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THE ELECTRIC CLUB
 
Mitsingen erwünscht!
The Electric Club
Ambitionierte Gitarren-Popmusik aus deutschen Landen, ja, so etwas gibt es wirklich. Waren es jahrelang nur die Hamburger Szene und ein paar Exoten aus Weilheim, die sich wirklich mit internationalen Bands messen konnten, scheint sich jetzt auch hierzulande (wieder) ein ähnliches Bewußtsein für intelligent gemachten Gitarren-Pop und -Rock zu bilden, wie wir das schon seit Jahren aus England kennen. The Electric Club aus Würzburg gehen den Weg weiter, den Bands wie Reamonn, Slut oder Readymade vorgezeichnet haben, ohne dabei wirklich wie eine der genannten Bands zu klingen und geben sich schon mit ihrem dieser Tage erscheinenden Debütalbum "Come Sing Along" so routiniert, als sei es das zehnte Album von André Weber, Philip Zellmann, Thomas Väth und Olaf Pöppelmeier und nicht ihr erstes.
Ähnliches galt vor mehr als einem Jahr schon für ihre erste EP im Eigenvertrieb, die ebenfalls fast schon überraschend gut produziert war und dementsprechend auch gut in der Presse wegkam, wie uns André beim Gespräch mit Gaesteliste.de bestätigte: "Wirklich negative Resonanz gab es überhaupt nicht. Es gab einige, die gesagt haben: 'Das ist mir zu flach' oder: 'Das ist mir einfach zu seichter Pop', aber den meisten hat die EP eigentlich sehr gut gefallen." Verständlich sind diese negativen Kritiken zwar nicht, nachvollziehbar allerdings schon. Denn während die meisten deutschen Bands, die etwas gelten, entweder textlich höchst ambitioniert sind oder musikalisch im extremsten Maße um die Ecke denken, stehen The Electric Club eher auf klassische Werte: "Wir legen viel Wert darauf, nicht zum Indie-Lager gerechnet zu werden, denn eigentlich wollen wir Radio-Pop-Songs schreiben, die nicht für ein bestimmtes Publikum gedacht sind." Hierzulande ist ja "Radio-Pop" eher ein Schimpfwort, deshalb sind die Würzburger auch gut damit beraten, sich eher an britischen Bands oder an Gruppen von Downunder zu orientieren. "Ohne unbedingt für die anderen in der Band sprechen zu können, verstehe ich unter Radio-Pop Sachen wie Crowded House oder Travis. Und ich finde, daß gerade diese beiden es schaffen, Musik zu machen, die eigenständig ist und trotzdem von einer großen Masse gehört werden kann, ohne peinlich zu sein", meint André und sollte so auch die Skeptiker besänftigt haben, denn Neil Finn und Fran Healy sollten doch wohl über jeden Zweifel erhaben sein? Trotzdem decken The Electric Club auf "Come Sing Along" ein ziemlich breites Spektrum ab. Die Single "Everything's Completely New" darf nämlich auch dem eingeschworenen Indie-Fan gefallen, "Ain't That A Lot Of Rock" dagegen steht deutlicher in der Tradition des 90er-Jahre-Britpops, und bei "So" gibt sich die Band sogar richtig handzahm und balladesk. Das ist allerdings nicht auf verschiedene musikalische Vorlieben der einzelnen Mitglieder zurückzuführen, wie uns André versichert: "Wir alle hören eigentlich ähnliche Sachen. Es ist jedenfalls nicht so, daß der eine Funk hört und der andere Jazz und sich daraus etwas völlig anderes herausbildet. Daß die Songs so unterschiedlich sind, hängt auch deshalb nicht unbedingt mit den Mitgliedern der Band zusammen, da ich ja die Songs komplett alleine schreibe, und ich mag halt auch verschiedene Sachen."
The Electric Club
Natürlich tragen auch die anderen Mitglieder der Band ihren Teil zu den Stücken bei. Trotzdem: Wenn eine Band einen alleinigen Songschreiber hat, der auch noch Gitarre spielt, singt und die Interviews bestreitet - wie demokratisch ist das bandinterne Gefüge dann, und wie fertig sind die Songs, wenn André sie seinen Kollegen präsentiert? "Die Songs sind bei mir eigentlich immer komplett fertig", kommt lachend die Antwort. "Ich sage jedem dann: 'Spiel die Stimme, spiel den Baßlauf', aber ich bestehe dann nicht darauf, vor allem, wenn bessere Ideen zurückkommen, dann wäre ich der Letzte, der seinen Willen würde durchsetzen wollen. Und wenn die anderen einen Song ganz ablehnen, dann ist das auch okay." Mehr als nur okay ist auch die sehr schön gestaltete Homepage, die dem fränkischen Quartett auch besonders wichtig ist: "Gemacht hat die Seite Thomas, unser Schlagzeuger, obwohl der davon vorher auch keine Ahnung hatte. Er hat sich einfach nächtelang Bücher reingezogen und die Seite dann selber gebaut, insofern sind wir da besonders stolz drauf. Es ist einfach ein guter Kommunikationspunkt für Fans, um einfach mal in Kontakt zu kommen."

