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28.09.2018
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DAWN LANDES

Legendär

Dawn Landes
Dass Dawn Landes - vier Jahre nach ihrem eher introspektiven Werk "Bluebird" - nun mit "Meet Me At The River" ein lupenreines, lebensbejahendes, gut gelauntes Old-School-Country-Album präsentiert, überrascht nicht so sehr. Denn dass die Frau, die ursprünglich aus Louisville, Kentucky, stammt, aber lange Zeit in Brooklyn lebte und arbeitete, immer wieder mit dem Genre, in dem sich Geschichten nun mal am Besten erzählen lassen, flirtete, war spätestens seit sie 2010, auf ihrem dritten Album "Sweetheart Rodeo" erstmals konkret auf dieses Format einging, schon länger klar.

Was aber überrascht, ist der Umstand, dass sie "Meet Me At The River" von vorneherein als Nashville-Album konzipierte, denn schließlich hatte sie 2007 in Brooklyn das Saltlands-Studio eingerichtet, wo sie nicht nur als Musikerin, sondern auch als Tontechnikerin und Produzentin arbeitete - unter anderem mit Justin Townes Earle, ihrem damaligen Ehemann Josh Ritter und Will Oldham. Freilich: Manchmal kommt ja bekanntlich das Leben zwischen das, was wir so planen. "Ja - das ist alles weg", kommentiert Dawn die Sache, "also New York ist zwar noch da, aber meine Basis dort und das Studio habe ich aufgegeben. Das Studio habe ich acht Jahre betrieben - es schloss aber schon vor zwei Jahren. Ich bin nach Nashville gezogen - wo ich jetzt nur noch ein kleines Aufnahmestudio in einem Schuppen in meinem Hinterhof eingerichtet habe." Was ist denn eigentlich seit "Bluebird" so alles passiert? "Jede Menge", listet Dawn auf, "zwischenzeitlich bin ich zwei Jahre mit Sufjan Stevens und seiner Band getourt und dann arbeitete ich auch an einem Musical, nahm mit den Bandana Splits ein Weihnachtsalbum auf - und ach ja: Ich habe auch geheiratet und ein Baby bekommen." Nachdem sich Dawn Landes und Josh Ritter getrennt hatten, fand Dawn in dem Musical-Komponisten und -Produzenten Creighton Irons einen neuen Soulmate - und das Ergebnis ist die gemeinsame Tochter Callan. Und die benannten Bandana Splits ist ein All-Girl-Nebenprojekt für Dawn. "Wir sind in den letzten Jahren zur Weihnachtsband geworden", verrät sie, "weil wir nur an Weihnachten Zeit fanden, gemeinsam aufzutreten - so auch in diesem Jahr. Und eine der drei Bandana Splits - Lauren - ist auch nach Nashville gezogen. Das Projekt ist ein spaßiger Weihnachts-Zeitvertreib für uns." Wie war das denn mit dem Umzug nach Nashville? "Als Erwachsener umzuziehen ist ja ganz schön hart", überlegt Dawn, "als ich nach New York zog, war ich gerade im College - und das war ganz einfach für mich, weil ich ja dort studieren wollte. Es war jetzt aber gewissermaßen furchterregend, nach Nashville zu ziehen - was ich sehr genossen habe. Denn es ist eine großartige Musik-Stadt und so einige meiner Freunde aus New York sind schon hierher gezogen. Es leben ja viele Leute von außerhalb hier - aus L.A., sogar einige aus Europa - das ist ganz ähnlich, wie in New York auch."

