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MICHAEL WESTON KING
 
Ich protestiere!
Michael Weston King
Michael Weston King ist ja für gewöhnlich als eher ruhiger Vertreter seiner Zunft bekannt. Zugegeben: Laut wird es auf dem neuen Werk natürlich auch nicht, aber Michael erhebt zumindest im übertragenen Sinne seine Stimme, denn er spielte eine Scheibe mit Protestsongs namens "I Didn't Raise My Boy To Be A Soldier" ein. Und zwar mit alten wie mit (selbstverfassten) neuen Protest-Liedern. Wie kam es denn dazu? "Es begann alles damit, dass ich mir alte Songs anhörte", erklärt Michael nicht eben überraschenderweise, "und dann erstaunt war, wie relevant die heute noch erschienen. So beschloss ich ein Album mit alten Songs zu machen, die aber alle auch erst gestern geschrieben hätten sein können. Je mehr ich mir anhörte, desto mehr inspirierte mich das, selbst zu schreiben und so kam der Mix zustande."
Muss man denn heutzutage so was noch machen? "Ich denke, dass die Zeiten, in denen wir leben, uns doch sehr herausfordern und dass das doch niemand in seiner Musik wirklich widerspiegelt - jedenfalls nicht im Mainstream. Früher nutzten die Bands ihren guten Namen als Plattform für ihre Botschaften und sagten etwas - auch wenn sie manchmal zu idealistisch waren oder etwas umständlich ausdrückten. Immerhin dachten sie nach und äußerten sich - und das ist mehr, als man von heutigen Popstars behaupten kann." Nun waren aber auch früher weniger die Popstars, als vielmehr die kleinen Wortschmiede diejenigen, die etwas zu sagen hatten. "Ich bin natürlich auch kein Teil des Mainstreams", räumt Michael ein, "ich habe auch kein großes Profil - ich fühlte nur, dass etwas gesagt werden musste. Immerhin hat die Veröffentlichung der Scheibe dann ja auch schon eine gewisse Diskussion ausgelöst."
Was macht denn einen guten Protestsong aus? "Ich denke, je einfacher die Botschaft ist, desto besser ist der Song. Solche sind aber sehr schwer zu schreiben. Ein Song wie 'Free Nelson Mandela' war einfach, aber die Leute verstanden ihn - vermutlich, weil er so einfach war und nicht mit Metaphern oder dichterischer Freiheit arbeitete. Phil Ochs (von dem Michael zwei Songs coverte) sagte, dass ein Protestsong einer wäre, den man nicht mit Blödsinn verwechseln könne. Und wenn Phil das sagt, dann ist das gut genug für mich." Kann Musik in Zeiten wie heute, wo ebendiese Musik zu einem Modeaccessoire verkommen ist, denn noch etwas bewegen? "Natürlich kann sie das", beharrt Michael, "wir konsumieren ja immer noch eine Menge Musik, auch wenn die Leute nicht mehr so intensiv zuhören - vielleicht weil sie so viele andere Dinge ablenken. Es ist auf jeden Fall besser, Songs zu haben, die etwas sagen, als solche, die das nicht tun. Vielleicht sickert die Botschaft ja ein und regt zum denken an? Und außerdem gibt es ja auch Leute, die genau zuhören. Es gibt also Hoffnung. Ob ein Song die Regierungsgeschäfte beeinflussen kann, ist eine andere Sache. Ich denke, dass das Beste, auf das wir hoffen können, ist, dass ein Song auf etwas aufmerksam machen kann und Leute dazu inspiriert, zu handeln - oder zu protestieren." Warum ist denn nichts von Woody Guthrie bei der Auswahl, die Mike traf? "Ich dachte, das wäre zu offensichtlich", rechtfertigt er dies, "obwohl man sagen könnte, dass das auch für einen Dylan-Song gälte. Ich habe mir aber 'Immigrant' ausgesucht, weil das ein Thema ist, das gerade groß im Gespräch ist. Ich erlebe das tagtäglich, weil ich viel in Häfen unterwegs bin - Dover, Calais und so. Da sehe ich viele Leute aus Afrika oder Ost-Europa, die darauf hoffen, hereinzukommen - koste es was es wolle. So etwas fand ich etwas bei Woody nicht in dieser Direktheit wie bei dem Dylan-Song - vielleicht, weil seine Songs so zeitspezifisch waren."
Wie wählte Mike denn die Songs überhaupt aus und warum vermied er "Offensichtliches", wie er es nennt? "Es war schwierig die Songs auszusuchen", räumt er ein, "deswegen habe ich auch eine Liste der Nummern aufgestellt, die es nicht auf die Scheibe schafften. Das einzige Kriterium war für mich, dass die Songs auch für das, was heute abgeht, relevant sein sollten. Es gab für mich aber keinen Grund, Songs aufzunehmen, die schon hunderte Male gecovered wurden. Ich wollte schon etwas Obskures ausgraben." Michael verwandte ja auch existierende Texte und schrieb dann neue Musik dazu. Warum? "Du meinst den Titeltrack, 'I Didn't Raise My Boy To Be A Soldier' - dazu gab es schon Musik, die aber nicht zu mir passte und die ich unmöglich hätte akustisch live spielen können. Also habe eine neue Melodie geschrieben, am Text habe ich aber nichts verändert. Er wurde ursprünglich zum ersten Weltkrieg geschrieben. Und dann gibt es noch das Stück 'Life Is Fine', das auf einem Gedicht von Langston Hughes basiert. Ich habe hierfür eine Art Blues geschrieben, weil der Blues gut zum Thema des Songs passte. Da bin ich drauf gekommen, als ich mit Jackie Leven über das Projekt sprach." Als Blueser macht Michael eine gar nicht so schlechte Figur. Wann gibt es denn die erste Blues-Scheibe? "Kein richtiges Blues-Album - obwohl ich es mag, solche Sachen zu singen. Ironischerweise fühlte ich mich auch noch schlecht von einer Erkältung, als wir den Song 'High Price Blues' aufnahmen..."

