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Mischen Impossible?

Gerdski
T

Schwelm, Eisenwerkschänke
31.05.2013

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Gerd Weyhing
Kürzlich hatten wir es hier mit Gute-Stuben-Prog (Pain of Salvation in Essen). Nun aber Puppenstuben-Prog - kann das gut gehen? Also ein Konzert in einem Ambiente, das zwar urgemütlich ist, aber mehr für die Unterbringung von Playmobil-Figürchen als von Publikum von der Imposanz eines "Schwobenandi" geeignet erscheint? Und kann man das wirklich mischen: Die Soundscapes des Robert-Fripp-Schülers Gerd "Gerdski" Weyhing mit dem ArtPop/NeoProg-Phänomenen von Thomas "T" Thielen? Man konnte. Man sollte.
Schauplatz dieses Prog-Gipfeltreffens der ganz eigenen Art war die urwüchsige Eisenwerkschänke in Schwelm - ursprünglich die Kantine zum ehemaligen "Schwelmer Eisenwerk". Seit 1984 führt hier Lutz Diehl den Kochlöffel und seit 1994 auch das Regiment. Viele Konzertbesucher dürften Lutz schon im Fotograben oder anderswo bei Konzerten gesehen haben - spätestens aber seine resultierenden Bilder auf www.progrockfoto.de. Heute gab er überdies den Gastgeber und (gerne) seine gute Puppenstube her. Während in den übrigen Räumen des in jeder - auch ein freundliches Supermodel hinter dem Tresen einschließenden - Hinsicht reizenden Etablissements der wohlduftende Restaurantbetrieb ungestört weiterlief.

All' diese Reize zu bewundern, blieb genügend Zeit, denn das ursprünglich mal auf 19 Uhr angesetzte Doppelkonzert verzögerte sich bis etwa 20:30 Uhr. Im Gegensatz zum Betrieb in "normalen" Konzerthallen dürfte das aber in der Schänke keinen besonders gestört haben. Beispielsweise konnte man so im Garten Gerdski benebst äußerst sympathischer Begleitung Sabine mal persönlich kennenlernen und dabei bewundern, wie Erstgenannter bei seiner den Namen verdienenden Black Beauty zur Feier des Tages neue Saiten aufzog. Auch Thomas Thielen schaute unter den Hundert Jahre alt wirkenden Bäumen vorbei und entpuppt sich als charmanter Gesprächspartner.

Schließlich aber war wohl die rechte Zeit gekommen - Thomas bemannte die Puppenbühne und das (leider nur) erschienene Dirty Dozen den verbleibenden Schankraum. Ein mutiges und spannendes Experiment - was auf Ts aufwändigst produzierten Alben 250 und mehr Tonspuren belegt, braucht in diesem Format nur den Mann, ein Mikrofon, Keyboard sowie gelegentlich Bass und Gitarre. Und natürlich einen Mitspieler, doch davon später mehr. Auch der Autor selbst wurde im Folgenden ein wenig zum Paulus: Was zuvor als oft (zu) konstruiert, verkopft und teils wie für den Hirnzermarterpfahl komponiert erlebt wurde, gewann in einem Format, wie es intimer nicht mehr sein kann, enorm an Glaubwürdigkeit und Reiz.

Die (freundlicherweise vom Künstler übermittelte) Setlist: "She Said" (brüchiger, fast geflüsterter Gesang); "I Saved The World", "The Aftermath Of Silence"
"King of Sunset Town" (besonders hier waren Optik und Klang fast schmerzlich nah an... einem weinenden Mann. Wie gesagt: mutig das alles!), "Denied - Am I Really Here?" (dem weitgereisten und angemessen gerührten Schwobenandi gewidmet), "One Step Further" (Medley), "Forget Me Now" (mit jetzt sehr tragendem, vollem Gesang).

Die circa zwölf anwesenden Prog-Pundits schienen bereits in höchstmöglicher Wallung, als nun Stufe zwei gezündet wurde. Mit Dominik Hüttermann (u.a. Imatra, Clouds Can) übernahm ein alter Freund und musikalischer Weggefährte schon aus Studientagen das Keyboard, was T gestattete, Gitarre- und Bass-Parts einzustreuen: "August In Me", "Somewhere Only We Know" (das vermutlich schönste Cover des Keane-Songs außer dem von Jeff Martin natürlich. Außerdem ein ziemlich cooles Gitarrensolo für jemand, der von sich selber sagt, er dilettiere nur), "Take On Me" (als "Swingin' Edition"), "The Irrelevant Lovesong" (spätestens hier die Erscheinung, das etwas berührt, was zuvor von Konserve noch eher unfroh gestimmt hatte), "Breakfast in America" - "Run Like Hell" - "Solsbury Hill" (sic; bei den paar Takten Pink Floyd ließ Dominik ein kleines Gummischwein über die Bühne fliegen), "Shades of Silver" (übrigens als Erstaufführung dieses bereits von 1995 stammenden Stücks), "Lamb Lies Down on Broadway" - "Counting Out Time" - "Carpet Crawlers" - "The Lamia", "About Us" (nicht nur aber besonders beim Intro zu "Lamb" bewährt sich Doms virtuoses Spiel; zu den "Crawlers" schunkeln Claudia und Lutz Diehl) und schließlich "Faith" (die aufgrund des Tempos nicht ganz leicht wieder zu erkennende The Cure-Nummer).

Umbaupause - gegen 22:30 Uhr ist die Reihe nun an Gerdski. Der Absolvent eines GuitarCraft-Kurses bei Robert Fripp zeigte sich auch beim heutigen Konzert von King Crimson, Magma, aber auch Elektronikern wie Klaus Schulze beeinflusst. Das Gründungsmitglied der auch in Schwelm einen Gutteil des Publikums stellenden Progrock-dt-Liste begann, an den für ihn so typischen ausladenden, intensiven Soundscapes zu tüfteln. Der über 30 Minuten laufende Aufmacher "Cryptomeria" geriet laut Gerd "krachiger und wüster als je zuvor" - jedenfalls für derartige Trance-Gefilde, bei denen Gerd sich immer wieder den ihn begleitenden Sequenzern modulierend zuwendet und dann sein tastendes, hypnotisierendes Gitarrenspiel wieder aufnimmt.

Bei Stücken wie dem folgenden "Icyclokinesis", "Dubh Artach" und den abschließenden "Horizontal Reflections" lautete die Assoziation gelegentlich auch Ambient meets Maxxess meets Mike Oldfield. Mit Rauchpausen soll das Ganze nochmal zwei Stunden gedauert haben, wie Ohrenzeugen dem Chronisten berichten, der leider vor Schluss den Heimweg antreten musste.

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Surfempfehlung:
schrottland.de/info
gerdski.bandcamp.com
twitter.com/gerdski
www.lastfm.de/music/Gerd+Weyhing
myspace.com/220954667
t-homeland.de/psychoanorexia.html
www.facebook.com/ThomasThielenT
www.myownmusic.de/hutterman
www.progrock-dt.de
www.eisenwerkschaenke.de
Text: -Klaus Reckert-
Foto: -Lutz Diehl / Progrockfoto.de-


 
 

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