NACHGEHAKT BEI: HANNAH ALDRIDGE
GL.de: Hannah, du kommst ja aus Muscle Shoals und wohnst jetzt in der Nähe von Nashville. Bedeutet das eigentlich, dass es sich um autobiographisches Material handelt, wenn du deine Songs aus der ersten Person singst und Ortsnamen verwendest?
Hannah: Also, auch wenn ich einen Song mit einem fiktiven Charakter schreibe, dann schreibe ich ihn aus meiner Sichtweise - so als sei ich dieser Charakter; wie eine Schauspielerin. Natürlich habe ich zum Beispiel nie jemanden umgebracht oder bin dafür ins Gefängnis gewandert. Aber den Song "Parchman" habe ich so geschrieben, als wäre ich eine solche Person. Denn nur so kann ich das, was ich singe, auch selber glauben und glaubhaft rüberbringen, wenn ich auf der Bühne stehe. Das ist so interessanter für mich.
GL.de: Wie kommt es dann zu den ganzen Mörderballaden? Das ist ja wohl etwas typisch amerikanisches. Hierzulande käme ja niemand so schnell auf die Idee, über Mord und Totschlag zu singen.
Hannah: Das ist ein interessanter Gedanke. Es kommt natürlich auf den Song an. Aber viele meiner Songs haben einen religiösen Unterton. Kontroverse Themen wie Tod, Selbstmord aber auch Leben und Liebe stehen zueinander im Widerspruch. Es ist immer gut, etwas Dunkles mit etwas Hellerem aufzuwiegen. Manche Songs beruhen dabei in der Realität, andere sind Fiktional. Ich habe halt eine Vorliebe für diese Hell/Dunkel-Thematik.
GL.de: Und woher kommt diese Vorliebe?
Hannah: Ich bin sehr streng christlich erzogen worden. Fast wie eine Amish - nur mit Elektrizität, wie ich immer sage. Mein Großvater war ein Priester in der Church of Christ - ein sogenannter Rattlesnake-Priester, der mit Klapperschlangen hantiert hat, um den Gläubigen Demut einzuflößen. Ein großer Teil meiner Jugend bestand darin, das alles zu hinterfragen - ob ich das wirklich alles glaube oder ob ich wirklich in die Hölle wandern werde, wenn ich dieses oder jenes machte - und all das hat mich doch stark beeinflusst. Bis heute frage ich mich, ob das real ist, ob es einen Teufel gibt, ob es eine Hölle gibt. Einfach weil das ein großer Teil meines Lebens ist.
GL.de: Dabei geht es ja bestimmt auch viel um die Themen Schuld und Sühne, oder?
Hannah: Genau. Definitiv.
GL.de: Bei deinem letzten Besuch erzähltest du ja auch, dass du dich von Horrorfilmen inspirieren lässt - da passt das ja auch rein.
HannaH: Ja, teilweise. Was ich an dieser Art von Filmen besonders mag, ist, wie diese musikalisch unterlegt sind. Ich mag cinematische Musik und finde, diese Filme haben interessante Soundtracks - wenn sie gut gemacht sind. Nimm z.B. "28 Tage später", der Film funktioniert sehr gut mit seinem Soundtrack - und an so etwas bin ich interessiert. Und es ist natürlich auch so, dass es in Horrorfilmen dieses Hell/Dunkel-Thema gibt. Es ist spannend zu erforschen, was real ist und was nicht. Nicht, dass ich Geister jage oder so etwas - aber es ist eine interessante Art, die Musik zu sehen und wie sie sich zu dem verhält, was man sieht. Und da hilft es eben, wenn ich über Handlungsstränge von Horrorfilmen nachdenke. Manchmal bekomme ich sogar Drehbücher für solche Filme zugeschickt und da heißt es dann, wir suchen nach einem Song für eine Szene, die so oder so aussieht. Und solche Szenen kann ich mir leichter vorstellen, als Liebesszenen. Und so können dann auch mal Songs über Zombies entstehen.
GL.de: Anders als viele deiner Kolleg(inn)en aus Nashville, hast du dich musikalisch ja nicht für die reine Country-Lehre entschieden, oder?
GL.de: Nun, ich denke nicht wirklich über Stile und Genres nach. Wenn ich Songs auf eine bestimmte Art schreibe, dann deswegen, weil ich das kenne. Ich kann mich nicht hinsetzen und einen Jazz-Song oder einen Blues-Song schreiben - ich bleibe bei meinen Gothic-Themen. Ich mag es, einfache Songs zu schreiben, die mich bewegen - und manchmal bemühe ich mich sogar, es so simpel wie möglich zu halten, weil das die größte Herausforderung ist.
GL.de: Warum ist dein neues Album eigentlich ein Live-Album geworden?
Hannah: Aus verschiedenen Gründen. Ich hatte ein paar Songs, die ich noch veröffentlichen wollte, die aber nicht zu einem weiteren Album gepasst hätten. Hauptsächlich war das aber mein Versuch, das rote Band zu durchschneiden, das sich durch die Musikindustrie ziehen kann. Es ging mir nicht um Labels und Promotion und so etwas. Ich wollte ein Album mit meinen Freunden für die Fans machen und eine gute Zeit dabei haben. Es ging nicht darum, ein Projekt anzupreisen und dafür dann dieses und jenes machen zu müssen, sondern es ging einfach nur um die Musik. Das habe ich zu diesem Zeitpunkt meiner Karriere einfach gebraucht.
GL.de: Und warum heißt es dann "In Black & White" im Untertitel? Wegen des gleichnamigen Songs oder weil es hier praktisch um die Basics geht?
Hannah: Ganz genau. Es geht ja in dem Song darum. Zur Basis zurückzukehren und das zu machen, was wichtig ist im Leben. Es ist alles ziemlich pur und rau und handelt von dem, was ich mag. Ich war mit dem ganzen Rest auch ziemlich erschöpft. Ich habe das Ganze - bis auf einen Song, den ich zu Hause in Alabama mit meinem Vater aufgenommen habe, weil er nicht kommen konnte - im Lexington in London aufgenommen, wo ich einige Freunde eingeladen habe, und wir das Ganze dann im Stile einer (Prairie Hometown Companion) Radio-Varieté-Show aufgeführt haben.