Genau genommen ist die neue CD von Frankreichs Überflieger Benjamin Biolay soundtechnisch näher dran an dem, was er z.B. seiner Schwester, Coralie Clément auf den Leib geschneidert hat, als etwa an seinem letzten eigenen Werk "Negatif". Das liegt mit Sicherheit daran, dass er hier - der Name deutet es ja bereits an - seiner Ehefrau und Gesangspartnerin, der Marcello-Tochter Chiara, dieses Mal breiteren Raum gibt, sich zu entfalten. Auf "Negatif" sang Chiara nur einige kaum relevante Background Tracks, hier gibt sie des Öfteren die Lead-Vocals, schrieb die Texte der Songs mit (z.T. in englisch) und der Rest wird dann im Duett vorgetragen. Wie Coralies Stimme ist auch die von Chiara nicht eben das, was man "tragend" nennt und so kommen die Arrangements dann häufig als luftiger, akustischer Sommerhauch daher, bei dem nicht die Gefahr besteht, dass das zarte Gebilde etwa soundtechnisch zum Einsturz gebracht wird. Allerdings hat diese Scheibe mit Chansonerneuerung jetzt nicht mehr so viel zu tun. Die Songs dieser Sammlung sind für's Autofahren konzipiert, wie Biolay erklärt - und insofern fließt alles schön locker dahin. ("Home" ist dabei also eher angestrebtes Ziel als Thema der Chose) Dabei bedient sich der Kompositeur Biolay zwar grundsätzlich der Versatzstücke des Chansons, setzt diese dann aber nach Belieben und eigenen Regeln wieder zusammen - und ergänzt sie letztlich dermaßen mit Blues, Folk, Jazz, Disco und Rock (doch, doch), dass letztlich etwas vollkommen Eigenständiges dabei herauskommt. Anders als bei "Negatif" artet dies allerdings nie zum bloßen Statement oder Experiment aus und wird auch nicht wirklich laut. Das ist quasi die gebrauchsfertige Biolay-Variante. Das alles hat nebenbei zur Folge, dass Fans von z.B. Carla Bruni gleichermaßen etwas mit diesem Werk anfangen können, wie z.B. Freunde von Dominique A oder Air. Und das "Autofahrer-Konzept" funktioniert tatsächlich...