Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, lösten
Heimatt die Anheizer-Aufgabe recht solide - wobei die Performance des Projektes um den Songwriter Magnus Grilstad ein wenig darunter litt, dass die Jungs und die Geige spielende Dame ein wenig zu sehr "welche von uns" waren. Es schadet ja nicht, wenn die Musiker auf der Bühne wenigstens ein wenig anders aussehen, als die Leute vor der Bühne im Auditorium - und Heimatt machten nun einen ganz besonders hemdsärmeligen Eindruck. Aber nun gut: Man konnte Heimatt jedenfalls nicht vorwerfen, irgendeine Art von Distanz zum Publikum aufzubauen. Das zeigte sich auch beim anschließenden Meet & Greet am Road Tracks-Stand, wo insbesondere jüngere Fans den Norwegern sozusagen die Bude einrannten.
Das war beim folgenden Act Shook Twins komischerweise ein wenig anders. Zwar fanden sich auch Katelyn und Laurie später zum Meet & Greet ein (wo sich folgende bemerkenswerte Szene abspielte: Ein begeisterter Fan meint nämlich zu den verdutzten Zwillingsschwestern: "I want a CD. Have you a Vinyl?"), ABER: Die Schwestern aus Portland, die auf dem OBS ihr Europa-Debüt schlechthin absolvierten, hatten dergestalt intensiv mit ihrem umfangreichen Instrumentarium zu kämpfen - insbesondere was die Abstimmung betraf -, dass sich zunächst so recht kein Bezug zum Publikum aufbauen wollte - zumal die Schwestern und ihre Musiker vorwiegend hinter ihren Mikroständern, Glockenspiel-Pulten und E-Drum-Pads versteckt agierten. Rein musikalisch gab es da - abgesehen von den erwähnten technischen Abstimmungsproblemen - aber wahrlich nichts zu meckern, denn die Shook Twins haben es geschafft, mit klassischen Americana-Elementen auf der einen Seite, ihrem anheimelnden Harmoniegesang auf der anderen und der Hinzunahme von allerlei Zutaten, die nicht auf der Hand gelegen hätten - darunter Samples, dem perkussiv aufgefassten Psychedelia-Banjo von Laurie-Shook, eine Beat-Box, elektronische Klangverstärker und nicht zuletzt Niko Dauossis Rap-Einlage -, eine faszinierend eigenständigen Mix zu kreieren, der in dieser Form tatsächlich so noch nicht zu hören war. Dazu gehört auch, dass sie ihre Songs in der Art von - sagen wir mal - den Grateful Dead auf psychedelische Art auseinanderziehen und auch gerne mal Versatzstücke aus mehreren Tracks zu neuen Kombinationen zusammenfügen. Dazu gab es noch eine Coverversion von "Dear Prudence". Und tatsächlich hätte ja vorher wohl niemand vermutet, dass auf der altehrwürdigen Bühne des OBS ein Mal HipHop-Sounds zu hören sein würden (denn neben der erwähnten Rap-Einlage betätigte sich Laurie Shook noch als Human Beat Box). Eine weitere Premiere auf dem OBS war übrigens die hinter der Absperrung in der ersten Reihe angebrachte Bierbecher-Halterung für das Publikum dar. Das ist doch mal was anderes als die doofen Hinweisschilder, auf der Bühne keine Getränke abzustellen, wie man das anderweitig ja nun mal kennt.
Zum nachfolgenden Act, der französisch-amerikanischen Funk-Soul-Sister-Band The Buttshakers aus Lyon und St. Louis heißt es auf der Facebook-Seite (folgerichtig auf französisch): "Detroit City is back again, Motown Records is alive". Das beschreibt die schmutzig-griffige Performance, die die charismatische und eher unkonzentriert tätowierte Frontfrau Ciara Thompson und ihre fein gekleideten Musiker hinlegten, aber eigentlich nur unzureichend. Denn neben Detroit-Sound gab es auch jede Menge Memphis-Soul, Funk und irgendwo auch R'n'B. Da war dann für all diese, die auf Funk und R'n'B stehen, das Tanzbein gefragt. Alle anderen hatten dann ein seltsames Deja-Vu-Erlebnis, denn obwohl die Buttshakers ja noch nicht auf dem OBS gespielt hatten, ist man solche Sounds im Festival-Kontext ja durchaus gewohnt. Und das eingebaute Soul-Medley hätte auch nicht unbedingt sein müssen.
In den letzten Jahren hat sich das OBS ja durchaus auch als Talentschmiede entpuppt. Denke man nur mal an die kometenhaften Aufstiege von Gisbert zu Knyphausen und AnnenMayKantereit, deren Karrieren schließlich auf dem OBS ihren Anfang nahmen. Dieses Jahr war die junge Band Trümmer aus Hamburg mit ihrem aktuellen Album "Interzone" zu Gast im OBS-Garten. Trümmer verfolgen nur locker den Ansatz der Hamburger Schule und übertreiben es nicht mit der Philosophie um jeden Preis. Stattdessen lassen die Jungs um Paul Pötsch es bemerkenswert knackig krachen und legten eine solide Rockshow hin. Bands wie diese müssen wohl auf dem OBS inzwischen sein - auch wenn die eher traditionell orientierten Americana-Freunde hier die Nasen rümpfen mögen, denn das Publikum des OBS ist ja längst nicht so alt geworden, wie das Festival selbst, sondern hat sich sozusagen im Laufe der Jahre verjüngt. Insbesondere bei Trümmer machte sich das dann durch punktuelle jugendliche Tanzmobs bemerkbar.
Zwischen den Acts spielten am ersten Tag The Dead Lovers auf der neu platzierten Mini-Bühne im hinteren Teil des Festival-Geländes. Nach den ernüchternden Erfahrungen des letzten Jahres, wo die Auftritte von Alice Phoebe Lou und den Charity Children mehr oder minder im Soundcheck-Lärm der Hauptbühne verlustig gegangen waren, war es sicherlich keine schlechte Idee gewesen, die Mini-Bühne um 90 Grad verdreht an der Seite des Geländes anzuordnen - auch wenn die Kommunikation mit dem Mischpult dadurch erschwert wurde. Die gutgelaunte Lula und ihre Mannen heizten den auch hier bemerkenswert dichtgedrängten Fans mit ihrem soliden No-Nonsense-Vintage-Rock'n'Roll jedenfalls tüchtig ein - und das gleich zwei Mal, nämlich vor und nach dem Auftritt von Trümmer auf der Hauptbühne.