NACHGEHAKT BEI: FRISKA VILJOR
GL.de: Eure neue LP "Broken" ist ja sozusagen noch warm und gerade mal am Vorabend der Tour erschienen. Daran habt ihr ja bis zur letzten Sekunde gearbeitet, nicht wahr?
Daniel: Ja, das stimmt. Die Scheibe ist digital am Freitag erschienen, aber am Montag habe ich noch bis 4:30 Uhr morgens an den Mastern gesessen. Joakim hatte mir noch ständig Texte geschickt und gesagt, was ich alles noch ändern soll. Das war alles ziemlich knapp - aber ich muss dazu sagen, dass wir dieses Mal beide auch noch ganztägig gearbeitet haben, während wir an unserer Scheibe werkelten. Wir hatten ursprünglich sogar die Idee gehabt, zwei Scheiben zu veröffentlichen: Eine am Ende des letzten Jahres und eine am Anfang diesen Jahres - mit einer Minute Abstand. Das hat aber leider nicht geklappt, weil wir einfach nicht fertig geworden sind. Viel Zeit blieb dann nicht mehr für die Ankündigung.
Joakim: Ich will ja jetzt nicht respektlos erscheinen, aber um Promotion und Pressearbeit ging es uns nun wirklich nicht bei dem neuen Album - das war alles zweitrangig. Wir wollen damit nicht großartig Geld verdienen oder noch berühmter werden. Uns war es wichtig, die Musik richtig hinzubekommen und in den Mittelpunkt zu stellen.
GL.de: Auf dem letzten Reeperbahn Festival habt ihr ja die Songs schon mal als Shotgun Sisters ausprobiert. Damals waren die aber noch nicht fertig. Was ist denn aus den Shotgun Sisters geworden? Wie geht es denen? Kommen die noch mal zurück? Und warum hattet ihr euch damals eigentlich nicht Shotgun Brothers genannt?
Daniel: Wir hatten tatsächlich überlegt uns Shotgun Brothers zu nennen - aber aus Gleichberechtigungsgründen hatten wir dann entschlossen, uns lieber "Sisters" zu nennen. Ist ja auch ein besseres Pseudonym. Die Sisters besuchen uns hin und wieder noch - zu Beispiel im Mittelteil unserer Show. Die Sisters sind für uns ja ein Experiment gewesen. Wenn wir als Friska Viljor auf dem Reeperbahn Festival nur neue Songs gespielt hätten, wäre das ja super-seltsam gewesen - speziell da die neuen Songs so unterschiedlich zu unserem normalen Energie-Level sind.
GL.de: Seltsam war das Konzert aber dennoch insofern, als dass ihr damals alles mit Keyboards gespielt hattet. Was war denn hier die Idee?
Daniel: Das fing damit an, dass sich Joakim die Hand gebrochen hatte. Es hatte aber auch damit zu tun, dass wir aus unserem Übungsraum geflogen waren, weil die Stadt das Gebäude abgerissen hatte, so dass wir auf die Idee gekommen sind, mit Elektronik und Samples zu experimentieren. Man kann aber nie so richtig sagen, was von was kommt. Mal gibt es diese und mal jene Regeln. Oder vielleicht entwickeln sich Joakim und ich einfach weiter.
Joakim: Wir haben aber immer schon darüber gesprochen, unsere Richtung mal zu ändern - schon bei den letzten beiden Alben haben wir uns darüber unterhalten. Wir haben es auch versucht, aber nicht so richtig geschafft, obwohl es immer mal neue Elemente gab. Dieses Mal war es konsequenter.
GL.de: Wie war denn eigentlich die Zeitschiene seit wir uns 2015 zum letzten Mal getroffen hatten?
Joakim: Damals war alles noch super in Ordnung. Wir waren glückliche Eltern und Familienväter. Es war dann im Sommer 2016 als meine Sache zusammenbrach. Damals verließ mich die Mutter meiner Kinder und das hat mich sehr schwer getroffen. Ich meine: Jeder macht mal Trennungen durch, aber dieses Mal waren meine Kinder im Spiel, das machte es mir sehr schwer damit umzugehen. Ich bin da in eine selbstzerstörerische Phase gestolpert, die ungefähr vom Sommer 2016 bis zum Sommer 2018 reichte. Zwei Wochen, nachdem mich meine Frau verlassen hatte, meinte ich zu Daniel, dass ich Friska Viljor an den Nagel hängen und eigentlich gar nichts mehr machen wollte. Er meinte, dass er das verstehen könne, schlug aber vor, einfach mal abzuwarten und zu sehen, ob es mit der Zeit besser werden könne. Ich willigte ein und begann dann in der Phase Songs für mich selbst zu schreiben und versuchte, das Ganze in Worte zu fassen. Der ganze Dunst, durch den ich da waberte, machte es schwierig, irgendwo den Boden zu erkennen und herauszufinden, wo ich mich eigentlich befand. Ich habe dann also Songs für mich selbst gemacht und irgendwann angefangen, Daniel welche zuzusenden - denn er ist ja mein bester Freund und ich wollte das schon mit ihm teilen. Er war es dann auch, der darin ein gewisses Potential sah.
GLde: Das heißt also, dass das Schreiben der Songs dann für dich die klassische Musiktherapie darstellte?
Joakim: Ja - aber das habe ich zunächst nicht erkannt. Es war für mich einfach eine Sache, die ich gemacht habe - wie ein Tagebuch zu führen. Es mag also eine Art von Therapie gewesen sein, sie hat mir aber nicht geholfen. Ich habe mich nachher also nicht besser gefühlt. Heutzutage fühlt sich das aber wie eine Therapie an - wenn wir auf der Bühne stehen und uns über die Songs unterhalten. Wir haben dann auch festgestellt, dass sich daraus eine Zeitschiene ergab und die Songs dann zusammenzustellen, fühlte sich wie die eigentliche Therapie an.
Daniel: Dazu gehört auch die Dramaturgie der Scheibe. Zum Beispiel, dass wir das Album mit dem Song "Because You Love Me" beginnen, einem Song, den Joakim schon für Friska Viljor schrieb, bevor die ganze Sache losging. Und dann gibt es z.B. die Instrumental "Is It Over" und "Guess It's Over", die Joakim auf Instagram stellte, nachdem wir die LP schon fertig hatten, und die wir nun als musikalische Klammer als Intro und Outro verwenden.
GL.de: Hätte es denn einen Plan B gegeben?
Joakim: Nein - ich hatte überhaupt keinen Plan. Erst im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass diese Scheibe zu machen die perfekte Methode gewesen war, wieder auf die rechte Bahn zu kommen. Wir sind jetzt wieder in der alten Friska Viljor-Ordnung angekommen und sprechen jetzt schon davon, so schnell wie möglich ein weiteres Album rauszubringen. Daniel hat ja auch Songs geschrieben und ich habe noch welche. Vielleicht klappt das sogar schon im Sommer. Wie gesagt: Der ursprüngliche Plan war ja, zwei Alben rauszubringen