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Konzert-Bericht
 
Alleine im Blaulicht

Billy Lockett
Ferris & Sylvester

Köln, Blue Shell
07.04.2019

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Billy Lockett
Ein richtiger Neuling ist Billy Lockett ja nun nicht mehr - obwohl die Fans des YouTube-Stars immer noch auf ein ordentliches Studio-Album des Mannes aus Northampton warten müssen. Er selbst geht sogar so weit einzugestehen, dass er sich in den Jahren, in denen er sich seit ca. 2013 hauptsächlich als Support-Act für angesagte Kolleg(inn)en wie Lana Del Rey, E.L.O. oder Birdy über Wasser hielt, schon mehrfach den Glauben an den eigenen Erfolg angezweifelt habe. Einhergehend mit dieser Sinnkrise fand aber auch die musikalische Identitätsfindung statt, die schließlich zumindest zu EPs wie "Burn It Down" oder der Singletitel "Empty House" oder "Every Time You're High" führte. Heutzutage steht der Meister nun aber endgültig vor dem kommerziellen Durchbruch, wie sich im Rahmen seiner ersten, ausverkauften Headliner-Tour zeigen sollte.
Den Support für Billy Lockett absolvierte das hyperenergische Blues-Pop-Duo Ferris & Sylvester aus dem Londoner Stadtteil Streatham. Gemeinhin läuft das, was Issy Ferris und Archie Sylvester da machen, unter dem Label "Folkpop" - was aber etwas zu kurz griffe, denn nicht nur in Songs wie "London's Blues" bevorzugen eine düstere und eben bluesigere Note - auch wenn sie ihre Wurzeln im 60s Folk US-amerikanischer Prägung sehen. Wie Billy Lockett arbeiten auch Ferris & Sylvester noch an ihrer Debut-LP und wie dieser haben sie bislang EPs ("Made In Streatham" und "The Yellow Line") veröffentlicht und verfügen somit über ein beachtliches Potential an fertigen Songs. Bei ihrer Show im Blue Shell traten Issy und Archie in der Besetzung Bass, Gitarre und Kickdrum auf - was für einen entsprechend lebhaften und druckvollen Sound führte und mit folkseligkeit nun kaum noch etwas zu tun hatte. Dass hier keine E-Gitarre zum Einsatz kam, fiel praktisch gar nicht auf - weil insbesondere Issy die Bühne in beachtlichem Maße rockte. Interessant war die Sache mit dem Blues insofern, als dass das Duo auch eher rockig angelegten Tracks wie der brandneuen Single "Sickness" eine bluesige Note angedeihen ließen. "Blues" heißt in dem Zusammenhang übrigens weder nöliges Gejammere über gestohlene Schuhe noch virtuose Klischeeverwaltung. Stattdessen stand hier die Inbrunst im Vortrag und - im Zusammenspiel mit dem zum Klatschvieh angeleiteten Publikum - sogar eine Art mittels kraftvoller, souliger Refrains kreierte Gospel-Stimmung mit musikalischem Sendungsbewausstsein. Keine Frage: Mit diesem Rezept besetzen Ferris & Sylvester eine interessante Sub-Nische, die - das richtige Marketing vorausgesetzt - unterschiedlichste Publikumsschichten ansprechen könnte. Die (vorwiegend weiblichen) Fans von Billy Lockett konnten sich mit dem Programm des Duos jedenfalls bestens arrangieren. Und die BBC ist auch schon auf Ferris & Sylvester aufmerksam geworden...
Im Vergleich zu der ansteckend gut gelaunten Show von Ferris & Sylvester war das Konzert von Billy Lockett dann eher eine bedächtige, zurückhaltende Angelegenheit. Das hatte so manche Gründe: Der Mann wagte sich sozusagen ohne Band und doppelten Boden alleine mit seinem Klavier vor das Publikum, spielte - in blaues Licht getaucht - die erste halbe Stunde mit meistens geschlossenen Augen und ohne auf das Publikum einzugehen vor sich hin und hat nur zwar hochemotionale, aber eben auch schwermütige, melancholische Balladen im Angebot. Nicht, dass das die Fans besonders gestört hätte, aber eine Party zum Abhotten war das nun wirklich nicht. Freilich: Zunehmend taute der Meister dann auf und wandte sich schließlich mit Späßchen und Anekdötchen ans Publikum. Das war dann insofern aufschlussreich, als dass er sich und seine Musik so auch gleich erklärte. Also - der Gospel according to Billy Lockett geht folgendermaßen: Als Billys Vater 2014 verstarb - während er mit Birdy auf Tour war -, zog sich Lockett in dessen leeres Haus in Northampton zurück und verarbeitete die Trauer dadurch, dass er dort begann, neue Songs zu schreiben und sich musikalisch neu aufzustellen. Jeden seiner Songs schriebe er von Herzen und so aufrichtig wie möglich. Eigentlich - so Lockett - sollte man ja alles, was man tue, von Herzen und so aufrichtig wie möglich machen. Dieser Prozess und diese Erkenntnis kumuliert dann in autobiographisch gefärbten Tracks wie "Burn It Down" und "Empty House" (welches eben jenes ist, in dem der verstorbene Vater lebte). Kurzum: Der Mann hat also etwas zu sagen - auch zu anderen Themen, wie z.B. Drogenproblemen ("Every Time You're High"), Depressionen ("Fading Into Grey") oder seinem Lieblingsthema; der Anklage von oder der Entschuldigung bei verflossenen Freundinnen ("Covered In Chaos" oder - mit philosophischer Note zum Thema Vergänglichkeit - "Alone"). So weit, so gut: Was allerdings die musikalische Darbietung betrifft, so gibt es bei Billy Lockett noch Potential nach oben. Momentan sind Billy Lockett-Konzerte zunächst und vor allen Dingen so etwas wie musikalische Trauerfeiern. Vor allen Dingen deswegen, weil er sein vermeintliches Erkennungszeichen - den Falsettgesang - wirklich bei jedem einzelnen Titel bemüht. Das wäre wesentlich effektiver, wenn er das nur gelegentlich, mit Augenmaß und zur Akzentuierung einsetzte. So ist Billy Lockett schon ein rechter Heuler. Immerhin bemühte er sich, seine Performance dann dadurch aufzulockern, als dass er Instrumental-Passagen einstreute und etwa für "Alone" auf einen E-Piano-Sound umschaltete. Insgesamt präsentierte sich Billy Lockett hier als hoffnungsvoller Piano-Man, dessen Material in Zukunft sicherlich noch etwas Variation vertragen könnte.

Mag aber übrigens auch sein, dass sein Label da einschränkend einwirkt - denn gerade ein Titel, dessen Namen er gar nicht nennen wollte, weil er ihm dem Label nicht habe andienen können und sogar aufgefordert worden sei, ihn auf der Tour nicht zu spielen - überraschte mit jazzigen Zwischentönen und mutigen Harmoniewechseln, die die Sache musikalisch spannend erscheinen ließen...

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Surfempfehlung:
www.facebook.com/billylockettmusic
www.facebook.com/pg/FerrisandSylvester
www.youtube.com/watch?v=0XoaQFwn0NM
www.youtube.com/watch?v=kA0q_5A2eN0
www.youtube.com/watch?v=5fqEBWCEiCU
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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