Gerade jetzt, wo das Interesse an Musik aus Deutschland wieder zuzunehmen scheint, landen ja viele Bands sehr schnell bei (zu) großen Labels. The Electric Club ließen es da etwas langsamer angehen und produzierten ihre Debüt-EP mit sechs Songs in erster Linie für sich selbst, einfach, um einen Tonträger in der Hand zu haben, den auch bei ihren Konzerten - damals noch vornehmlich in Süddeutschland - verkaufen zu können und an ausgewählte Magazine und Label verschicken zu können. Doch so gut die Presse-Resonanz auch war, labeltechnisch tat sich relativ wenig. Erst als es - als Reaktion auf eine Kritik zur EP - zur Zusammenarbeit mit dem Detmolder Verlag Wintrup kam, ergab sich auch der Kontakt zu Supermodern, die nun das Debütalbum der Würzburger veröffentlichen. Überhaupt ist dem Electric Club der gute persönliche Draht zu Verlag, Label und Bookingagentur sehr wichtig, denn André ist sich sicher, daß der freundschaftliche Umgang auf einer niedrigeren Ebene mehr bewegen kann als ein kühles Geschäftsverhältnis mit vom Papier her potenteren Partnern. "Wir wollen nicht in irgendwelchen Hochhäusern sitzen und die neuen Vertragspunkte durchsprechen, deshalb ist es jetzt so, wie wir uns das eigentlich alle wünschen." Dazu paßt auch, daß die Band, was ihre werbetechnischen Möglichkeiten angeht, schön auf dem Teppich bleibt. Ein Video, obwohl budgetmäßig durchaus in bescheidenem Rahmen denkbar, wird es zum Beispiel nicht geben. "Das hieße, das Geld an der falschen Stelle auszugeben", ist sich André sicher. "Was hilft uns ein billiges Video, was dann einmal gesendet wird? Da kann man für das Geld lieber Plakate drucken lassen oder Postkarten machen lassen und gute Fotos. Das scheint uns wichtiger zu sein."

Dabei müssen sich The Electric Club mit einer Platte wie "Come Sing Along" im Rücken eigentlich keine Sorgen machen, daß ihre Platte nicht den Erfolg finden könnte, den sie ohne Zweifel verdient. Denn fest steht: Mit ein paar mehr Bands wie den Würzburgern muß uns um den Musikstandort Deutschland wirklich nicht mehr bange sein!

Weitere Infos:
www.thelectricclub.de
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Judith Keller-
The Electric Club
Aktueller Tonträger:
Come Sing Along
(Supermodern/Indigo)

 
 

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