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JEROBEAM
 
Vertrauliches Frühstück
Jerobeam
Lennart A. Salomon ist mutig. Denn der Mann leistet sich einen Luxus, der zwar jedem aufrichtigen Künstler zur Ehre gereicht, jedoch jedem Marketing-Fachmann die Sorgenfalten in die Stirn treiben dürfte. Er arbeitet nämlich paritätisch an zwei verschiedenen Projekten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Da wäre zunächst mal der Elektro-Pop-Act Sono. Anfänglich als "die Pop-Musik der Zukunft" hochgepriesen, dann aber nicht so erfolgreich, dass die Plattenfirma Lennart wegen einer Nachfolgescheibe die Tür eingerannt hätte. Sein zweites Projekt, Jerobeam, ist - wie angedeutet - ganz anders geartet. Hier überraschte Lennart auf dem Heim-Label von Mardi Gras. BB zunächst mit einer kunterbunten Mischung aus Rhythm'n'Blues, Funk, Soul, Pop und Rock - angereichert mit Samples und Bläsersätzen seiner trötenden Labelfreunde. Das war so wunderlich vielseitig, dass sich unbeteiligte unwillkürlich fragten: Hat der Herr da vielleicht ein Mixtape als CD herausgebracht?
Doch weit gefehlt: Lennart ist eben einfach mutig - und mit allen Wassern gewaschen. So bringt er dieser Tage dann auch konsequenterweise (und noch vor der zweiten Sono-Scheibe) das zweite Jerobeam-Werk, "Confidential Breakfast", heraus. Dieses ist scheinbar eine Abkehr vom Anything-Goes Prinzip und eine eher straighte Angelegenheit geworden - mit knackigen Songs, einer festen Band und ruppeligem Garagenrock-Charme. Doch auch einem konsequenten Durchbeißer wie Lennart A. Salomon weht der Wind der Depression ins Gesicht, wie er freimütig einräumt. "Nun ja, die Zeiten haben sich geändert", meint er zum Beispiel und spielt damit auf die Schwierigkeiten mit der Plattenfirma an, "Ich habe erfahren wie es ist, wenn man in seiner Kreativität gebremst wird. Mit Sono habe ich ein zweites Album aufgenommen und quasi währenddessen das zweite Jerobeam-Album. Ich habe viel geschrieben, komponiert, aufgenommen etc. und lange Zeit sah es so aus, als würde das nie an die Öffentlichkeit gelangen." Das ist eine Klage, die man insbesondere immer wieder von Künstlern hört, die mit ihren Produkten in den Schubladen der Major Companies weggeschlossen werden, um computergenerierte Marktprognosen nicht etwa durch "Übersättigungen" zu gefährden. Wobei das für Mega-Seller natürlich nicht zählt. Die Beschränkung auf das dann noch Mögliche bringt aber doch für den independent agierenden Künstler auch gewisse Freiheiten mit, oder? "Auf die neue Jerobeam-Platte hat sich das auch insofern ausgewirkt, als dass sie mit einer neuen, festen Band eingespielt wurde", verrät Lennart, der mit der Debüt-Scheibe "What's The Deal?" beim Label Hazelwood ja eher als Gast hereinspaziert war, "ich muss mir jetzt nicht immer die Musiker anderer Bands 'ausleihen'. Das ist dann in der Tat eine sehr positive Entwicklung." Die neue Scheibe hört sich ja doch radikal anders an, als das Debüt. Neben den oben bereits erwähnten Konstanten fällt auf, dass es z.B. keine Samples oder Bläsersätze mehrgibt. Hat sich Lennart vielleicht mit den Kumpels von Mardi Gras überworfen? "Nein, ich habe mich nicht mit Mardi Gras. BB zerstritten", bestreitet Lennart vehement, "ich bin und bleibe deren größter Fan! Auf der vorigen MG-Platte 'Heat' durfte ich sogar ein paar Backings und kleine Extras mit aufnehmen. Das hat mich schon mit Stolz erfüllt. Und auch '29 Moonglow' ist doch wieder ein Hammer, oder? Es machte nur bei der Auswahl der Songs und diesen Arrangements keinen Sinn, alles noch mit mehr Instrumenten und Samples zu versehen. Wir hatten das Gefühl, dass die Songs auch so funktionieren. Wenn man bedenkt, dass alle diese Songs nur mit einer Stimme und einer Akustik-Gitarre geschrieben sind, dann kann man sie quasi in jedes klangliche Gewand packen, was gerade passt."
Jerobeam
