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Konzert-Bericht
 
Meistens war geil

Tom Liwa mit Flowerpornoes

Dortmund, Subrosa
06.01.2017

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Tom Liwa
Vor 15 Monaten veröffentlichte Tom Liwa mit den Flowerpornoes das allenthalben positiv aufgenommene Doppelalbum "Umsonst & draußen", auf dem sich der aus Duisburg stammende Singer/Songwriter auch abseits der Liwa-typischen Pfade so richtig austoben konnte und einerseits mit einer Reihe Lieder überraschte, deren Texte ungewohnt straight und überhaupt nicht poetisch verklausuliert waren, andererseits aber auch die psychedelisch-improvisatorische Seite seiner Band in den Mittelpunkt rückte, die zuvor bestenfalls bei den Konzerten richtig zum Vorschein gekommen war. In wenigen Wochen stehen nun die Aufnahmen für die nächste Platte des Quartetts an, die im Herbst dieses Jahres erscheinen soll und auf der Liwa und Co. offenbar den mit dem letzten Album vorgezeichneten Weg weitergehen wollen. Dies ließ zumindest die livehaftige Vorabpremiere auf der kleinen Bühne des Dortmunder Subrosa Anfang Januar vermuten, mit 14 neuen, betont bandorientierten Songs, die ungewohnt, aber durchweg sehr gut waren.
Bevor das Konzert startet, sitzt Tom Liwa im Schneidersitz auf der Bühne und schaut lange auf die Setlist des Abends - so richtig geheuer scheint ihm die Idee, im Hauptprogramm ausschließlich brandneue Stücke zu spielen, wohl selbst nicht zu sein. Allerdings hat das Konzept der informellen Vorabpremiere neuer Songs unten am Hafen in Dortmund inzwischen fast schon Tradition. Auch viele Lieder von "Umsonst & draußen" bestanden hier lange vor ihrer Veröffentlichung ihre Feuertaufe - und heute wie damals herrscht eine gelöste Stimmung, in der Band und Publikum kleine Patzer mit einem Grinsen quittieren. Bisweilen müssen Liwa, Bassist Markus Steinebach, Drummer Guiseppe Mautone und Keyboarderin Birgit Quentmeier vor den Liedern sogar erst einmal die Köpfe zusammenstecken, um die nächste Nummer klarzukriegen.

"Ganz normale Songs" lautete der ursprüngliche, inzwischen allerdings verworfene Arbeitstitel für die neue Platte, und schnell wird beim Hören der Stücke klar, warum der Titel gut gewählt war: Abgesehen von zwei balladesken Nummern ("Wer hat recht" und "O.K." - Letztere dem bierseligen Publikum angekündigt mit: "Jetzt kommt ein ganz, ganz süßes Stück, Schnauze halten, ein ganz süßes Stück!"), die sich noch recht nah am "klassischen Liwa" bewegen, haben die Lieder praktisch durchweg kurze Texte, die ohne große Metaphern und doppelten Boden auskommen - ganz normale Popsongs also. Nur einmal, beim ausgefransten "Dope lügt", kommt Liwa mit einer offensichtlichen Metapher um die Ecke und entlarvt sie in der nächsten Zeile sogleich als solche. Hier und da hat man das Gefühl, die Stücke könnten beim Jammen im Proberaum oder bei Soundchecks entstanden sein. Des Öfteren reichen nämlich ein paar improvisiert anmutende Textzeilen, die viel Raum für das Zusammenspiel von Liwa und dem Rest der Band lassen.

Vorab hatte Liwa die neuen Stücke als Mischung aus Ton Steine Scherben, Deichkind und "Remain In Light" von den Talking Heads beschrieben, und in der Tat waren sie sehr abwechslungsreich. Nach dem psychedelisch verschwurbelten Einstieg mit "Meine Leute von der anderen Seite des Himmels waren cool" ist "Das Feuer brennt die ganze Zeit" eine fast lupenreine Country-Nummer. Nur die Pedal Steel fehlt, um Dortmund für fünf Minuten in einen Vorort von Nashville zu verlegen. Ein Verspieler wird mit einem Lacher aus dem Weg geräumt und auch beim nächsten Lied ist viel Platz für Humor. Schließlich wartet "Meistens ist geil" (neben "Unisex Boys & Girls" der heimliche Hit) mit einem unerwartet simplen Garagenrock-Riff auf und Zeilen wie "Geld spielt keine Rolle, irgendwann erb ich / und wenn ich nicht kreativ bin, Alter, dann sterb ich!" Auch "Das was du versteckst" hat einen Hauch von 60s und ein Riff, das an diesem Abend so klingt, als könne es auch von The Who stammen. "Erzähl es von den Bergen" dagegen fußt offenbar auf dem Folk-Spiritual "Go Tell It To The Mountain", während "Yoga" hypnotisch und passend zum Titel gewissermaßen tiefenentspannt daherkommt - und doch in der Phrasierung typisch Liwa bleibt. "UFO" ist derweil die musikalisch wohl spleenigste Nummer und enthält ausgerechnet die Zeile "Die Zeit der Freaks ist vorbei". Das muss Liwa-Humor sein! Von "Alles soll eskalieren" bleibt vor allem der Richtung Krautrock deutende Synth und die enorme Wucht des Schlusses hängen, das Junkie-Epos "Barbi" ist ein zickiger Blues und bei "Armer Irrer" kommen die Talking Heads-Einflüsse zum Vorschein. Nach extrem kurzweiligen 60 Minuten ist der Spuk dann vorüber. "Das war unsere neue Platte, und jetzt schütte ich den Trank des Vergessens über euch aus", erklärt Liwa. "Ihr könnt euch jetzt an nichts mehr erinnern, außer, dass es irgendwie geil war."

Nach einem ulkigen Zehn-Minuten-Schlagabtausch mit dem Publikum und der augenzwinkernden Offenbarung "Ich persönlich bin ja gar nicht so ein sozialer Typ. Ich bin ja eher ein leeeeicht exzentrischer Einzelgänger" gibt es dann noch gut ein halbes Dutzend Rückgriffe auf die jüngere Vergangenheit mit gut gewählten Liedern wie "Federkleid", "Ophelia" und "Eh egal". Dass die Band diese Stück ähnlich, nun ja, lässig spielt wie die unveröffentlichten, passt nicht nur gut ins Konzept, sondern hat sicher auch einen Grund: Geprobt haben sie bestimmt vor allem die neuen...

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Surfempfehlung:
www.tomliwa.de
www.facebook.com/tomliwamusik
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-

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