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Hausmusik

The Japanese House
Akwuar

Köln, artheater
30.01.2019

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The Japanese House
Mittlerweile zur Tradition geworden ist es, im Kölner artheater in letzter Sekunde lokale Acts als Support zu schon lange im Vorfeld feststehenden Headliner-Shows hinzuzubuchen. Meistens geht das ordentlich schief, denn schließlich gibt es nicht zu jedem Act passende musikalische Entsprechungen, die auf Abruf zur Verfügung stehen - in dem Fall machte es aber durchaus Sinn. Denn das aus Gitarrist/Sänger Patrick und Drummerin/Laptopbeauftragter Caro bestehende Kölner Duo Akwuar verfolgt musikalisch einen Ansatz, der nicht ganz inkompatibel ist zu dem, was Amber Bain (alias The Japanese House) - zumindest im Live-Kontext mit ihrer Band - auf der Bühne präsentierte.
Es gab demzufolge elektronisch geprägten New Wave-Pop, bei dem es eher um vielschichtige Harmonien, Sounds und Strukturen geht als um Rock-Elemente oder poppige Mitsing-Ästhetik. Patrick spielt seine jazzige E-Gitarre durch so viele Effektgeräte, dass am Ende eine ganz eigene Klangästhetik dabei herausspringt und Caro reichert ihre vergleichsweise geradlingen Drumparts mit abgerufenen Bass-Grooves vom Laptop ab. Da jetzt nicht unbedingt klassisch strukturierte Songformate im Zentrum der Betrachtung stehen, entwickelt der Vortrag von Akwuar vor allen Dingen einen hypnotischen Flow (auch wenn einige Andeutungen in Richtung echter Refrains dann doch die Highlights des Sets markierten). Das hat aber alles seinen Grund - und bringt eine zufällige Parallele zum Tun von Amber Bain zum Vorschein. Denn bei Akwuar geht es tatsächlich um das Emulieren eines Flows. Der Projektname ist z.B. eine Spielerei mit dem Begriff "Aqua" - für "Wasser" und das erklärte Ziel ist es, das Ganze entsprechend fließen zu lassen. Und naja: Bei The Japanese House geht es ja auch des Öfteren um das Wasser. Songtitel wie "Swim Against The Tide", oder "Pools To Bathe In" künden davon - auch wenn das (wie gesagt) nur ein zufälliges Element darstellt. Egal: Mit dieser Art von Klangästhetik legten Akwuar durchaus eine geeignete Basis für das Treiben von The Japanese House - auch wenn ein wenig mehr Enthusiasmus im Vortrag und ein wenig mehr performerische Zuversicht sicherlich nicht geschadet hätten.

Das Debütalbum von The Japanese House - "Good At Falling" - liegt im Laufe der aktuellen Tour noch gar nicht vor; was dann auch erklärte, dass Amber vergleichsweise wenige neue Titel in ihr Programm aufgenommen hatte. Was aber kaum etwas ausmachte, denn immerhin hat sie mit vier EPs, die sie seit 2015 veröffentlicht hat, genügend Material zur Verfügung, um damit ein abendfüllendes Programm gestalten zu können. So begann das Ganze dann mit den dem Publikum bestens bekannten Hits wie z.B. "Face Like Thunder", dem bereits erwähnten "Swim Against The Tide" oder "Cool Blue". Das sind Songs, die Amber nicht zuletzt über ihre Videos bekannt gemacht hatten - während sich die neuen Tracks (darunter auch die Single-Nummer "Lio" in deren Video Amber mit ihrer Ex Marika Hackman rum macht) dann eher im Mittelteil der Show versammelten. Und zum Schluss gab es dann wieder Hits, wie z.B. das abschließende "Clean". Der Begriff "Hit" bezieht sich übrigens darauf, dass die betreffenden Tracks bereits sattsam bekannt sind, denn es ist nicht das Interesse von Amber Bain, ihre Songs im konventionellen Strophe/Refrain-Format als Mitsing-Schlager anzulegen. Stattdessen konstruiert sie ihr Material um die vielschichtig angelegten Vokalharmonien, die sie im Studio alleine arrangiert und auf der Bühne mit der Unterstützung ihres Bassisten und der Keyboarderin emuliert. Deswegen gehen die - durchaus vorhandenen, subtilen - melodischen Aspekte ihres Tuns im Live-Ambiente (auch aufgrund des notwendigen Lautstärke-Levels) eher unter. Als sehr effektiv stellte sich indes heraus, dass Amber auf der Bühne mit einer organischen Rhythmusgruppe arbeitet, anstatt - wie im Studio - auf Synthbässe und programmierte Beats zu setzen. Auch der Umstand, dass sie selber konsequent Gitarre spielt (im Falle des neuen LP-Tracks "You Seemed So Happy" sogar eine akustische Gitarre), macht sich im Live-Kontext positiv bemerkbar. Demgegenüber stand dann die Tatsache, dass sich Amber so gar nicht bemühte, mit dem Publikum, das ihr dennoch sichtlich zugetan war, in Kontakt zu treten und stattdessen ihre Musik für sich sprechen ließ. Letztlich funktionierte das aber dennoch recht gut, da sich Amber als Live-Perfomerin erstaunlich wandlungsfähig und lebendig zeigte.

