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Get Well Soon
Inner Tongue

Köln, Gebäude 9
18.04.2015

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Get Well Soon
Dass man auch mit unkonventionellen Konzepten erfolgreich sein kann, hat Konstantin Gropper ein ums andere Mal praktisch belegt. Dieses Mal hatte er indes den Vogel abgeschossen: Das neueste Get Well Soon-Werk ist schließlich keine normale CD - und auch keine seiner vielen Auftragsarbeiten für Film, Produktion oder Theater -, sondern eine Sammlung von drei EPs im 10-Inch-Vinyl-Format. So etwas ist in Zeiten von Apps und Hopps natürlich eine gewisse Provokation. Dennoch war das Gebäude 9 ausverkauft, wie schon lange nicht mehr (am Ende standen die Fans dicht gedrängt bis hinaus in den Vorraum).
Was vielleicht auch ein wenig an der Historie liegen mag: In Köln kann Gropper nicht nicht nur auf eine treue Anhängerschaft vertrauen, sondern hier spielten Get Well Soon (an gleicher Stelle) vor acht Jahren das erste Konzert ihrer ersten offiziellen Tournee. Eine solche Chance räumte Gropper nun auch Inner Tongue ein. Das ist ein junger Wiener Herr, der im Gebäude 9 dann noch einräumte, dass dieses Konzert sogar das erste sei, dass er mit seiner demzufolge offensichtlich gerade formierten Live Band überhaupt je gespielt habe. Das Markenzeichen von Inner Tongue ist die Gehemniskrämerei. So ist nicht bekannt, wer der Herr eigentlich ist und nicht ein Mal den Namen des Projektes verriet er dem Publikum - obwohl seine spezielle, organische Mixtur aus Art-, New Wave- und Elektronik-Pop, die die Band Inner Tongue in der schönen Tradition der Shoegazer-Truppen der 90er präsentierte, durchaus auf Gegenliebe stießen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Inner Tongue auf seine Art genauso unkonventionell daherkomponiert wie Konstantin Gropper (wenngleich ein wenig geradliniger und stilistisch festgelegter). Zwar gäbe es da noch Potential, was die Präsentation des Materials betrifft (denn schließlich konnte nicht jeder die Schuhe der Combo sehen), aber Inner Tongue ist da auf einem durchaus interessanten Pfad. Wenn es nicht andere Acts, die eine solche Ästhetik darböten, bereits vorher gegeben hätte, wäre das Set von Inner Tongue sogar beeindruckend originell gewesen. Allerdings sollte man sich hier mal überlegen, ob das mit der Geheimniskrämerei so eine gute Idee ist. Immerhin: Es gibt eine EP namens "TZ KP" von Inner Tongue.
Schließlich betrat dann Konstantin Gropper mit einer kleinen Sven Regener-Gedächtnis-Geste und dann ging es mächtig zur Sache: Ganz gemäß der drei erwähnten EPs wurde das Set in drei Teilen dargeboten, die für die EPs "The Lufthansa Heist", "Henry" und "Greatest Hits" standen. "The Lufthansa Heist" ist dabei Konstantins Hommage an die Art von Musik, die ihn selbst dereinst inspirierte, Musiker zu werden. "Das sind die Songs, die ich gerne mit 16 geschrieben hätte", stellte Gropper die neuen Songs vor, "und es ist schön, dass ich sie jetzt endlich mal vor Leuten spielen kann." An anderer Stelle sagte Gropper, dass der Plan, eine Hommage an den Grunge-, Trash- und Garagenrock seiner Jugend zu Ton zu bringen, dermaßen gut gelungen sei, dass ihm dabei gleich wieder Pickel gewachsen seien. In der Tat präsentierten Get Well Soon das Material mit einer Verve, die von einer schon geradezu bemerkenswerten jugendliche Frische beflügelt wurde. Mit teilweise vier Gitarren, mehr Powerchords als auf mancher Pixies-Scheibe versammelt sind und Groppers auch in diesem Zusammenhang beeindruckenden Händchen für monumentale Melodiebögen lieferten Get Well Soon sozusagen die Blaupause für ein perfektes Inde-Rock-Spektakel ab. Ansatzweise erläuterte Konstantin sogar die etwas seltsamen Titel der Tracks - "Sci Fi Gulag" handelt so z.B. von Aliens, die die Erde unterjocht und in einen Gulag verwandelt haben. Fast schon wagemutig war bei all dem der Umstand, dass Konstantins Schwester Verena - erneut hochschwanger - bei diesem jugendlichen Leichtsinn mitmachte. Schließlich handelt es sich bei den neuen Rausschmeißern nicht eben um Schlaflieder. Nun ja: Der Nachwuchs muss schließlich frühzeitig an die Musik herangeführt werden.

