* Aphex Twin "Girl/Boy Song" ("Richard D. James LP", Warp Records, 1996)
Schneider (nach einem Sekundenbruchteil): "Aphex Twin! Das ist aus meiner Aphex-Twin-Lieblingsphase. Außer vielleicht 'Windowlicker' und 'Come To Daddy'. Seine letzte Platte mag ich dagegen überhaupt nicht mehr. Die habe ich mir sogar gekauft, noch dazu in London, für viele, viel Pfund...Klar, das hat schon einen hohen Standard, aber musikalisch interessiert mich das gar nicht. Die Platte hat mich sehr überrascht. Ich hätte gedacht, da kommen jetzt mehr so Kracher wie 'Windowlicker'. Aber vielleicht war das ja nur ein Schachzug, weil er aus seinem Warp-Deal raus wollte - da hat er einfach mal die Kammer leergefegt."
GL: Das Element der Unberechenbarkeit trifft streckenweise auch auf dich zu. Wie wichtig ist es dir, die Leute immer wieder zu überraschen?
Schneider: "Damit kann man etwas herumspielen, aber dass auf meiner neuen Platte zum Beispiel viel Gesang ist und so weiter, habe ich nicht in erster Linie gemacht, um jemanden zu verwirren, ich versuche lediglich, das Ganze für mich selbst interessant zu halten. Die Motivation ist eher, dass ich mich nicht wiederholen möchte, weil das langweilig wäre. Nach außen hin mag das als Unberechenbarkeit aufgefasst werden, aber das ist auch okay. Ich mag ja auch selbst am liebsten die Leute, in deren Musik alles Mögliche passieren könnte. Es sei denn, man heißt Ramones. Ist auch geil!"
* Tarwater "Metal Flakes" ("Dwellers On The Threshold", Kitty Yo, 2002)
Schneider [mit Einsetzen der Vocals]: "Ah, Ronald [Lippok]! Phantastischer Sänger, phantastischer Kerl! Ist das die neue Tarwater? Hab ich noch gar nicht gehört! Eine ganz tolle Band, die ich leider viel zu selten treffe. Wir wohnen total nah zusammen, sehen uns aber trotzdem nie."
GL: Stimmt das also, dass es nach außen hin in Berlin eine "Szene" zu geben scheint, in Berlin selbst die Verbindungen allerdings eher lose sind?
Schneider: "Ja. Es gibt immer so Phasen. Man sieht diverse Leute immer mal wieder eine Zeit lang und verabredet sich auch, aber dann sieht man sie auch mal ein Jahr überhaupt nicht, obwohl sie nur zwei Straßen weiter wohnen. Der Vorteil dabei ist, dass es keinen Szenedruck gibt und man sehr frei arbeiten kann. Was andere denken, wird überhaupt nicht thematisiert. So kommt mir das zumindest vor. Vielleicht ist das auch mein Glück, dass ich nicht so denke. Ich glaube, in Berlin gibt es kein Szenebewusstsein wie in Köln oder Hamburg, wo ja viele Leute gar nicht miteinander reden, weil sie meinen, Konkurrenz zu sein. Berlin ist dagegen sehr dezentriert."
* Neil Young "Computer Age" ("Trans", 1982)
Schneider ([nach einer Millisekunde]: "'Trans'! Neil Young, 1981? Oder '82? Spitzenplatte! Großer Einfluss!"
GL: Schon nach ein paar Takten deiner neuen Platte war klar, dass dieser Song beim Blind Date mit dabei sein würde! Dein LP-Titel "Zoomer" ist dann nicht zufällig auch eine Anspielung auf Neil Youngs "Zuma"?
Schneider [lacht laut]: "Schön! Du bist der Erste, dem das auffällt! 100 Punkte! Das Kuriose an 'Trans' ist, dass sie sich ja von allen 80er-Neil-Young-Scheiben am besten verkauft hat."
* Stereolab "Metronomic Underground" ("Emperor Tomato Ketchup", Duophonic, 1996)
Schneider: "Was ist das denn? Cool! Auf jeden Fall ein fetter Beat und ein gutes Tempo! [Und nach ca. 30 Sekunden] Ah! Das könnte Stereolab sein!"
GL: Richtig! Und auch schon etwas älter, von "Emperor Tomato Ketchup".
Schneider: "Ja, das war 'ne richtig gute Platte. Die sind dann leider später etwas zu sehr auf ihrem eigenen Style hängen geblieben."
* Bob Mould "180 Rain" ("Modulate", Cooking Vinyl, 2002)
Schneider: "Was ist das denn? Soll ich raten? [Und beim Vokodereinsatz]: Cher, hahaha! Kein Ahnung!"
GL: Das war Bob Mould!
Schneider: "Bitte was??? Das ist ja die absolute Härte! Wie fährt der denn ab?"
GL: Der Ausgangspunkt für seine und deine Platte war wohl recht ähnlich. Allerdings hat Mould wahrscheinlich etwas schneller gearbeitet als du und vielleicht weniger verworfen.
Schneider: "Bei mir hat das Aufschichten relativ lange gedauert. Ich fange ja immer mit einem Sound an und schaue dann, was sich daraus hochziehen lässt. Bestimmte Zwischenschritte habe ich dann schon verworfen, aber ich habe kein Stück fertig gemacht und nicht benutzt."
* Madonna "Secret" ("Bedtime Stories", WEA, 1994)
Schneider [sofort]: "Madonna! Spitzenstück. Die letzte Platte hatte dagegen keine so große Halbwertzeit. Die ist zwar spitzenmäßig produziert und die Stücke sind auch eigentlich gut, aber es klingt halt ein bisschen gekauft. Als wenn jemand in den Computerladen gegangen wäre, um das neueste Plug-in XY zu besorgen. Nichts gegen den Produzenten Mirwais, aber ich fand die Platte davor wesentlich besser, obwohl ich vom Style her die neue eigentlich lieber mögen müsste."
* My Bloody Valentine "No More Sorry" ("Isn't Anything", Creation, 1988)
Schneider: "Ah! Da sag ich gar nichts zu. Das lasse ich einfach mal so im Raum stehen. Obwohl...das ist der Wahnsinn! Aber wie weit kann man in der Richtung gehen? Das konnte man einfach nicht weiterbringen, deshalb gibt es wahrscheinlich auch keine weitere Platte von denen."
* Sharon Stoned "Your Own" ("Sample And Hold", Columbia, 1994)
Schneider [nach zwei Takten]: "Sharon Stoned! Das erkennt man sofort am Lo-Fi-Sound. Hab ich das produziert, hahaha?!"
GL: Wie denskt du heute über diese Sachen oder auch deine Platten mit den Hip Young Things?
Schneider: "Das war einfach Teil des Weges. Manche Sachen mag ich noch, aber ich höre sie mir eigentlich nie an. Meine Lieblinsplatte von mir selbst - und das gilt auch für Krite - ist, glaube ich, die 'Royal Flush' [von Locust Fudge]. Die klingt einfach am besten von allen Platten, obwohl sie nur mit Vierspur und einem einzigen Mikro für - kein Scheiß! - 19,95 aufgenommen wurde."