Sagen wir mal so: Dafür, dass The Japanese House auf der Konserve eher die produktionstechnischen Möglichkeiten eines Studios als solche ins Zentrum der Betrachtung stellen, war die Idee, die Live-Präsentation mit einer kompletten, organischen Band und dem Verzicht auf vorproduzierte Passagen zu realisieren, sicherlich die richtige und führte am Ende zu einem unterhaltsamen, mitreißenden Konzerterlebnis.

The Japanese House
NACHGEHAKT BEI: AMBER BAIN (THE JAPANESE HOUSE)

GL.de: Warum hast du dir eigentlich den Projektnamen The Japanese House gegeben?

Amber: Weil ich auf keinen Fall meinen eigenen Namen verwenden wollte. Ich habe dann nach etwas gesucht, nach dem ich eine Band benennen könnte - was ziemlich schwierig ist. Ich erinnerte mich dann daran, dass ich - als ich fünf oder sechs Jahre alt war - eine Woche lang so getan habe, als sei ich ein Junge. Da verliebte sich ein Mädchen aus der Nachbarschaft in mich, weil sie dachte, ich sei ein Junge. Das Haus, in dem ich damals lebte, hieß "das japanische Haus" - das ist eigentlich schon alles. Es hat rein gar nichts mit der Musik zu tun, die ich heute mache.

GL.de: Du hast ja bis jetzt schon vier EPs herausgebracht - aber noch keine LP. Warum dauert es denn so lange?

Amber: Eigentlich nur, weil ich seit Jahren ständig toure und EPs herausbringe. Ich musste tatsächlich eine Tour absagen, um die Scheibe überhaupt machen zu können. Denn es ist so, dass ich schlecht darin bin, Dinge zu Ende zu bringen, weil ich sehr kontrolliert arbeite. Und es ist auch so, dass ich auf Tour keine Songs schreiben kann - speziell in Situationen wie diesen mit Soundcheck, Promo-Terminen, Proben und sowas.

GL.de: Wie schreibst du deine Songs eigentlich? Auf der Bühne verwendest du ja stets eine Gitarre - bei den Studioproduktionen gibt es jedoch viel Elektronik und ausgefeilte, vielschichtige Gesangsharmonien.

Amber: Ich schreibe meine Songs hauptsächlich auf dem Computer. Das Schreiben und das Produzieren gehen so Hand in Hand. Ich suche mir zunächst vielleicht eine Textzeile, eine Akkordfolge oder eine Melodie und spiele dann am Computer damit herum, bis ich einen Klang gefunden habe, der mich inspiriert.

GL.de: Und wie arbeitest du dann mit den Stimmen? Verwendest du hier Effekte?

Amber: Nein - das tue ich nicht. Sie werden einfach in vielen, vielem Ebenen aufeiandergeschichtet. Auch wenn ich solo singe, dupliziere ich meine Stimme meistens noch. Es wird oft vermutet, dass ich mit einem Vocoder oder Harmoniser arbeite - dem ist aber nicht so, denn mit einem Harmoniser kann man eben nur parallele Harmonien erzielen und das finde ich langweilig. Ich brauche Kontermelodien und Abweichungen. Das kann man auf natürlichem Wege besser erzielen.

GL.de: Harmonien sind also sehr wichtig für The Japanese House?

Amber: Ja - ich mag Harmonien. Nicht nur stimmliche, sondern generell. Und ich mag interessante Akkordfolgen. Obwohl - ein Song kann auch nur aus zwei Akkorden bestehen und doch der beste Song sein, wenn nur das Richtige gesagt wird. Ich mag aber auch Songs, die einfach nur gut klingen, weil ich eine gute Produktion wertzuschätzen weiß. Die besten Songs sind aber sowieso die, die dich irgendwie tief bewegen, ohne dass du genau sagen kannst, woran das liegt.

GL.de: In deinen Songs gibt es eine Menge Wasser-Bezüge - Swimming Pools, das Schwimmen, das Treiben - was hat es damit auf sich?

Amber: Ja, das stimmt. Es ist aber totaler Zufall und hat keine tiefgehende Bedeutung. Ich schätze mal, dass es daran liegt, dass es in England so viel regnet, dass ich automatisch dazu tendiere, an das Wasser zu denken, wenn ich Songs schreibe.

GL.de: Wenn du deine Songs schreibst: Tust du das mit einem Ziel im Sinn - oder bist du mehr an dem Prozess interessiert?

Amber: Also ich fange gewiss nicht mit einem Ziel im Sinn an, einen Song zu schreiben - weil das der Sache doch den gewissen Reiz nimmt. Wenn man etwas erschafft, sollte das auf natürliche Weis geschehen und man sollte nichts erzwingen wollen. In meinem Kopf weiß ich aber schon, wie etwas klingen soll - und das versuche ich dann auch irgendwie umzusetzen. Aber ich habe keine Referenz im Kopf, die ich anstrebe. Das wäre ja auch albern. Sagen wir mal, ich wollte eine Scheibe machen wie Fleetwood Mac sie gemacht haben - weil ich Fleetwood Mac liebe. Welchen Zweck sollte so etwas haben? Denn es gäbe eine solche Scheibe ja bereits.

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Surfempfehlung:
thejapanesehouse.co.uk
www.facebook.com/Japanesehouse
akwuar.bandcamp.com
www.facebook.com/AKWUAR
www.youtube.com/watch?v=_peMDiN6f14
www.youtube.com/watch?v=J88UF4HxHhw
www.youtube.com/watch?v=jeupYam8JT8
Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-

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