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Blonde haben mehr Spaß

Elliott Murphy

Solingen, Steinenhaus
19.06.2003

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Elliott Murphy
Geht ein Mann auf dem Gehweg einer vielbefahrenen Straße entlang - kein Übergang in Sicht. Auf der anderen Seite geht eine Blondine. Ruft der Mann hinüber: "Entschuldigen sie bitte, können sie mir sagen, wie ich auf die andere Straßenseite komme?" Ruft die Blondine zurück: "Sie sind auf der anderen Straßenseite." Das ist Elliott Murphys Lieblings-Blondinen-Witz. Nicht, dass das irgendetwas mit ihm oder dem Publikum zu tun gehabt hätte, aber irgendwie muss man ja die durch technische Probleme bedingten Pausen beim Soundcheck überbrücken. Immerhin hatten Elliott sowie sein Gitarrist Olivier Durand und Drummer Danny Montgomery dieses Mal ohne Probleme den Weg ins Steinenhaus gefunden (das letzte Mal waren sie zwei Stunden durch Solingen gekurvt, bevor sie auf das unscheinbare Gasthaus gestoßen waren).
Bereits kurz nach dem Einlass war das Auditorium gut gefüllt. Elliott scheint sich in Solingen mittlerweile eine solide Fangemeinde aufgebaut zu haben. (Olivier trägt sogar stolz einen "Solingen Rock City" Aufkleber auf seinem Gitarrenkoffer). Es wurden jedenfalls mehrere Fanclubs mit entsprechenden T-Shirts gesichtet. Und das hat schon was unwirkliches, wenn eine Horde mittelalterlicher, aber im Herzen jung gebliebener Fans bei nahezu jedem Song ausflippen, wie liebestolle Teenies und dabei kasperleartig auf ihren Stühlen herumzappeln. Es ist natürlich andererseits auch schön, denn so wird wieder mal der Beweis erbracht, dass man auch dann in Anstand altern kann, wenn man sich für Rockmusik interessiert. Und diese gab's bei der Show auch - auch wenn keine Verstärker oder gar ein Bassist zum Einsatz kamen. Elliott - der momentan übrigens ohne neue Scheibe tourt, was den Erfolg vor Ort um so erfreulicher machte - nutzte diese Tour offensichtlich auch, um neues Songmaterial auszuprobieren. Neben den immer wieder lautstark geforderten Klassikern wie "Rusty Roses" oder "Elvis Presley's Birthday", den Tracks des letzten Studio-Albums "Soul Surfing" ("Dragon" und "Come On Louann" waren die Abräumer) und der gewohnten Coverversionen (darunter eine besonders rockige Trip durch Willie Dixons "Little Red Rooster" oder Dylans "Don't Think Twice" (bei dem Murphy wieder einmal mehr nach dem Meister klang als dieser selber)), gab es vor allen Dingen neue Tracks. Murphy, der gerade erst kürzlich mit seinem alten Kumpel Bruce Springsteen in Madrid auf der Bühne stand, ist im Grunde seines Herzens nach wie vor ein alter Rock'n'Roller (auch wenn er ab und zu einen Blues anstimmt). Und so freute es dann, dass ihm mit "Green River" von der kommenden CD ein bemerkenswert modernes Rock-Stück gelungen zu sein scheint - so eines, das sich - richtiges Arrangement vorausgesetzt - nicht hinter dem zu verbergen braucht, was momentan so angesagt erscheint (man denke etwa Richtung Coldplay o.ä.).
Zu einem anderen neuen Stück - einer Storytelling-Ballade mit dem Titel "From Room 101" - erzählte er auch die Entstehungsgeschichte: Auf der letzten Italien-Tour seien er und Olivier in einem Hotel der Stadt Ferrara abgestiegen - gleich gegenüber des örtlichen Gefängnisses, das der Legende nach einige berüchtigte Mafiosi beherbergte. Zugleich habe er Sympathie mit den Insassen empfunden, weil dort - wie in dem Hotel - wohl keine Frauen anzutreffen gewesen seien; gleichzeitig aber auch Neid, weil wohl vermutlich das Essen im Gefängnis besser gewesen sei als im Hotel. Aus dieser Empfindung heraus sei dann dieser Song entstanden. Das zeigte nebenbei sehr schön, wie der Songwriter Elliott Smith wohl funktioniert - und machte zudem neugierig auf das kommende Album. Nach einer Stunde war dann das modisch fragwürdige Hemdchen, das Elliott (neben eines seltsam grotesk wirkenden purpurfarbenen Hütchens) spazierentrug dermaßen durchgeschwitzt, dass es eine Pause gab, in der er CDs verkaufen konnte (darunter auch eine Ausgabe der beliebten Official Bootleg Reihe von Blue Rose).

Das zweite Set war dann eher eine Art gemütlicher Familienabend, in dem Elliott und seine Jungs die Bierzelt-Hits à la "Rusty Roses" spielten (was jetzt nicht unbedingt eine Schmäh gegen besagte Stücke, sondern eher ein Seitenhieb in Richtung der vorherrschenden Stimmung sein soll). Zu den Jungs: Olivier Durand hat sich an der Seite seines Meisters zu einem prächtigen Rock-Gitarristen entwickelt, der stilistisch auch einmal über seinen Tellerrand hinausschauen kann und etwa mal einen Swing, oder wie dieses Mal eine epochale Twang-Lead-Gitarre spielen kann. Jetzt müsste ihm bloß noch jemand verraten, dass es heutzutage auch andere coole Effekte für Akustikgitarren gibt, als die fimschigen zwei, die er ausschließlich einzusetzen scheint. Und Danny Montgomery ist der geborene Tour-Schluffi schlechthin. Mit großer Begeisterung, betont unauffällig - dafür aber äußerst variabel und handwerklich knorke - klopft er die tollsten Backbeats zurecht - ohne dabei etwa in 70er Jahre Nostalgie (mit Drumsolo oder so) zu verfallen. Außerdem sieht er von den dreien am coolsten aus. Wollen wir mal hoffen, dass der intensive Zuspruch, dessen sich das Elliott Murphy Trio hier erfreute, ein positives Omen für die Zukunft ist!

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www.elliottmurphy.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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