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Reeperbahn Festival

Hamburg, Reeperbahn und Umgebung
23.09.2010/ 24.09.2010/ 25.09.2010
Reeperbahn Festival
Dass man auf der Reeperbahn gut feiern kann, dürfte nicht nur bundesweit bekannt sein. Dass man hier auch hin und wieder sehr gute, sehr interessante und auch sehr schräge Musik für sich entdecken kann, dürfte auch bekannt sein. Da hilft es natürlich schon sehr, wenn sich diese Gelegenheiten auf drei aufeinander folgenden Tagen anhäufen, denn das seit 2006 jährlich stattfindende Reeperbahn Festival sorgt für einen bunten Stilmix, da dürfte für so ziemlich jeden etwas dabei sein. Oder auch mehr.
100 Jahre FC St. Pauli. 50 Jahre Beatles. 5 Jahre Reeperbahn Festival. Das Jahr 2010 bietet einigen Anlass zum Feiern. Und die Auswahl an Bands ist auch dieses Jahr wieder riesig - da fällt es wirklich schwer, sich zu entscheiden. Wir haben uns auch vorab wie wahrscheinlich jeder Besucher einen persönlichen Zeitplan aufgestellt - und so gab es auf dem Weg zu Marie Fisker in Angies Nightclub noch auf der Open Air-Bühne auf der Reeperbahn Tess Wiley zu entdecken. Dort stand sie alleine mit ihrer Gitarre bewaffnet - und eine Menge guter Songs im Gepäck. Das zog natürlich einiges an Laufkundschaft vor die Bühne, angefangen vom Kiez-Punk, der sowieso immer dort ist, über Indie-Typen bis hin zu Touristen. Bei Tess Wiley blieb man doch gerne stehen. Sehr nett. Aber nun weiter zu Angies Nightclub, zu Marie Fisker. Die Bar ein wirklich passendes Ambiente, eine Stimme mit natürlicher Geilheit, tief, lasziv, wie die Musik, die aber auch rockig und laut und psychedelisch werden konnte, was ihr auch rückblickend besser stand. Komplettes Kontrast-Programm dann anschließend im Vorraum der Haspa Bank-Filiale gegenüber. Eine seltsame Location, etwas befremdlich mit den Security-Leuten vor den Schreibtischen und Schaltern. Nunja, immerhin befinden wir uns ja in einer Bank. MySpace scheint immer noch viele Leute anzuziehen, wie man dem regen Zulauf bei Wilhelm Tell Me nach urteilen konnte. Viel sehr junges Publikum bevölkerte die ersten Reihen und nachdem ein Ansager eine gute Stimmung heraufbeschwören wollte, gab es dann also die Hamburger Band, die sich sehr in der Ecke mit Hot Chip und Whitest Boy Alive wohl fühlt und dabei etwas angestrengt wirkt. Dann doch lieber rüber in die schnuckelige Prinzenbar, wo gerade The Great Bertholinis den Laden aber mal so gehörig aufmischen. Das ist Party pur. Kein Wunder, denn osteuropäisch angehauchter Polka-Folk-Pop zieht einfach. Und macht einfach Spaß. Danach wurde es wieder etwas ernster bei Tusq. Da der eigentliche Bassist gerade in Spanien weilte, musste sich flugs ein Aushilfs-Musikant engagiert werden, und dieser behalf sich noch mit auf der Rückseite eines Tourposters geschriebenen Notizen und Noten. Hat er aber klasse gemeistert. Sänger Uli, der auch ab und zu mit dem Akkordeon interessante Elemente der Musik hinzufügte, scheint sehr mitteilungsbedürftig zu sein - besonders wenn er auf der Bühne steht. Dabei ist es manchmal besser, zwischen den Songs einfach mal nichts zu sagen. Ansonsten gab es hier interessanten Indie-Rock zu hören, ein sehr gutes Zusammenspiel zu beobachten, wobei der Gesang dann doch teils zu leise abgemischt war. Direkt im Anschluss standen die Färöer Inseln auf dem Programm, genauer gesagt eine Dame namens Eivør Pálsdóttir. Nach diesem Auftritt lohnte es sich eigentlich nicht mehr, noch weitere Konzerte anzusehen, denn das hier war außergewöhnlich und genau das richtige für Entdecker. Mutmaßte man zunächst, dass es sich um einen Sänger aus Finnland handele, wurde man schnell der Tatsache bewusst, dass es sich um eine tolle Sängerin von den Färör Inseln handelt. Sie geht völlig in der Musik auf, tritt barfuß auf, die Zehen rollen sich bei Songs, ebenso die Hände. Gitarrist Benjamin bestreitet einen Song auf dem iPod mit einer Gitarren-App. Einen Song gibt es solo auf Färör mit einem mit Fell bespannten Instrument, dazu seltsame Laute, die mit fiesen Gitarrenriffs wohl auch als Färör Death Metal durchgehen würden. "Hounds Of Love" wurde auch noch gecovert. Die Songtexte an sich sind leider arg platt, aber der Vortrag zählt. Der letzte Song sei ihr erster jemals geschriebener Song gewesen - damals war sie 15 Jahre alt, hatte zwei Tage Liebeskummer und sie muss den Ex wirklich gehasst haben - so ein Feedback und diese lauten Passagen kommen nicht von ungefähr. Das war ein wirklich umwerfender Abschluss des ersten Festival-Tages.

