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IAN MCCULLOCH
 
Der Rutscherich
Ian McCulloch
Das neue Album von Bunnyman Ian McCulloch - erst sein zweites Werk unter eigenem Namen - heißt "Slideling" - was wohl soviel bedeuten könnte wie "Rutscherich". Was zum Teufel ist ein "Rutscherich"? "Ein 'Rutscherich' ist jemand, der die metaphorische Rutsche des Lebens herunterrutscht. Es gibt auch einen Kletterich. Vielleicht nenne ich mein nächstes Album so. Es ist so zu verstehen: Du kletterst die Stufen herauf und rutschst dann wieder herunter. Es könnte selbstzerstörerisch interpretiert werden - obwohl es das nicht mehr so sehr ist. Es geht sogar darum, das sanfte Hinuntergleiten zu genießen, um dann die Leiter wieder heraufklettern zu können. Ich hätte das Album natürlich jetzt schon Kletterich nennen können, aber ich bin nun mal ein Rutscherich. Das ist jedenfalls was mein Manager meint. Ihm haben wir auch den Titel zu verdanken, denn als er die Songtitel auflistete, schrieb er versehentlich 'Slidling' anstatt 'Sliding', was der Titel eines Songs ist. Mit der Musik hat das eigentlich weniger zu tun, weil das Album doch eher mit glücklichen Gedanken gefüllt ist."
Das stimmt in der Tat. Wie bereits ansatzweise die letzten Echo & The Bunnymen Alben, lösen sich die Songs auf "Slideling" ganz von jedwedem Depri-Feeling, wie es z.B. die alten Bunnymen Scheiben dominierte. Hätte sich Ian denn - etwa zum Beginn seiner Karriere - vorstellen können, jemals solch ein Album machen zu können? "Nein", antwortet er wie aus der Pistole geschossen, "man muss aber vielleicht noch dazu sagen, dass es nicht nur um glückliches Zeug geht. Aber positiv ist es auf jeden Fall. Ich habe mich jedenfalls großartig gefühlt als wir es machten. Wir haben jeden Tag gelacht." Ian McCulloch scheint mit jeder neuen Scheibe glücklicher und befreiter zu wirken. Was mit Electrafixion als vorsichtiger Neuanfang nach einer langen Abwärtsspirale begann, scheint jetzt in voller Blüte zu stehen. "Ich denke, dass ich langsam meinen Platz im Leben gefunden habe", meint er, "ich bin glücklich mit mir selbst. Sicher habe ich immer noch Momente der Dunkelheit. Es gibt jedoch mehr lichte Momente als dunkle in meinem Leben. Ich habe gerade 'Sliding' - den Song - im Radio gehört. Es war eine Show, bei der Coldplay im Studio waren und Chris Martin hat mitgesungen, das war ein großartiger Moment für mich. Da habe ich eine Gänsehaut bekommen." Hierzu muss man wissen, dass Coldplay große Ian McCulloch Fans sind. Wie kam denn diese Verbindung zustande? Als Ian '96 mit Electrafixion loszog, war eines der Dinge auf die er sich freute, seine neuen jungen Musiker ins Business einführen zu können. Jetzt kommen also solche jungen Musiker - auch wenn es in diesem Fall besonders erfolgreiche und berühmte junge Musiker sind - auf ihn zu und erklären sich als Fans. Wie fühlt man sich denn da? "Na ja, ich fühle mich schon großartig", gibt er zu, "ich bin auch stolz darauf. Vielleicht hat es einfach 20 Jahre gedauert, bis die Bunnymen-Musik die zeitlose Sache wurde, die sie immer sein sollte. Wir haben uns ja immer in der Hoffnung verkauft, wir mögen in der Art ein Einfluss für andere werden, wie Velvet Underground ein Einfluss für andere wurden. Es scheint also nun Früchte zu tragen. Coldplay und ich wurden vor etwa einem Jahr Freunde. Sie waren in Liverpool im Studio und nahmen gerade 'Rush Of Blood To The Head' auf. Chris hatte gerade das Boxed Set der Bunnymen Scheiben bekommen und fuhr drauf ab. Er hat mich dann angesprochen und mich gebeten, ihm ein paar von meinen neuen Stücken vorzuspielen. Er wollte unbedingt auf dem Album mitspielen. Johnny (Buckland) ist dann mitgekommen. Wir haben dann die Sachen im Studio eingespielt und es war eine sehr nette, einfache Sache, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruhte. Wir sind auch ein paar mal zusammen live aufgetreten. Chris mit den Bunnymen und ich bei Coldplay. Und dann gab's noch dieses Anti War Ding vor zwei Wochen. Ich habe 'Sliding', 'Nothing Lasts Forever' und 'Walk On The Wildside' gesungen mit Chris am Piano und Backing Vocals. Es war wirklich nett und wir werden das fortsetzen, denn in meiner ganzen Karriere habe ich eigentlich noch nie so was gemacht. Es sind einfach gute Freunde geworden."
