In den 80er Jahren, als Musik wie die von Blonde Redhead erfunden wurde, hätten die damaligen Protagonisten viel darum gegeben, wenn sie neben den damals angesagten Dreampop-Soundblasen auch Songmaterial wie jenes auf "23" zustande gebracht hätten. Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit gelingt es Kazu Makino und ihren beiden italienischen Herren, Stil mit Substanz zu verbinden und eine Reihe rauschhafter Indie-Hymnen in die Welt zu setzen. Egal wie psychedelisch sich die jeweilige Klanglandschaft dabei entwickelt (und das kann ganz schön psychedelisch sein): Am Ende bleibt immer eine Melodie, eine Struktur, ein Song im Kopf hängen. Dabei erlauben sich New Yorker erstaunliche Extravaganzen wie z.B. orchestrale Blechbläser-Arrangements. Nicht dass dies nötig gewesen wäre, aber es fügt dem Gesamteindruck ungeahnte Dimensionen hinzu. So etwas fällt nur wahren Visionären ein. Was sich auf dem Vorgänger-Album "Misery Is A Butterfly" noch eher unkonkret andeutete, gerät hier zur vollen Blüte. Nicht unwesentlich daran beteiligt sein soll Produzent Alan Moulder (kann aber momentan noch nicht bestätigt werden) - was von gewissen Kreisen bereits als Ausverkauf interpretiert wurde. Wenn es stimmt, dann liegt sein Verdienst darin, nicht nur der Band eine konkrete Richtung verpasst zu haben (was wohl der Grund seiner Beteiligung war), sondern vor allen Dingen trotz allen Bombastes die Songs in Ruhe gelassen zu haben - und nur darauf kommt es an. Gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Redheads in Bezug auf das Songwriting kontinuierlich weiterentwickelt haben. Immer nur Krach machen sollen andere. Blonde Redhead gehört nach diesem Album jedenfalls die Krone der momentan kreativsten Indie-Band aus dem Big Apple.