Für die zweite EP, "Henry (The Infinite Desire Of Heinrich Zeppelin)" - eine Hommage an Konstantins Lieblingsautor Arnold Stadler - zog sich Gropper einen weißen Smoking an und trat barfuß auf. "Entschuldigung, dass ihr hier auf meine Füße schauen müsst", erklärte er, "aber ich dachte mir von wegen Symbolik und so." In der Tat sind die Tracks dieser EP dann auch eher philosophischer Natur. Nicht nur "Letter From Heidegger", sondern der Rest auch. Diese Tracks wurden dann zum Glück aber nicht ganz so elektronisch inszeniert wie auf der Konserve, sondern mit dem GWS-typischen, suborchestralen Aplomb. Dazu nahm sich Konstantin dann noch die Freiheit heraus, sich als nonchalanter Nightclub-Crooner zu positionieren. Und es kam dann auch Verenas Geige wieder zum Einsatz.

Nach einer weiteren Pause ging es dann zum großen Finale. Gegeben wurden die "Greatest Hits". Allerdings eher die eigenen - denn obwohl vor der Show einige der von GWS gecoverten EP-Tracks in den Originalversionen eingespielt worden waren, gab es in diesem Block nur wenig davon. So etwa George Michaels "Careless Whisper", für das sich Gropper ein wenig Ernsthaftigkeit vom eigentlich gut gelaunten, aber dennoch aufmerksamen Publikum erbat. Neben klassischen GWS-Gassenhauern wie z.B. "Sold My Hands" gab es dann noch ein besonderes Bonbon: GWS hatten sich in Fankreisen eine Karaoke-Band für eine eigene Gesangsdarbietung empfohlen. Tatsächlich fand sich im Kölner Publikum dann eine Dame, die sich für den Posten als Lead-Sängerin für diesen Slot beworben hatte. So gab es denn eine interessante Version von "Tick Tack Goes My Automatic Heart" mit Heike (?) an den Lead Vocals, GWS als Karaoke-Band und letztlich dem Publikum als Chor. Dabei wurde dann zweierlei deutlich: Es galt Heike eine Menge Respekt zu zollen, sich so etwas überhaupt zu trauen. Das muss man erst mal hinbekommen, sich ohne handwerkliche Ausbildung vor ein ausverkauftes Haus zu stellen und eine dann nicht ganz einfach zu handhabende Nummer wie "Tick Tack" zu präsentieren. Zweitens wurde dann deutlich, wie schwierig das, was Konstantin Gropper als Sänger leistet, tatsächlich so ist. Ein Umstand, der angesichts seiner Kompositionskunst gewöhnlich in den Hintergrund tritt und erst dann ohrenfällig wird, wenn jemand das - aus nachvollziehbaren Gründen - dann nicht so brillant hinbekommt, wie der Meister. Immerhin: Das gibt es ja auch nicht so oft, dass die Fans dermaßen unmittelbar am Tun ihrer Idole beteiligt werden. Bravo Get Well Soon! Schließlich ging es dann mit "You Cannot Cast Out The Demons" zu einem vielleicht unerwarteten, dann aber doch orgiastischen Ende - denn neben den in der Originalversion verwendeten Stimm-Einspielungen hatte sich Gropper ein Trommelensemble auf die Bühne gestellt und spielte sich dort beinahe in Trance - und nun ja: Der zweite Teil des Tracks artet ja auch in eine Art Disco-Nummer aus, was dann allmählich auf die anstehende Party im Gebäude 9 hinwies.

Am Ende blieb dann der Eindruck, dass Konstantin Gropper mit dieser Präsentation des neuen Materials genau den richtigen Weg gewählt hatte - denn sehr viel besser hätte man das nicht darbieten können.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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