Das Album wurde - auf Dawns Wunsch - von Fred Foster produziert. Fred ist eine lebende Produzentenlegende aus Nashville und inzwischen fast 90 Jahre alt. Er brachte unter anderem die Karrieren von Roy Orbison, Dolly Parton oder Kris Kristofferson so richtig in Schwung - unter anderem, indem er diese auf seinem eigenen Label Mammoth Records produzierte und förderte. Wie findet man denn so jemanden als Produzenten? "Das ist eine lustige Geschichte", meint Dawn, "ich war zu der Zeit, als ich nach einem Produzenten suchte, mit Sufjan Stevens in Neuseeland auf Tour. Ich hatte versucht, Fred durch verschiedene Leute aufzuspüren. Einer meiner Freunde hat ein Magazin für Tontechnik und hatte ihn gerade interviewt. Er hatte seine Kontakt-Infos - was wichtig ist, da Fred Foster kein Internet macht. Kyle Lenning, der auch auf der Scheibe als Tontechniker mit machte, war skeptisch, ob Fred Foster Interesse an sowas habe, aber meinte, dass ich es mal versuchen könne. Weil Fred keine eMail-Adresse hat, musste ich ihn aber mit dem Telefon anrufen - was mir ziemlich Angst machte. Ich habe ihn dann aus Neuseeland angerufen und er meinte, ich solle ihm mal was schicken - also mit der Post. Ich musste dann aber auch selbst zu ihm nach Hause. Da ich damals noch in New York lebte, musste ich also diese Trips nach Tennessee machen, mit Fred arbeiten und Kontakte knüpfen - und ich bin sicher, dass das auch dazu führte, dass ich schließlich dorthin umzog. Man könnte sagen, dass mich das neue Album hierher gebracht hat." Nun gut - wie haben Fred und Dawn aber letztlich dann musikalisch zu einander gefunden? "Ich habe ihn sofort gemocht", schwärmt Dawn, "ich müsste ihn heute auch als Freund bezeichnen. Er war überhaupt einer meiner ersten Freunde in Nashville. Denn obwohl er in seinen 80ern ist, haben wir viel gemeinsam, weil wir dieselbe Art von Musik mögen. Wir haben uns dann gegenseitig viel Musik vorgespielt, die wir noch nicht kannten. Er hat ein sehr feines Ohr und ist für vieles offen. So mag er zum Beispiel Adele und andere neue Musik. Es war also cool uns auf diese Weise auszutauschen."

Wie sieht sich eigentlich Dawn Landes heutzutage als Sängerin? Schließlich sagte sie ein Mal, dass sie sich vorrangig als Songwriterin und weniger als Interpretin sähe. Das scheint sich bei dem neuen Album nun aber geändert zu haben, denn hier brilliert sie vor allen Dingen als Sängerin. "Das liegt wohl daran, dass ich mich - wie alle anderen auch, die etwas längere Zeit machen - heutzutage wohler in meiner Haut fühle - oder mit meiner Stimme eben. Was Fred für mich getan hat, ist, die Tonlage für mich tiefer zu legen. Als ich die Songs schrieb, habe ich viele davon in einer höheren Tonlage gesungen und Fred meinte, sie klängen besser, wenn ich sie tiefer sänge. Das war für mich der größte Unterschied, weil ich ja nun mal eine hohe Stimme habe und im Chor sogar Sopran gesungen habe." Ganz ohne Frage ist Dawn Landes - bei aller zur Schau getragener Professionalität und eigenen Ambitionen - auch vor allen Dingen zunächst selbst auch ein begeisterter Musikfan. Das spiegelt sich auch in der Songauswahl des "River"-Albums wider. So gibt es hier zum Beispiel zwei ungewöhnliche Coverversionen von Jimmie Driftwood. Driftwood war ein klassischer Folkie/Country-Songwriter, der mit seinem zum Traditional gewordenen Song "Battle Of New Orleans" bekannt wurde - und für den Umstand, dass er zeitlebens eine selbst gefertigte Gitarre spielte, die aus dem Holz des Bettes seiner Großmutter gefertigt war. "Fred Foster hat mich mit so viel Musik während unserer Zusammenarbeit bekannt gemacht", führt Dawn aus, "Fred hatte ja auch ein sehr vielseitiges Plattenlabel namens Monument Records. Darauf hat er sehr viele verschiedene Acts veröffentlicht - Kris Kristofferson, Roy Orbison, Shel Silverstein und eben Jimmy Driftwood. Das war alles sehr gut, weil er es alles selbst produziert hatte - etwa so wie Sam Phillips das beim Rock'n'Roll gemacht hat. Ich mochte Jimmy Driftwoods Musik sofort. Er war ein Geschichts-Professor und war in diesem Sinne auch ein sehr gewandter Folk-Geschichtenerzähler. Was mich an seinen Songs besonders fasziniert hat, waren die Texte und ihre Botschaften - weniger die Musik. Von 'My Church' hatte ich die Musik vorher gar nicht gehört. Fred hat mir den Text beim Mittagessen rezitiert. Ich war davon sehr berührt und die beiden Songs wurden sehr wichtig für mich. Der andere 'Colour Of My Soul' ist ja angesichts der momentanen politischen Situation auf beängstigende Weise aktuell."

