Als dann die Show der Blood Red Shoes mit "Elijah“ und "Bangsar“ von dem vorletzten Album "Get Tragic“ los ging, wurde schnell deutlich, dass es auf dieser Tour nicht um einen bloßen Showcase der neuen Scheibe "Ghosts On Tape“ gehen würde, sondern eher um eine Einführung der neuen Fans in die wundersame Welt des spezifischen Blood-Red-Shoes-Power-Pop und ihrer Version des "Brighton Rock“. Ganze vier Tracks des aktuellen Albums fanden so den Weg auf die Setlist, die ansonsten aus klassischen Gassenhauern wie "Boring By The Sea“, "Don't Ask“, "Cold“, "Je Me Perds“ oder "An Animal“ aus der gesamten Laufbahn der Shoes bestand. Tatsächlich gehörten diese älteren Tracks - und Oddities wie "On The Hook“ von der EP "Ø“ - dann in ihren ungefilterten No-Nonsense Versionen auch zu den Highlights der Show. Das war dann insofern interessant, als dass die Shoes sich für einige Tracks am Anfang und dem Ende des Sets sogar von Alex Hall und Jimi Wheelwright von der Band Tigercub unterstützen ließen. Das Trio Tigercub hatte die Shoes selbst auch schon des öfteren als Support-Act unterstützt und wird das im Herbst erneut tun. Jimi und Alex griffen Laura-Mary und Steven mit einigen Synthie-Sounds, Bass und teilweise zweiter Gitarre bei den ambitionierter strukturierten und arrangierten Tracks wie "I Am Not You“ oder "Morbid Fascination“ vom neuen Album unter die Arme. Das verlieh den betreffenden Songs dann zwar Kontext und Tiefe - erschien aber gar nicht zwingend notwendig. Denn den Mittelteil der Show absolvierten Laura-Mary und Steven dann ja auch in gewohnter Weise allein - wobei es immer noch und immer wieder faszinierend ist, wie beide es Schaffen auch das untere Ende des Soundspektrum mit Gitarreneffekten und entsprechend getunten Tom-Drums abzudecken.
Die Blood Red Shoes gehören nach wie vor zu den Bands, die in den Live-Shows und den Studioproduktionen ganz eigene Konzepte und Klangwelten sehen und gar keinen großen Wert darauf legen, beide Formate aneinander anzugleichen. Wie stets machten die Shoes also mit den Songs kurzen Prozess. Ausufernde Jam-Passagen oder klassische Soli sind nach wie vor nicht das Ding der Shoes. Abgesehen von einigen angedeuteten Drum-Solo-Passagen und ein paar Ausflüge Laura-Marys an den Bühnenrand, wo sie den Fans Auge in Auge einige Riffs (und nicht etwa Soli) um die Ohren haute, hielten sich die strukturellen Abwandlungen gegenüber der Studio-Versionen demzufolge in Grenzen. Erst gegen Ende der Show ließen sich die Shoes bei den Songs "God Complex“ und "Morbid Fascination“ von der Begeisterung der Fans angesteckt - und der ihres Roadies, der sich trotz Absperrgitter und in Vertretung seiner Arbeitgeber zum Stage-Diving und Crowd Surfing hinreißen ließ - zu Rock-Party-Einlagen hinreißen.
Wie so oft bei coolen Rockshows agierten die Shoes gerade dann am souveränsten, wenn nicht alles so klappte, wie es im Drehbuch stand. So überraschte Laura-Mary zunächst mal mit einigen seltsam schiefen Tönen, als die Shoes den Track "Murder Me“ anstimmten - bis sie den Song mit den Worten "Das geht so nicht - die Gitarre ist nicht richtig gestimmt“ unterbrach und sich kichernd dem Stimmgerät zuwandte. "Das liegt bestimmt an der Hitze“, kommentierte Steven Ansell das Ganze, "da ist bestimmt die Erderwärmung schuld dran - und nicht die Blood Red Shoes.“ Noch dicker kam es dann als mitten im darauf-folgenden Song "Eye To Eye“ der Strom der Musikanlage ausfiel - wobei es dieses Mal das Publikum war, das die Situation rettete und mit Steven zusammen das Stück a capella zu Ende sang. "Ach Herrjeh, wir sind zu laut für Köln“, kommentierte Steven den Vorfall, während die Haustechniker verzweifelt in den Gewirren der Verkabelung nach der herausgesprungenen Sicherung suchte. Als sie diese gefunden hatten und der Strom wieder da waren, setzten die Shoes da an, wo der Song unterbrochen worden war und lieferten dann den fehlenden Teil elektrisch nach.
Natürlich ließen die Fans die Shoes nach dem furiosen Finale von "Morbid Fascination“ - dem letzten Track auf der Setlist - nicht einfach ziehen und johlten die Musiker für eine Zugabe auf die Bühne zurück. Bei den Blood Red Shoes brüllt man zu diesem Zweck übrigens nicht "We want more“, "One more song“ oder gar "Zugabe“, sondern den Bandnamen in rhythmischer Endlos-Schleife - was eine ganz eigene musikalische Qualität mit sich bringt. Das Frühwerk "I Wish I Was Somenone Better“ und "Colours Fade“ vom selbst betitelten 2014er-Album - bei dem die Gastmusiker nochmals mit einstiegen - bildeten dann den echten Abschluss der Show.
Fazit: Gut, dass die Wiederholungsshow nicht im Gloria stattgefunden hatte, denn in einem klassischen Club-Ambiente funktionieren die Blood Red Shoes immer noch am besten. Mal abgesehen davon, dass in einer größeren Halle die Power der Performance sowieso wieder halb verpufft wäre, stellte sich auch der Eindruck ein, dass die Band sich selbst von der guten Stimmung im Luxor und dem Treiben im Moshpit anstecken und zu gut gelaunten Höchstleistungen motivieren ließ. Und überhaupt: In einem solchen Ambiente bekommt man die Shoes so oft dann ja auch nicht mehr zu sehen.