Jon Middleton und Sierra Lundy scheinen ihren Weg als Recording Artists gefunden zu haben. Anstatt gelegentlich eine LP zu veröffentlichen und damit auf Tour zu gehen, haben sie ein ganz anderes Konzept gefunden, ihre Musik unter das Volk zu bringen - was ihnen als im Lockdown auf Vancouver Island festsitzenden Musikanten nun zum Vorteil gereicht: Zum einen nämlich veröffentlichen Ocie Elliott - wie sich das Pärchen nennt - einen nicht enden wollenden Strom an auf dem Rücksitz ihres Honda CRV aufgenommenen Live-Videos - und zum anderen bringen sie kontinuierlich neues Material in Form von Single-Titeln und EPs heraus. Davon soll es in diesem Jahr zwei geben - und "Slow Tide" ist die erste davon.

Immerhin gibt es dieses Mal fünf neue Whisper-Folk-Juwelen, mit denen Ocie Elliott sich musikalisch durchaus ihrem ökonomischen Reduktionsprinzip treu bleiben, indem dem sie bewusst ihren einzigartigen Harmoniegesang ins Zentrum stellen - aber auch mit neuen Möglichkeiten wie Mundharmonika, Omnichord, Mellotron und sogar elektrischer Rhythmusgitarre experimentieren. Und die Pandemie erwies sich dabei noch als willfähriges Song-Thema - denn in dem Titeltrack verdeutlichen Jon und Sierra auf anschauliche Weise den erzwungenen Stillstand und die damit verbundene, subjektive Zeitdehnung.