Michael singt auf diesem Album sehr viel kräftiger / selbstbewusster als auf vielen seiner eigenen Aufnahmen. Hat das mit dem Metier zu tun? "Das denke ich schon, weil in diesen Songs eine Menge Zorn transportiert werden muss. Ich lege auch immer viel Wert darauf, wirklich zu singen - und nicht halb zu sprechen oder zu murmeln. Ich sehe mich sogar vornehmlich als Sänger und Melodien sind sehr wichtig für mich." Jackie Leven sagte ein Mal, Michael führe ein kompliziertes Leben, schreibe aber sehr schöne, simple Songs. Wie sieht Michael denn das? "Da hat er wohl Recht! Mein Leben ist sehr kompliziert und oft fühle ich mich in zu viele Richtungen gleichzeitig gezogen. Ich habe versucht, einfache Songs zu schreiben und auch kompliziertere. Beide haben so ihre Vorteile, wenn man es hinbekommt. Aber einen einfachen Song zu schreiben, der nicht wie der von jemand anderem klingt, ist schon sehr befriedigend! Ein einfacher Song kann dennoch sehr viel Tiefe haben. Schau dir nur die Songs von Woody Guthrie oder Hank Williams an. Und was ich selbst möchte, ist eine Melodie zu erschaffen, die bewegt und an die man sich erinnern kann. Was ich an vielen Americana / Alt-Country-Acts nicht mag ist, dass diese gar keine Melodien versuchen, sondern über Akkorde murmeln. Ich versuche auch Texte zu schreiben, die etwas aussagen und die 100%ig klar sind." Okay - dann bliebe noch die Frage, welches denn Michael Weston Kings persönlicher Favorit auf dem Sektor ist? "Mit Sicherheit Phil Ochs", antwortet Michael - und das überrascht dann auch nicht mehr, denn Ochs ist ja quasi der Urvater der Gattung, "er war einfallsreich, bissig, und beredt und er hatte melodiöse Songs mit einer richtigen Botschaft. Er hat den Protest zu seinem Lebensinhalt gemacht. Gleichzeitig wollte er aber auch ein Star sein. Er mochte zum Beispiel Elvis. Diese Widersprüchlichkeit muss ihn von innen her aufgefressen haben. Ganz anders als Pete Seeger, dem es nur um die noble Sache ging und der nie ein Star werden wollte. Es ist nicht zu leugnen, dass Ochs den Star-Status Dylans ersehnte. Aber die meisten Leute, die so was machen, wollen berühmt werden - und wenn sie sagen, sie wollen es nicht, dann lügen sie. Wie Phil Ochs wäre auch ich gerne Elvis gewesen - nur halt vielleicht ein anderer Elvis." Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Alles andere wird schließlich auf dem Album gesagt.

Weitere Infos:
www.michaelwestonking.com
www.myspace.com/michaelwestonking
de.wikipedia.org/wiki/Michael_Weston_King
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Michael Weston King
Aktueller Tonträger:
I Didn't Raise My Boy To Be A Soldier
(Valve Music/New Music Distribution)
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