Dieser Ansatz wirkte sich dahingehend aus, dass die Scheibe einen ganz spezifischen, bandeigenen Sound hat und somit dann auch einheitlicher klingt. "Weißt du, für das erste Album hat man sein ganzes Leben Zeit, für das zweite quasi nur ein paar Monate", philosophiert Lennart, "deswegen war die erste Platte vielleicht noch stilistisch breiter gefächert, weil da Songs aus verschiedenen Abschnitten meines Lebens stammten. Beim neuen Album ist der Großteil der Songs nach dem ersten Album entstanden, das heißt: Der Weg zum fertigen Song war für mich schneller zu erreichen, weil ich mir besser vorstellen konnte, wie er denn letztendlich klingen würde. Ich hatte quasi eine Referenz. Der Anspruch, den wir verfolgt haben, war der, dass deutlich zu hören sein sollte, dass hier drei Typen in einem Raum sind, um Musik zu machen und Songs zu spielen. Es ist eine komplette Live-Aufnahme, nur die Chöre und die paar Orgel- oder Kalviertöne hab ich nachträglich aufgenommen. Und das, was da auf Platte eingefangen ist, können wir jeden Abend live spielen." Gutes Stichwort: Am Abend. Ein Frühstück isst man aber doch morgens. Was ist ein "Confidential Breakfast" (außer einer netten Wortspielerei) und warum heißt die Scheibe so? "Die Scheibe heißt so, weil ich dieses Wortspiel monatelang mit mir rumgeschleppt habe und das Bild einfach gut fand. Wenn ich 'Continental Breakfast' höre, assoziiere ich damit immer eine gewisse Tageszeit, ein gewisses Licht und Hotelatmosphäre. Aber 'confidential' - also vertraulich - finde ich dabei noch angenehmer. Frühstück ist für mich die beste Mahlzeit des Tages. Wenn es denn richtig gemacht ist. Und da dies auch eine Platte ist, die man beim Frühstück hören kann, fand ich den Titel angemessen." Eine Sache fällt bei aller Liebe dann doch auf. Zwar geht die Scheibe dank des Band-Settings ja wie angedeutet ziemlich gut ab - das wird aber durch übertrieben live-mäßige, gemuffelte Vocals erkauft. "Die Stimme klingt deswegen so 'gemuffelt', weil wir eine live Atmosphäre einfangen wollten, und es nach einem alten Mikrofon klingen sollte", erklärt Lennart, "die Platte hat einen Gesamtsound und da hätten glasklare High-End Vocals nicht gut geklungen. Daher haben wir da kleine Effekte mit reingebaut, damit das Sound Design in sich schlüssig ist." Ja gut, aber dadurch kann man die Texte doch kaum noch verstehen? "Die Texte sind mir immer noch wichtig. Daran hat sich nichts geändert", meint Lennart, der zur letzten Scheibe ganz klar formuliert hatte, dass er in seinen Texten keinesfalls etwa nur labern wolle, "aber ich schreibe keine große Poesie. Es gibt ja Songwriter, die eigentlich ihre Texte vertonen, bei mir kommt das meist gleichzeitig. Aber ich will, dass man mir zuhört. Auch wenn die Stimme leicht angezerrt klingt, bin ich dennoch überzeugt, dass man meine Texte verstehen kann, weil ich nicht zu den großen Nuschlern gehöre. Die Texte werden aber auch diesmal nicht abgedruckt, denn das gibt es bei keiner Platte aus dem Hause Hazelwood. Ein paar schöne kleine Zeilen sind im Plattencover jedoch abgedruckt, und die sollen reichen." Nun gut: Was man vielleicht bei den Vocals bemängeln könnte, wird durch den Einsatz an der Rhythmusfront zweifelsohne wieder wettgemacht.
Jerobeam
Auch diese Scheibe hat - wie viele Hazelwood Produkte übrigens - einen tiereischen Groove. Wäre es nicht Gitarrenmusik, könnte man ja fast von Funk reden. "Funk ist mir unheimlich wichtig", räumt Lennart ein, "oder mehr noch: Der Groove ist elementar wichtig. Aber den kann man sowohl sehr offensichtlich, als auch sehr subtil einsetzen. Genauso ist es mit dem Rock. Ich bin sowohl mit Donnie Hathaway und James Brown, wie auch mit den Stones und AC/DC aufgewachsen. Nur wird man bei mir deswegen wahrscheinlich nie einen Song finden, der ganz straight nur eine Musikrichtung bedient. Ich hab viel zu viel Spaß daran, mir aus meinen Lieblingselementen der jeweiligen Richtung die Rosinen raus zu picken. Und ob das neue Album nicht mehr so poppig ist, kann ich nicht beurteilen. Meiner Meinung nach sind auch hier sehr eingängige Elemente drin." Wohin soll's denn in Zukunft musikalisch gehen? "Keine Ahnung", gibt Lennart zu, "vielleicht wird die nächste Platte von Jerobeam wieder mit mehr Elementen aus dem Hip-Hop Bereich aufwarten, mit Samples und Loops etc. Vielleicht wird es aber auch eine Platte voller Walzerklänge und mit Kettensägen. Das schöne an Jerobeam ist, dass ich keine Schranken sehe. Das verbindende Element ist die Komposition und die Stimme. Und mir geht es um den Song, nicht den Sänger." Und wie geht es mit Sono weiter? "Mit Sono haben wir endlich nach 13 Monaten Terror unseren Vertrag mit der Polydor lösen können und suchen nach einem neuen Label", erklärt Lennart, "wir haben ein fertiges Album und arbeiten an neuen Songs. Und wir sind viel unterwegs. Hoffentlich kann ich da auch mal wieder mehr Positives berichten."
Weitere Infos:
www.hazelwood.de/jerobeam/index.php
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Jerobeam
Aktueller Tonträger:
Confidential Breakfast
(Hazelwood Vinyl Plastics)

 
 

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