Das, was dieses bemerkenswert zurückhaltend inszenierte Quasi-Konzeptalbum eigentlich auszeichnet, hätte es nach den Regeln der Studiotechnik eigentlich gar nicht geben dürfen: Viele Produzenten hätten den enormen Hall, der auf den Vocals liegt, als "falsch" ganz schnell ausgeblendet. Dabei macht gerade dieser den Reiz der Sache aus, steht so die Stimme doch geradezu greifbar im Raum. (Ähnliches fabrizierte auch Mirel Wagner auf ihrem Debütalbum.) Inhaltlich tat Marissa einen wohlüberlegten Schritt: Wenn man als Songwriter(in) immer nur über die eigenen Beziehungsprobleme singt, wird das mit der Zeit ja irgendwann ermüdend und dann kommt man auch irgendwann an den Punkt, wo es nichts mehr zu berichten gäbe, denn schließlich schreibt man ja gemeinhin mehr Songs als man Beziehungen durchlebt. Ergo singt sie hier nicht über sich selbst, sondern über ansonsten unterrepräsentierte - oder unbesungene - Heroinen des Alltags, wie z.B. die titelgebende Schwester. Dass das musikalisch alles zurückhaltend (wenn man den nicht ganz treffenden Begriff "folky" vermeiden möchte) aufbereitet wurde, schadet natürlich nicht, denn es lenkt den Blick aufs Wesentliche. Deswegen ist die Scheibe mit acht Stücken auch relativ kurz geraten - was aber im Sinne des Konzeptes lag. Fans der Dame dürften jeden falls mit diesem Album keine Probleme haben, sondern es eher sogar als Offenbarung betrachten.