Der Freitag fing für uns mit Wolf Parade im fast überfüllten Docks an. Und bis in die hinteren Reihen greift die Musik. Wolf Parade rocken los, und alle machen mit. Man kann gar nicht anders, hier wird einiges an Energie freigesetzt und hinterlässt beste Stimmung für den Rest des Abends. Wenn man schon dachte, bei Wolf Parade sei es voll gewesen, dann muss man diese Einschätzung im Grünspan bei Marina + The Diamonds direkt nochmal überdenken, denn hier war es nochmal doppelt so voll. Alle wollten Marina sehen, auch MTV-Legende Ray Cokes, der es sich auch nicht nehmen ließ und den Ansager für Marina spielte. So wie er und auch der übrige Teil der Medien Marina mit Lob überschüttete, war die Erwartung natürlich sehr hoch. Und was soll man sagen - Marina geht damit locker um, spielt einfach ihre großartigen Rock-Pop-Songs, ist mit Leidenschaft dabei, weiß, wem sie den Erfolg zu verdanken hat (nämlich den Diamonds, ihrem Publikum) und sieht auch noch fantastisch aus. Toll. Aber das Grünspan viel zu voll. Ordentlich gerockt wurde anschließend in der Großen Freiheit 36 - Gitarristin Laura-Mary Carter und Drummer Steven Ansell aka Blood Red Shoes beschallten den Club. Und wie! Besser kann man es als Duo fast nicht mehr machen in Sachen Indie-Rock. Großartige Riffs, viel, viel Energie, mal gemeinsamer, mal wechselnder Gesang. Herrlich! Nach dem letzen Riff direkt rüber ins Knust, um sich von This Will Destroy You in andere Sphären befördern zu lassen. Die Texaner haben den Dreh einfach raus - laut, leise, ruhig, krachig, sanft, intensiv, fesselnd, entspannend. Alle Facetten des Postrocks in perfekter Einheit.

Samstag, der letzte Festival-Tag. Noch etwas platt von den vergangenen beiden Tagen, viele Bands gesehen, in verschiedenen Clubs gewesen. Da ist es praktisch, wenn die Bands, die man am dritten und letzten Tag sehen möchte, versammelt an einem Ort auftreten - eigentlich an zwei, aber im gleichen Gebäude. Im Bunker an der Feldstraße, direkt am Millerntor-Stadion des FC St. Pauli befindet sich das Uebel & Gefährlich und ein Stockwerk höher die Terrace Hill (mit feinem Ausblick auf Hamburg City, wenn man sich auf den Balkon begibt). Unsere Lieblings-Indie-Popper Beat!Beat!Beat! durften die Terrace Hill beschallen und wie schon einige Wochen zuvor im Molotow war die Stimmung außerordentlich gut, "Fireworks" wurde wie immer abgefeiert und es ist interessant zu beobachten, wie die Band mit jedem Konzert besser und selbstbewusster wird. Im Anschluss wurde das Gedränge noch ein wenig größer, als Young Rebel Set auf der Bühne standen und ihren Indie-Folk-Rock-Pop zelebrierten. Die Temperatur im Laden stieg an, die Stimmung ebenso, da war es schon recht schwierig, wieder herunterzukommen und anschließend Nils Koppruch zu sehen. Oder man ging einfach eine Etage herunter, um sich von Superpunk bestens in die Nacht entführen zu lassen. So bunt wie der Kiez an sich schon immer ist, so bunt war auch dieses Reeperbahn Festival 2010. Passt!
Surfempfehlung:
www.reeperbahnfestival.com
Text: -David Bluhm-
Foto: -Pressefreigabe-


 
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