NACHGEHAKT BEI: Kllo
GL.de: Die Tracks des Debüt-Longplayers "Backwater" entstanden - laut Kllo-Bio - als Reaktion darauf, dass Chloe Kaul und Simon Lam aufgrund des Zuspruches ihrer beiden EPs "Well Worn" und "Cusp" lange Zeit vom heimatlichen Melbourne entfernt auf Tour waren. Wie schlägt sich das denn in den Songs nieder? Denn inhaltlich scheint es hier um Beziehungen aller Art zu gehen.
Chloe: Wir hatten einfach nicht mit den Folgen gerechnet, die eine so lange Abwesenheit von zu Hause und das Leben auf der Tour so mit sich brachte. Dabei sind dann auch Beziehungen in die Brüche gegangen - und davon handeln dann auch die Songs. Zum Beispiel gibt es Songs in Form von Gesprächen mit einer Person aus meiner letzten Beziehung. Es geht aber in den Songs auch - ganz allgemein - um unsere Beziehungen als Musiker zum Business.
GL.de: Wie kommt es denn überhaupt dazu, dass in einem Genre, in dem es hauptsächlich um Klänge und Rhythmen geht, songartige Gebilde entstehen? Hat das vielleicht mit der musikalischen Vergangenheit von Chloe und Simon zu tun?
Simon: Also ich habe vorher eher avantgardistische, experimentelle Musik gemacht - durchaus auch mit Gesang, aber eher abstrakt als poppig.
Chloe: Ja, Simon ist auch ein guter Sänger. Ich habe vorher eher konventionelle Folkmusik gemacht. Dass unsere Stücke sich dann in Richtung von Songs entwickelt haben, hat sich eher im Laufe der Zeit ergeben. Wir wollen uns auf keinen Fall stilistisch einengen und denken, dass wir in Zukunft auch mehr organische Elemente einbauen könnten. Der Song "Nylon" - der ja im wesentlichen eine Piano-Ballade ist - haben wir zum Beispiel als einen der letzten geschrieben.
Simon: Der Grund, warum wir meistens mit einem Laptop arbeiten, ist einfach der, dass wir den immer parat haben. Zu Hause, in dem Bungalow, in dem wir die Sachen aufgenommen haben, haben wir natürlich auch andere Instrumente. Ich mag insbesondere analoge Synthesizer, weil die einen zeitlosen Sound haben, der nicht so schnell aus der Mode kommt.
GL.de: Sowohl Chloe wie auch Simon - die ja auch Cousins sind - kommen aus Melbourne. Das ist ja nun nicht unbedingt die Geburtsstadt von E-Pop, Garage, Techno oder 2-Step. Wie kam es denn zu der Verschmelzung in Richtung Elektronik?
Chloe: Es ist ja heutzutage nicht mehr erforderlich, dass man an dem Ort lebt, an dem sich deine Inspirationsquellen befinden. Ich würde sagen, dass wir einfach alles, was wir mögen, in einen Topf geworfen haben und dann damit herumgespielt haben. Wir haben auch viel Improvisiert, um zu unserem Stil zu finden.
GL.de: Das wurde in anderen Gesprächen auch schon erwähnt. Wie improvisiert man denn in einem Genre, das vorwiegend auf programmierten Elementen basiert?
Simon: Das Wichtige ist, immer alles aufzunehmen. Wir arbeiten ja nicht nur mit Computern, sondern auch mit richtigen Instrumenten - zum Beispiel den analogen Synthesizern - die gar keine Möglichkeit haben, etwas zu programmieren oder abzuspeichern. Wenn also etwas gut gelungen ist, dann muss man darauf zurückgreifen können und dann versuchen, dieses nachzuempfinden. Für mich ist dabei die Herausforderung, die Sache transparent genug zu halten, um Chloes Stimme Raum zu geben, keine Songs zu verwenden, die modisch sind - denn diese können schnell altern - und mich im allgemeinen zu limitieren.
Chloe: Limitation ist wichtig. Ein Song, der einfach strukturiert ist und nicht so viele Elemente enthält, der kann sehr viel wirkungsvoller sein, als ein Song, der überfrachtet ist. Bei der Produktion unseres Materials haben wir tatsächlich einiges wieder weggenommen, was wir zuvor hinzugefügt haben. Das ist einfach auch ehrlicher.
GL.de: In dem Zusammenhang: Einer der Kllo-Songs heißt "Virtue" - zwar geht es dabei in dem Fall um Verlässlichkeit, aber welche Tugenden mögen denn Chloe und Simon bevorzugt?
Chloe: Oh - das ist eine schwere Frage. Ich würde aber tatsächlich sagen, dass mir Ehrlichkeit schon sehr wichtig ist.
Simon: Und ich würde vielleicht noch Geduld anführen. Man braucht nämlich eine Menge Geduld, wenn man es als Musiker heutzutage zu etwas bringen möchte.
GL.de: Worum geht es Chloe und Simon denn, wenn sie auf der Bühne stehen? Vermutlich ist das Setting bei Konzerten dieser Art ja ähnlich, wie heute im Yuca Club - so dass die optische Präsentation eher keine große Rolle spielt.
Simon: Ich mag es auch, im Dunkeln zu stehen - das macht mir nichts aus. Was ich live wichtig finde, ist die verschiedenen Klangdimensionen auszuloten und mit der Dynamik zu spielen, denn das lässt sich mit den heutigen Mitteln produktionstechnisch auf Konserve noch nicht einfangen.
Chloe: Ja und dann ist es ja auch so, dass wir nicht nur programmierte Elemente haben, sondern auch viel mit Samplern, Loops und Live-Instrumenten arbeiten. Und manchmal nehme ich das Mikro in die Hand und spreche das Publikum direkt an. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns auf der Bühne gut unterhalten - denn wenn wir uns unterhalten, wird auch das Publikum unterhalten.