Dawn Landes
Ein Song, der in Dawns neuer Songsammlng besonders herausragt, ist "I Don't Dance" - ein ziemlich witziges Duett mit einer weiteren Country Legende, Bobby Bare (und zwar der ältere und nicht etwa Bobby Bare jun.!) - in dem sich Dawn und Bobby darüber lustig machen, dass sie beide nicht tanzen können oder wollen. "Ja und an diesem Song hat Fred auch mitgeschrieben", erklärt Dawn begeistert, "ich glaube, er hat die erste Strophe geschrieben." Auf diesem Album hat Dawn auch wieder zu ihrem Humor zurückgefunden. "Ja, denn auf meinem letzten Album 'Bluebird' war mit nicht nach lachen zu Mute", räumt sie ein. Das ist auch nicht verwunderlich, denn "Bluebird" entstand nach der Trennung von Dawn Landes und Josh Ritter. "Mit Bobby Bare war das aber jetzt ganz einfach, denn er mag es zu lachen", erinnert sich Dawn, "ich musste aber auch zu seinem Haus gehen, um ihn zu rekrutieren. Fred hatte ihn für das Duett vorgeschlagen und meinte, dass er interessiert sein könne - dass ich aber mal zu ihm rübergehen solle, um ihm den Song vorzuspielen. Das hat mir auch ein wenig Angst gemacht - weil er eine solche Country-Ikone ist. Er ist aber sehr nett. Er war mit Shel Silverstein befreundet und ich durfte ihm einige Songs auf dessen Gitarre vorspielen."

Wie dem auch sei: Dawn Landes lässt sich keineswegs auf ein Genre festlegen - auch wenn "Meet Me At The River" nun tatsächlich ein klassisches Country-Album geworden ist. Was hat sie denn noch in petto? "Ich habe ja schon erzählt, dass ich an Musicals arbeite", erklärt Dawn, "das, an dem ich gerade arbeite, heißt 'Row' und handelt von einer Ruderin. (Das Stück basiert auf den Memoiren von Tori Murden McClure, die den Atlantik in einem selbstgebauten Ruderboot überqueren wollte und dabei in den Hurricane 'Danielle' geriet.) Diese Arbeit unterscheidet sich sehr von meiner sonstigen Vorgehensweise, weil ich das Material für andere Leute schreibe, die das dann vortragen sollen - was ich sehr aufregend finde. Was meine eigenen Songs betrifft, so muss ich sagen, dass mir die Country Musik gut gefällt und ich mir denken könnte, dass ich das noch eine Weile länger machen werde."

Weitere Infos:
www.dawnlandes.com
twitter.com/dawnlandes
www.youtube.com/user/FunMachineMusic
www.instagram.com/dawnlandes/
www.facebook.com/dawnlandes
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Shervin Lainez-
Dawn Landes
Aktueller Tonträger:
Meet Me At The River
(Yep Roc/H'art)
 

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