Als Lina Maly vor zwei Jahren veröffentlichungstechnisch aus dem musikalischen Ei schlüpfte, hatte sie vor allen Dingen den Überraschungseffekt noch auf ihrer Seite, denn ihr Debüt-Album "Nur zu Besuch" gehört sicherlich zu den schönsten, poetischsten, interessantesten und bezogen auf Linas damals noch jugendliches Alter wohl auch reifsten Songwriter-Pop-Scheiben der Gegenwart. Heutzutage ist Lina sozusagen erwachsen geworden und muss einfach zeigen, was sie als Songwriterin und Interpretin - auch jenseits eines in dem Metier üblichen Starthilfeteams - drauf hat. Folgerichtig ist das zweite Album deutlich intensiver auf sie selbst zugeschnitten als noch das Debüt.

Ein Umstand, der ihr selbst erst auffiel, als die Songs fertiggestellt waren. Es geht dabei also stärker um Identitätsfindung und Positionsbestimmung und weniger um das Betrachten universeller Themen. Auch auf dem neuen Werk kommt Lina durch ihre geschickten Perspektivwechsel und die Fähigkeit, in ihren Texten Emotionen und Attribute auf verblüffende Weise zu personalisieren und andererseits sich selbst, ihre Gedanken und Charaktere zu emotionalisieren, dabei wieder auf verblüffende Erkenntnisse, die den Zuhörer - wie auch sie selbst - des Öfteren mit einem Aha-Effekt zurück lassen. Musikalisch greift Lina dabei die etablierten Grundthemen des Debüts auf und präsentiert ihre meist melancholisch ausgerichteten Songs in einem betont organischen Umfeld, in dem die Pop-Elemente eher durch die Songstruktur, die Vocals und die Arrangements zum Tragen kommen, als etwa durch die Produktion oder technische Gimmicks. Kurzum ist das dann eines jener eher seltenen zweiten Alben, das durch eine souveräne Leichtigkeit und nonchalante Selbstverständlichkeit überzeugt.