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Konzert-Bericht
 
Die Verdichtungskönigin

Trixie Whitley
Gatwick

Köln, Luxor
09.12.2016

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Trixie Whitley
Vor genau einem Jahr war Trixie Whitley zuletzt im Kölner Luxor zu Gast gewesen - damals mit ihrer brandneuen CD "Porta Bohemica" im Angebot. Weiland meinte sie vieldeutig, dass sie die Laufzeit der CD bewusst übersichtlich angelegt habe, um erstens den Zuhörer nicht mit unnötigem Füllmaterial zu verwirren und zweitens ihre musikalischen Absichten möglichst konkret auf den Punkt bringen zu können. Um diese Art des musikalischen Verdichtens (auf die sie auch bei ihren Live-Konzerten viel Wert legt) realisieren zu können, musste so manches, was sie im Studio ausprobiert hatte, zunächst unter den Tisch fallen. Bereits "Porta Bohemica" erschien deswegen in der Deluxe-Fassung mit einer zweiten CD mit Outtakes der Original-Sessions. Nun - rechtzeitig zur aktuellen Tour - legte Trixie noch ein Mal nach und präsentierte mit "Sway" eine weitere Outtakes-Sammlung, die zudem um einen Remix des Tracks "New Frontiers" und einige Live-Versionen (inklusive des grandiosen Fan-Favoriten - eine Coverversion des Nat King Cole-Tracks "Nature Boy" - in der sogenannten "Double Drums"-Version, bei der Trixie hinter dem Drumkit platz genommen hatte) ergänzt worden war. Allerdings ging es bei dieser Tour offensichtlich nicht darum, diese Outtakes vollständig zu präsentieren, sondern eher darum, neue musikalische Grenzen im Duo-Format - zusammen mit Drummer Chris Vatalaro - auszuloten.
Zunächst aber ein Mal gab es ein weiteres Duo zu bestaunen. Das Projekt Gatwick kommt aus Hamburg und besteht aus dem ehemaligen Hardcore-Drummer Lukas Ernst und Vokalistin Edina Hittinger und hat sich auf eine Art durchschlagende, rhythmische E-Pop-Variante eingeschossen. "Durchschlagend" deswegen, weil sich Lukas am Drumkit und Edina an der Standpauke offensichtlich darauf verständigt haben, die Trommelfelle ihrer Instrumente synchron zu zerstören. Davon mal abgesehen gibt es musikalisch gar nicht mal so viel zu erklären. Es kommen einige Bassfiguren, vorproduzierte Vokal-Fetzen und Synthie-Passagen von der Harddisk zum Einsatz und dazu trommelt Lukas dann etwas und Edina singt sich - zwar ziemlich ätherisch angehaucht, aber auch melodisch kompetent - durch die elegant angelegten Trip-Hop-Elegien, die sich Gatwick geschickt zurechtgelegt haben. "Gatwick" heißt das ganze übrigens deswegen, weil man sich auf dem gleichnamigen Flughafen eine Nacht um die Ohren schlagen musste, um das Equipment während des Wartens auf einen verspäteten Flug nicht aus den Augen zu verlieren. Der Name passt aber insofern recht gut, als das das sparsam angelegte, auf das notwendigste beschränkte, aber andererseits auch enorm effektive Sounddesign des Duos tatsächlich auch gar nicht mit "Heathrow-Grandezza" punkten möchte. Insgesamt überzeugte das Ganze mit der zur Show getragenen Konsequenz und der sorgsam ausgearbeiteten Performance Dramaturgie durchaus. Eigentlich wäre es seitens des Publikums auch überhaupt nicht nötig gewesen, das Ganze mit einem unverschämt lauten Plapperfaktor zu zerquatschen - denn selbst konzeptionell passte das, was Gatwick boten hervorragend zu dem, was Trixie und Chris im Folgenden anstrebten.
Es ging nämlich um nicht mehr oder weniger darum, die Trixie-Tracks in einem neuen Licht erscheinen zu lassen. Denn im Duo-Format gab es so zum Beispiel mehr zu entdecken, als es bei einer Trixie-Solo-Show möglich gewesen wäre und andererseits erwies sich das Konzept, das ganze im Vergleich zu einem Band-Konzert weiter zu verdichten, als bestens geeignet, Trixies Idealzustand der barrierelosen Musikdarbietung zu erreichen. ABER: Wer sich auch nur ansatzweise mit Trixie Whitley beschäftigt, der weiß nun doch wirklich, dass sie nicht mit ihrem verstorbenen Vater konfrontiert werden möchte (der zudem an gleicher Stelle vor 15 Jahren eines seiner größten Konzerttragödien erlebt hatte). Insofern war es schon fast provokativ, dass sich ein diesbezüglich wohl unbedachter Fan mit einem Chris Whitley T-Shirt direkt vor der Protagonistin platzierte. Es kam, wie es kommen musste. Nachdem sich Trixie das Treiben eine Weile miesepetrig angeschaut hatte, sprach sie den Herrn direkt an und hielt ihm einen Vortrag zu dem Thema der darin endete, dass sie ihn bat, sich doch bitte woanders hinzustellen. Dass Trixie Whitley diesbezüglich - und berechtigterweise - ziemlich sensibel ist, hätte sich im Vorfeld leicht herausfinden lassen - womit sich eine eher unangenehme Situation hätte vermeiden lassen. Es muss dann allerdings auch eingeräumt werden, dass Trixie diese Situation im folgenden noch mal emtschuldigens ausdrücklich erklärte: Es sei nämlich sehr schwierig, die von ihr angestrebte Distanzlosigkeit zwischen ihrer Musik und dem Publikum zu erreichen - und deswegen hatte sie Angst, dass durch die Konfrontation mit dem Whitley-Erbe die mühsam aufgebaute Verbindung mit dem Publikum dadurch gestört werden könne. Tatsächlich schien sie sich nach der Aussprache dann auch zunehmend besser zu fühlen, was sich im Folgenden in einer betont inbrünstigen und teilweise sogar überwältigenden Performance niederschlug.

