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Intensivstation

Vanessa Carlton
David Poe

Köln, Alter Wartesaal
29.01.2003

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Vanessa Carlton
Laura Nyro - Kate Bush - Tori Amos - Vanessa Carlton - stellen wir ruhig mal mutig diese Damen zueinander in Beziehung (und lassen wir Fiona Apple außen vor - das passte nämlich nicht wirklich)! Denn wie schon ihre Vorgängerinnen sitzt Vanessa Carlton am Piano und singt mit gewöhnungsbedürftig hoher Stimme zuweilen seltsam anmutende, intensive und auf jeden Fall eigenständige Songs, die sich simplen Schubladenkategorien entziehen. Schaut man sich o.a. Genealogie an, so bemerkt man, dass die Sache im Laufe der Zeit immer einfacher und begreifbarer geworden zu sein scheint. Vanessa Carlton, jedenfalls, versteht jeder. Was wohl auch der Grund gewesen sein dürfte, dass sich das Publikum (das sich in einer artigen Reihe vom Eingang des Clubs elegant bis auf den Bahnhofsvorplatz schlängelte) beim ausverkauften Konzert höchst paritätisch zusammensetzte: Groß und klein, jung und alt, Männlein und Weiblein, Hinz und Kunz gaben sich hier ein einträchtiges Stelldichein. Und das ist nicht einmal böse gemeint, denn ein solches Publikum sollte sich wahrlich jeder Recording Artist wünschen. Und die Plattenfirmen erst! Sucht Acts wie Vanessa Carlton und eure Probleme sind gegessen - denn im Gegensatz zu Britney und den Boygroups kaufen so was nicht nur liebestolle Teenies, sondern ebenfalls Leute, die sich obendrein noch für die Musik interessieren - z.T. auch die Herren.
Aber der Reihe nach: Den Abend eröffnen durfte David Poe aus New York, dessen aktuelle Scheibe "The Late Album" jetzt endlich nächste Woche auch bei uns erscheint. Wie Vanessa hat sich auch David Poe mit seinen recht eigen organisierten Songs eine spezielle Nische erspielt - insofern passte das ganz gut. "Hi, I'm David - I'm an American - but I'm also against the war." Mit solcherlei Sprüchen hatte der schnieke Performer im eleganten Samt-Anzug das Publikum schnell auf seiner Seite. Und das war gut so, denn David trat solo auf und spielte auf der akustischen Gitarre vorwiegend seine eher traurigen und balladeske Songs. (Und das, obwohl er großen Wert darauf legt, bitte NICHT in die Singer-/Songwriter-Ecke gesteckt zu werden). Dass David mit seinen wortgewandten Späßchen beim Publikum überhaupt reüssieren konnte, sprach für dieses. Und so schien es, dass die Leute nicht nur von Herrn Poe angetan waren, sondern sogar zuhörten, als er seine seltsamen Beziehungsdramen vortrug - von "Dysfunctional Family Reuninons", "Somebody else's Softcore Pornstars", "Childbearings" oder sogar die ergreifende Geschichte von den tragischen Helden der Musikgeschichte, die noch zu Lebzeiten ihre tödlichen Krankheiten bekanntgeben und sich so quasi einen Heiligen-Nimbus erwerben ("Deathwatch For A Living Legend" - Seitenhiebe auf Johnny Cash inklusive). Im Prinzip funktionierte Poe in diesem Umfeld sogar noch einen Tick besser als mit seiner Band, da jeglicher Schnickschnack zugunsten der Songs (und deren Botschaft) über Bord gekippt wurde. Auf diese Weise und in diesem Zusammenhang dürfte Poe sich so noch einige potentielle Fans erspielt haben, die dann, bei Erwerb seiner CDs, zudem noch positiv von der Vielfalt des Mannes überrascht sein dürften.
