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Interview-Archiv

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SANDY DILLON
 
Die Küche im Kopf
Sandy Dillon
"East Overshoe" heißt das neue Album der "New Blues"-Chanteuse Sandy Dillon, die uns auch diesmal wieder mit allerlei wilden, ausufernden, eigenwilligen Kunsstückchen irgendwo zwischen Tom Waits-Ästhetik und Captain Beefheart-Unerbittlichkeit verwöhnt. Das Cover zeigt - im Stile eines Drive-In-Posters aus den 50ern - Sandy's Eltern. Der Titeltrack befindet sich gleich in zwei Versionen am Anfang und am Ende der neuen CD. Das legt den Gedanken nahe, daß es sich hier um ein Konzeptalbum handelt - was Sandy bestätigt: "East Overshoe ist dieser imaginäre Ort, den jeder irgendwie im Kopf hat und der von allerlei mehr oder minder interessanten Charakteren bewohnt wird. Ein Ort, vor dem man manchmal Angst hat, zu dem man jedoch immer wieder zurückkehrt."
Und wieso heißt dieser Ort ausgerechnet "East Overshoe"? "Weil das besser klingt als North Overshoe", witzelt Sandy, deren Sprechsstimme zum Glück wesentlich aufgeräumter (und dazu noch britischer) klingt, als das gurgelnde, knorrende, raspelnde Etwas, mit dem sie sich durch Ihr Oeuvre zu quälen scheint. Dann fügt sie noch hinzu: "Das ist eine Anspielung auf meinen Schuh-Fetish. Mein Mann fragte mich einmal, woher ich denn um Gottes Willen diese und jene 'Überschuhe' her hätte und da meinte ich: 'Aus East Overshoe' - und das war die Geburt des Namens." Den Tod ihres Ehemannes und Partners, Steve Bywater, scheint Sandy ziemlich gut weggesteckt zu haben. Etwas wehmütig hakt sie das Thema folgendermaßen ab: "Wir hatten neulich das erste Konzert ohne Steve. Ich kann Dir sagen, das war ganz schön eigenartig, auf den Platz zu schauen, wo er jahrelang gestanden hatte. Ich weiß aber, daß es in seinem Sinne ist, daß wir weitermachen." Steve spielte auch auf einem weiteren Werk mit, auf dem Sandy zur Zeit zu hören ist.

Fast zeitgleich mit "Overshoe" erscheint "Las Vegas Is Dead", das neue Album des französischen Avant-Garde Spezialisten Hector Zazou. "Hast Du das Album gehört?", fragt Sandy aufgeregt, "ich hoffe, du hast dabei gesessen?" Eine nicht unberechtigte Frage, denn "Las Vegas" ist eine Tour de Force im Verbiegen des Möglichen, in dem Sandy's Stimme - merkwürdigerweise stilistisch konventioneller als auf ihren eigenen Werken - so was wie das "Missing Link" im Tüten, Brodeln, Klopfen und Schnarren des Zazou'schen Soundimperiums darstellt. Es ist ein Album, was man zwar bewundern muß, nicht aber unbedingt lieben kann. "Ich weiß, was Du meinst", meint Sandy, "dieses Werk ist schon einzigartig. Hector und ich hatten uns vorher nie getroffen. Aber ich hatte mal auf einem Stück von ihm mitgemacht, und daraus entwickelte sich eine ganze CD. Wir haben jede Menge Tapes hin und her geschickt. Er hat die Musik gemacht und ich den Gesang."

Sandy ist eine begeisterte Anhängerin des Homerecording-Gedankens, was dieser Erbeitsweise entgegenkommt. "Mich würdest Du nie in ein Studio bekommen - no Sir", elaboriert sie, "ich nehme alles bei mir zu Hause in der Küche auf. Alles, was Du auf 'Overshoe' hörst, ist live eingespielt." Erklärt das auch, warum so wenig Baß auf der Scheibe zu hören ist. "Zu wenig? Man hat mir auch schon vorgeworfen, es sei zuviel. Aber ich weiß, was Du meinst. Es ist unglaublich schwierig, live aufgenommene Sachen auch live zu mischen. Hätten wir mehr Baß genommen, wäre z.B. die Stimme ertränkt worden." Was sagen denn die Nachbarn dazu? "Fang mir nicht damit an", meint sie erbost, "ich habe soundsoviel Pfund in schallisolierende Maßnahmen investiert, aber der Baß geht immer noch durch." "East Overshoe" ist - trotz aller Konsequenz mit der Sandy ihr unversöhnliches musikalisches Zepter schwingt - irgendwie versöhnlicher geraten, als der Vorgänger "Electric Chair". "Ich stimme zu", stimmt sie zu, "wir fühlten uns lockerer bei den Aufnahmen und es gibt mehr Melodien. Allerdings wurde mir auch schon vorgeworfen, es sei unversöhnlicher..."
Sandy Dillon
Machen wir uns nichts vor: Musik von Ausnahmegestalten wie Sandy oder Hector polarisiert wie Sushi: Entweder man mag's oder nicht. Schönhören kann man sich so was nicht. Wie geht's denn jetzt weiter? "Wir werden wieder auf Festivals spielen. Und dann steht eine Tour an. Hector ist hoffentlich auch dabei." Man hat sich also getroffen? "Ja, als wir letztes Jahr in der Botanique in Brüssel spielten, kam da dieser Typ an. Wir dachten es sei der Pizzabote, es war aber Hector mit seinem Theremin. Er hat bei uns mitgespielt, obwohl er unsere Stücke nicht kannte und wir nicht wußten, was er spielen würde. Das war dann wirklich spannend..."
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Sandy Dillon
Aktueller Tonträger:
East Overshoe
(One Little Indian/Virgin)

 
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