Auf ihrem ersten Werk "La Maison De Mon Rêve" schienen Bianca und Sierra Casady scheinbar alles daran zu setzen, ihren sympathischen Spielzeugladen-Indie-Folk, noch bevor er sich richtig materialisieren konnte, mit nervigen Zutaten und Störfeuern gleich wieder zu demontieren. Dies eingedenk, kann das neue, dritte Werk, gar nicht hoch genug gelobt werden. Denn CocoRosie haben die höchste Tugend, deren Musikanten fähig sein können - sich nämlich konsequent weiterzuentwickeln und aus eigenen Fehlern zu lernen - beherzigt. Insbesondere als Songwriterinnen haben sich die beiden Damen erstaunlich gefestigt und dabei gleichzeitig die Klippe, dass ein traditionelles Arrangement eben auch schnell ein langweiliges sein kann, durch phantasievolles (aber heute nicht mehr nerviges) Herumhantieren mit Soundeffekten, Elektronik und sonstigen Verfremdungsmöglichkeiten, umschifft.
Was dabei rauskommt, bleibt erfreulich ungeklärt im Dickicht des Zauberwaldes verborgen, in dem CocoRosie offensichtlich herumirren. Ist es Hip-Hop-Folk? Ist es elektronische Polka-Oper? Atheistische Kirchenmusik? Ist es Playmobil-Chanson (denn das Spielzeug bleibt nach wie vor Bestandteil des Sound-Konzeptes)? Spielt das eine Rolle? Nein. CocoRosie haben es geschafft, ihrer Vision mit dieser Scheibe ein Gesicht zu geben - und das ist ein sehr wunderliches, aber auch schönes geworden.