Diese bestand aus mehreren Teilen: Zum einen steigerten sich Trixie und Chris Vatalaro zuweilen regelrecht in eine Art Trance-Zustand, der letztlich dazu führte, dass sich die angerissenen Tracks zu regelrechten Jam-Session-Labyrinthen auswuchsen, in denen die Tracks Trixies bestenfalls noch zu erahnen waren. Mit den fast poppigen Ansätzen auf der letzten Tour hatte das nicht mehr viel zu tun - und es zeigt auch, dass die Dame, die sonst gerne alles bis ins letzte kontrolliert, gelernt hat performerisch auch mal loszulassen. Dann gab es die Passagen, zu denen sich Trixie ans Keyboard setzte. Diese funktionierten zum einen ganz klassisch - wenngleich betont reduziert - wie zum Beispiel bei der fast souligen Interpretation von "Pieces" - oder aber sie arteten ebenfalls in orgiastische Jam-Sessions aus. So gab es z.B. ein Medley von "I Can't Stand The Rain" und "New Frontiers", bei dem Trixie als virtuose, jazzige Klassik-Pianistin zu einem vorprogrammierten Beat groovte, den Chris Vatalaro dann auf dem Bass begleitete. Trixie erklärte diesen Ansatz auch: Sie arbeite gerne mit antiken Rhythmusmaschinen wie dem analogen "Rhythmn Ace", die allerdings anfällig für Transportschäden seien. Deswegen habe sie Chris Vatalaro gebeten, die Sounds eines Rhythmn Ace zu digitalisieren - und eine ebensolche Loop bildete dann die Basis zu dem besagten Medley. Und wenn Trixie zur Gitarre griff, dann drehte die Sache mehr als einmal in Sachen schmirgeligem Rock-Overdrive ab. So z.B. bei Songs wie dem Outtake "The Shack" von "Sway", "Hourglass" vom letzten Album (zu dem Vatalaro loslegte wie Animal, der legendäre Muppets Drummer) und zum Schluss dann noch "I'd Rather Go Blind" - das erste Stück, das Trixie nach eigener Aussage auf der Gitarre geschrieben habe - ohne eigentlich zu wissen, was sie da tue. Immerhin hat sie auf diese Weise im Laufe der Zeit einen recht eigenen Gitarrenstil entwickelt, bei dem sie ohne Plektrum, aber mit den vier Fingernägeln der rechten Hand auf recht rhythmische Art die Saiten traktiert. Und noch etwas fiel bei dieser Show auf: Trixie hat es mittlerweile gelernt, mit dem Stilmittel der Dynamik zu arbeiten. Gab es früher bei ihr - besonders gesanglich - eigentlich nur Inbrunst bis zum Anschlag, so schafft sie es heute mühelos, eine ganze Bandbreite an gesanglichen Emotionen auf verschiedenen Ebenen zu vermitteln. Insgesamt gefiel diese Show aber vor allen Dingen deswegen, weil sie so ganz anders war als jene im letzten Jahr - obwohl es nicht eigentlich vordringlich um neues Material ging.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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