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Jenseits der Auflösung

Chrysta Bell

Berlin, Soho House
22.06.2017

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Chrysta Bell
In der Neuauflage der legendären "Twin Peaks"-Fernsehserie spielt Chrysta Bell - an der Seite ihres langjährigen Mentors und musikalischen Partners David Lynch - die Geheimagentin Agent Preston. Insofern passte es ja ganz gut, dass ihr Showcase im Red Room des Berliner Soho Houses auch irgendwie unter dem Deckmäntelchen der Geheimhaltung und jenseits des öffentlichen Radars stattfand. Was vielleicht ganz gut so war, denn die schummrige Bar im ehemaligen Kaufhaus Jonaß (das unter anderem in seiner Funktion als SED-Zentrale berüchtigt war) ist nicht eben besonders geeignet für Konzertveranstaltungen und bietet auch nur wenigen Besuchern Platz. Angesichts der Umstände (mit reduziertem Equipment und nur rudimentären Drum-Kit) war es dann aber doch ganz gut gelungen, zumindest klanglich ein adäquates Setting hinzubekommen. Chrysta Bell war mit ihrer dreiköpfigen Band angereist - allerdings nicht, um ihre "Twin Peaks"-Aktivitäten vorzustellen, sondern die Songs ihres neuen Albums "We Dissolve", das auch nicht von David Lynch, sondern von der Produzentenlegende John Parish produziert worden war.
So merkwürdig das jetzt klingen mag: Für die Live-Präsentation spielt das kaum eine Rolle, denn auf der Bühne verwandelte sich die ansonsten auch schon mal eher undurchsichtig, vernebelt und eben aufgelöst agierende Chrysta Bell bereits zu Lynch-Zeiten in eine recht konkrete, exaltierte Live-Performerin, die - unter Zuhilfenahme ihrer Musiker - auch schon mal ganz schön hinlangen konnte. Das ist auch im Falle des neuen Materials der Fall - das aufgrund der anderen Philosophie Parishs auch schon auf der Scheibe weitaus griffiger ausgefallen ist, als das, was Lynch und Chrysta Bell gemeinsam kreierten. Was übrigens nicht dazu führte, dass sich Chrysta Bell irgendwie verleugnen oder verbiegen müsste. Die theatralische Dramatik, die sie in ihren Videos demonstriert, verkörpert Chrysta Bell - mit weit ausholenden, eleganten Bewegungen und Gesten - durchaus auch auf der Bühne. Chrysta Bell ist somit im besten Sinne (und in performerischer Hinsicht) und zuweilen selbst als Person ein wenig größer - oder doch zumindest schillernder - als das Leben. Schade eigentlich nur, dass das kaum zu sehen war, denn die "Beleuchtung" bei diesem Showcase bestand aus zwei roten Scheinwerfern, die hinter den Musikern das Bücherregal anstrahlten, vor dem diese sich präsentieren mussten. Hinzu kam, dass der Bassist Christopher Smart gerne auch "seine" Lampe zusätzlich verdeckte, so dass dann nur noch optisches Raten angesagt war.
Entschädigt wurden die Anwesenden dann allerdings durch einen für die Umstände brillanten Sound, die handwerklichen Fähigkeiten der dreiköpfigen, texanischen Band, eine interessante Setlist, die neben der Hälfte der neuen Tracks auch ein paar Lynch-Titel und die betont rockige Outtake-Nummer "Untertow" enthielt. Das Set begann mit dem Titeltrack "We Dissolve" (in dem es tatsächlich darum geht, dass sich alles irgendwie auflöst - besonders am Ende des Lebens), bevor dann im Mittelteil einige Lynch-Tracks wie z.B. "All The Things" und "Night Ride" von der EP "Somewhere In The Nowhere" und besonders das episch ausformulierte "Babylon" (an dem Lynch und Chrysta nach eigener Aussage sieben Jahre lang herumgebastelt hatten) folgte, bevor es dann am Ende mit dem poppigen "Beautiful" und dem in einer angedeuteten Jam-Session ausufernden Disco-Song "Gravity", zu dem der Berliner Gast-Star Alex Da Silva an einem Mini-Keyboard hinzu kam, noch ein Mal zurück zur neuen Scheibe ging. Im Vergleich zu der eh schon konkreteren Auffassung von John Parishs Produktionen, gerieten die weitestgehend im soliden Kaputnik-Blues-Setting dargebotenen Songs bei dieser Show geradezu rockig - was nicht zuletzt an Jon Sanchez' Twang-Gitarre lag, die er zuweilen für geradezu psychedelische Solo-Ausflüge nutzte, wobei er sich mehrfach auch sampelte und damit sozusagen mit sich selbst duellierte. Natürlich konnte dieser Showcase nur einen limitierten Einblick in die musikalische Welt der Chrysta Bell gewähren (so hatte die Band zum Beispiel keine Songs mehr für eine Zugabe auf Tasche) - dennoch vermittelte er schon mal einen Blick auf die "neue" Phase Chrysta Bells - und diese ist zum Glück weit entfernt von irgendwelchen Auflösungserscheinungen.

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Surfempfehlung:
chrystabell.com
www.facebook.com/chrysta.bell.official
twitter.com/Chrysta_Bell
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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