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WEST SIDE FABRICATION
 
Im Westen was neues
West Side Fabrication
Nun ja, ganz so neu ist die Sache nicht, aber langsam fällt's doch auf: Mit die beste Gitarren-Pop-Musik kommt zur Zeit aus Schweden. Das meint jetzt ausnahmsweise mal nicht die Cardigans. Bisher sagte uns der Name West Side Fabrication vielleicht nicht so viel. (Kenner wissen vielleicht, daß die Wannadies da herkommen). Doch jetzt hat dieses Label verdientermaßen auch bei uns einen Vertrieb erhalten. Auf Indigo werden künftig die Platten der kleinen Talentschmiede aus der Nähe von Skellefta in Smørebrød-Land vertrieben. Und als Talentschmiede versteht sich das Label tatsächlich. In bester Indie-Manier möchte Labelchef Joakim Wallström "jungen, aufregenden Bands eine Chance geben, ihre Ideen zu entwickeln und sie einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren." Das Interessante an den Bands, die derzeit aus dieser Ecke kommen ist, daß es hier keinen bestimmten "Labelsound" gibt (wir erinnern uns an Factory oder früher 4AD). WSF ist das Label der Bands und nicht des Sounds. Vielmehr finden sich allerlei Stile und Richtungen fröhlich vereint unter einem Dach. Auch witzig ist, daß die Sachen nun weder direkt eigenständig, noch besonders amerikanisch, noch besonders englisch klingen.
West Side Fabrication
Die Bands suchen sich jeweils das beste aus beiden Welten und verquicken es zu einer neuen Melange. Hauptsache kreativ! Und das Ergebnis kann sich hören lassen. Fast alle Tracks aller Bands haben intelligenten, eigenständigen Hit-Charakter: Blithe kommen zwar nicht auf Indigo, sondern auf (amerikanischen) Umwegen über Rough Trade daher - das macht aber auch Sinn. Die Band spielt nämlich mit Versatzstückchen typisch amerikanischer Singer-Songwriter Manierismen, die aber immer wieder durch überraschende Wendungen und Kniffe aufgebrochen werden. Melodie ist - wie eigentlich bei allen WSF-Bands, oberstes Gebot. Gekrönt wird das von einem tollen, sonoren Gesang. The Bear Quartet sind beinahe Veteranen. Bereits 6 Platten haben sie veröffentlicht und diese Routine merkt man ihnen an. Vertrackt und komplex sind die Aufbauten ihrer Songs - und dennoch catchy. Auch das schaffen viele der WSF-Acts. Es gibt hier ein leicht düsteres Element (die Jungs kommen aus dem Land der Mitternachtssonne) und sogar ein wenig Blues. Das wird aber durch die reichhaltige Fülle ihrer Arrangements aufgefangen. Streicher und Bläser findet man gleichberechtigt neben der Rock Orchestrierung - nur ohne Pomp und Ballast.
West Side Fabrication
Etwas härter gehen Carpe Wade die Sache an. Hier herrscht ein metallisch-harter Grundton vor. Allerdings liegen die Wurzeln nicht beim Metal, sondern beim Punk - wodurch sich interessante Songstrukturen ergeben. Daß die Buben dennoch Melodien schreiben können wird unter anderem dadurch unterstrichen, daß Posie-Mann Ken Stringfellow auf einigen Stücken mitmacht. Sowas adelt. Genauso wie im Fall von Backfish. Das ist eine fröhlich-schrammelige Mädels-Combo, die besagter Stringfellow sogar produzierte. Backfish liefern eine unbekümmerte, liebenswert dilettantische alternapop-Version des WSF-Universums. Will sagen: Sie werden zuweilen von ihren Ideen überwältigt. Das spricht jedoch für sie: Jegliches Kalkül und Cleverness im Posies-Sinne gehen den Mädels nämlich ab. Das Potential zu Größerem ist jedoch vorhanden (siehe Stringfellow). Wenn die Girls sich noch etwas Routine erspielt haben, dürften sie den Gipfel des Schrammel-Pop demnächst erreichen.
West Side Fabrication
The All Janets - trotz des assoziativen Namens alles Kerle - bietet wieder eine forschere Gangart. Der musiktechnisch korrekte Ausdruck wäre hier "tight". Da stimmt jedes Tönchen, jeder Break, jedes Solo. Dennoch - wieder ein WSF-Markenzeichen - klingt die Sache keineswegs steril. Wahrscheinlich liegt das wieder an den großartigen Melodien, die auch diese Band zustande bringt. Zudem ist - trotz des wiedererkennbaren Bandsounds - Abwechslung angesagt. Wie auch bei den Drowners. Gerade bei dieser Band fragt man sich des öfteren, wieso die selbsternannten "besten Bands der Welt" sowas nicht hinkriegen. Ihre Gitarrenpop-Meisterwerke klingen derart schlüssig und logisch, selbstverständlich und genial, daß man wieder an's Gute in der Rockmusik glauben mag. Anders als etwa The Lightning Seeds werden die Jungs jedoch nicht von einer fimschigen Produktion gebremst und lassen sich auch nicht auf einen Ideenoverkill ein. So kann man die Debut-Platte in einem durchhören, ohne daß sie nervig wird.

[Erstveröffentlichung im Baby Talk-Fanzine #12, Dezember 1997]

Weitere Infos:
www.cabal.se/westside/index.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-



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