanter' [ein ziemlich langes Stück mit einem orientalischen Feeling]. Das hatte ursprünglich Justin Adams, mein Gitarrist, für ein Soundtrack-Projekt geschrieben. Eigentlich sollte Natacha Atlas das Stück singen. Das hat dann aber nicht geklappt. Ich habe dann gesagt: 'Wenn ihr Natacha weglasst, dann kann ich da schon etwas draus machen'. Die Sache war nur die: Das Stück basiert auf arabesk anmutenden Elementen - eigentlich einer Percussion-Schleife. Wie beendet man ein solches Stück? Deswegen haben wir uns überlegt, dieses instrumentelle Fade-Out aufzusetzen, das wir dann im Live-Kontext richtig ausbauen können." Und eine Live-Tour wird es dann vermutlich im Juli geben - wobei zusätzlich vereinzelte Konzert-Termine auch noch denkbar sind. Ein Kollege fragt, ob Robert ein Perfektionist sei? "Ich bin zu ungeduldig und reizbar, um ein Perfektionist zu sein", schränkt er ein, "ich meine, ich versuche schon die Dinge richtig zu machen. Wenn aber etwas mit drei Takes nicht klappt, dann lasse ich es lieber erst mal liegen. Die Performance ist wichtiger als Perfektion. Das war auch schon bei Led Zeppelin so. Da haben wir auch Dinge aufgenommen, wo Fehler drin waren. Das war mir aber immer lieber, als etwas fehlerloses, aber steriles aufzubereiten." Angesichts dieser fast körperlich spürbaren Begeisterung für das eigene Tun ist es natürlich müßig, das Thema Led Zep Reunion anzusprechen - was dann aber doch passiert. "Ich hatte neulich dieses Konzert in Berlin und da war dieser Typ, der mich die ganze Zeit anstarrte", erzählt Robert, "ich dachte schon, dass er einer religiösen Gruppierung angehörte oder so was. Als ich ihn dann ansprach fragte er, wann ich denn wieder mal mit Jimmy Page zusammenarbeiten wolle. Meine Antwort war: 'Sieht es etwa aus, als ob ich auf irgendetwas warte?' Wenn es also um eine Led Zeppelin Reunion geht: Sagt allen, dass sie erst gar nicht danach fragen sollen - es ist sinnlos."
Weitere Infos:
www.robertplanthomepage.com
www.robertplant.com
www.led-zeppelin.com/robertplant.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
Robert Plant
Aktueller Tonträger:
Mighty Rearranger
(Sanctuary/Rough Trade)
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