Da Vanessa im Gegensatz zum Video leider nicht mit ihrem Klavier durch die Halle fuhr, war dann eine Umbaupause vonnöten, in der deutlich wurde, wo die Reise hingehen sollte: Die Band wurde möglichst unauffällig um das Piano herumgruppiert und die effektive Beleuchtungs-Installation gezielt auf dieses ausgerichtet. Und dann lief alles mit nahezu beängstigender Präzision ab. Wer vielleicht befürchtet hatte, die String-Arrangements des originell betitelten Debüts "Be Not Nobody" würden auf der Bühne halbseiden reproduziert werden, sah sich angenehm enttäuscht. Neben einem Geige spielenden Keyboarder namens Ludwig (!) gab es nämlich vor allen Dingen Gitarre satt - was nun nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre. Und dann merkte man auch recht schnell, was Vanessa Carlton von den eher esoterisch angehauchten Wegbereiterinnen unterscheidet: Sie ist nämlich in der Lage - Piano hin oder her - durchaus auch mal das Haus zu rocken. Dies gelang nicht nur - aber auch wegen der infernalischen Lautstärke, mit der das Programm vorgetragen wurde. Zu diesem gehörten übrigens - neben der Songs des Debüt-Albums - zahlreiche neue Tracks, die noch nicht auf Tonträger zu haben sind. Auch repertoiremäßig scheint also Fräulein Carlton eine sichere Bank zu sein. Ansonsten kamen besonders die eher unauffälligen Tracks des Albums - etwa "Unsung", "Sway" oder "Prince" - in diesem Setting ziemlich gut zur Entfaltung. Der auch als Poser sehr erfolgreich agierende Gitarrist namens Jesse tat jedenfalls sein Bestes sich angesichts der doch ziemlich dominanten optischen Präsenz seiner Chefin Gehör und damit Gewicht zu verschaffen. Subtilität war also weniger angesagt. Selbst die eher balladesken Stücke wie z.B. "Pretty Baby" - und das ist einer der interessantesten Vorwürfe, dem man einem Act wie diesem machen kann - kamen eher rauh und ungeschliffen daher. "Scary" nannte Altmeister Neil Young (mit dem sie neulich wohl zusammen auftrat) den Song "Wanted", den Vanessa auch an diesem Abend solo und unerbittlich auslebte. Und in der Tat: Es hatte irgendwo schon etwas Angsteinflößendes, mit welcher Inbrunst und Energie die potentiell zierlich ausgelegte Vanessa die zwar prinzipiell simplen, aber mit beeindruckender Verve dargebotenen Pianoläufe in die Tasten haute. Zum Schluss gab es dann - ganz ohne Piano - die wie auf CD einzige Coverversion "Paint It Black" und ausklingen tat das längenmäßig eher auf amerikanische Verhältnisse zugeschnittene Konzert nach einer Zugabe mit dem (im Gegensatz zum Album) solo vorgetragenen Song "Twilight". Für jemanden mit einem frisch gebackenen Top-10-Hit im Rücken zeigte Vanessa Carlton eine spröde aber auch irgendwie angenehme Abgebrühtheit - die wohl von der harten Schule des "Waitress by day, Club-Tingeln by Night" in New York herrührt. So weiß kontemporäre Popmusik also zu gefallen - ohne gleich zu nerven oder in Klischees auszuarten. Was nun nicht heißt, dass die Sache nicht noch ausbaufähig wäre - aber dafür hat Vanessa Carlton ja wohl noch ein wenig Zeit und mit der wachsenden Tourroutine wird sich dann auch der doch noch etwas holprige Dialog mit dem Publikum selbstverständlicher gestalten lassen... Ach ja: Musikalisch eher unauffällig gerieten erstaunlicherweise die Hits wie "A 1000 fucking Miles" ("You know what fuck means, do you?" war Vanessa um das sprachliche Wohl des Publikums bemüht) oder "Ordinary Day" - und das soll keine Kritik sondern eher ein Lob für die generelle musikalische Gewichtung sein.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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