Ian McCulloch
Das Album zeigt auf dem Titel das Klettergerüst eines Kinderspielplatzes und einer der Tracks heißt auch "Playgrounds And City Parks". Was hat das zu bedeuten? Es hört sich zumindest nach typisch britischer Vergangenheitsbewältigung an. "Stimmt. Das erinnert mich an die Zeit, in der ich so 12 war. Ich war auf dem Weg zur Schule, wollte nicht zu spät kommen. Es war die Zeit vor der Musik. Es ging um's Fußballspielen. Es erinnert mich an diesen kleinen Jungen. Es ist eine Zeit der Unschuld. Es geht um Arbeiterklasse-Kinder. Wir haben Spielplätze und wir haben Stadtparks - das sind die Orte an denen wir aufwachsen. Diese Bilder sollen auch meine urbanen Wurzeln deutlich machen. Bei den Echos ging es ja immer um den Ozean, die Weite, die Landschaft. Dieses Album sollte ein bisschen anders sein. Das ist auch der Grund, warum es ein Solo-Album geworden ist." Die Texte auf dem neuen Album sind eigentlich klassische Pop-Texte: Wenige Worte, die viel ausdrücken, offen interpretierbar bleiben und dennoch etwas zu sagen haben. "Sie sind direkter, nicht wahr? Ich wollte weniger Metaphern verwenden. Ich habe ja z.B. immer schon Leonard Cohens Texte gemocht [Ian ist ein großer Fan], sie sind simpel und profund gleichzeitig. Ich dachte mir nun, dass es langsam Zeit wäre, dass ich auch mal Worte schreibe, die die Leute verstehen können. Ich habe ja auf meinem ersten Solo-Album, 'Candleland', schon damit angefangen. Aber auch auf 'Evergreen' von den Bunnymen gibt es Beispiele dieser Art. Es ist ein langsamer Prozess. Ich muss einfach sagen, dass es mir so mehr gibt, dass ich mehr davon habe, wenn ich in dieser Art schreibe. Und ich liebe simple Pop-Texte. 'Baby Hold On' ist ein großartiger Song - auch wenn die Worte ziemlich einfach sind." Auf dem Album gibt es einen Song namens "Kansas" - hat das irgendeine Bedeutung? "Nicht wirklich. Es ist eine Metapher, ein Begriff, der für mich für Amerika steht. Das Amerika der Weite und der Freiheit - das gute Amerika, nicht das, was gerade offiziell propagiert wird. Amerika ist ein großartiges Land." Hat sich der Ansatz beim Texten auch auf die Musik ausgewirkt? "Ich wollte einfach ins Studio gehen und die Songs aufnehmen. Ich hatte sie zu Hause geschrieben und es ging nicht darum, dass hier z.B. Will Sargeant viele Gitarrensoli spielen sollte. Ich wollte, dass es nur um die Songs, die Melodien und die Worte ging. Es gibt auch mehr Piano von Ceri James, er macht einen sehr guten Job. Ich habe immer 'Hunky Dory' von David Bowie gemocht und ich wollte ein Album in dieser Art machen. Dieses Album sollte besonders zeitlos werden. Ich habe es auch selbst produziert. Ceri hat mir auch bei den Streicher-Arrangements geholfen. Es war nur ein Streicher-Quartett, weil es nicht zu bombastisch werden sollte." Wäre das vielleicht auch was für das nächste Bunnymen Album? "Wir haben ja immer schon mit Streichern gearbeitet - und ich denke, das werden wir auch wieder machen. Momentan kann ich allerdings kaum darauf warten, mit den Bunnymen ein richtiges Rock'n'Roll Album zu machen - Iggy Pop und so." Schaun mer mal. Im Moment, so scheint es, gibt es nichts, was Ian McCulloch falsch machen könnte. Vielleicht gibt es ja doch mal ein Album mit dem Namen "Kletterich"?
Weitere Infos:
www.ianmcculloch.com
www.bunnymen.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Ian McCulloch
Aktueller Tonträger:
Slideling
(Cooking Vinyl/Indigo)

 
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