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Konzert-Bericht
 
Hamburg mit Neuschnee

Nils Koppruch
Neuschnee

Köln, Blue Shell
09.09.2010

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Nils Koppruch
"Wir haben uns auf euch gefreut", begrüßte Nils Koppruch das Kölner Publikum, "nun benehmt euch auch so!" Der Hamburger ist ja - bereits seit Ur-Fink-Zeiten - ein in Köln gern gesehener Stammgast, debütierte aber an diesem Tag im - am Ende dann doch ganz gut gefüllten - Blue Shell. Nachdem zunächst der Namensvetter des aktuellen Koppruch-Albums "Caruso" die beeindruckten Zuhörer lautstark mit dem Volumen seiner Konserven-Stimme überwältigt hatte, betrat zunächst ein freundlicher Herr mit Hippie-Frisur die Bühne und empfahl sich als Vorgruppe.
Diese entpuppte sich dann als zu dreiviertel virtuell. Denn Hans Wagner aus Wien, der in der aktuellen Koppruch-Band Cello und Orgel spielt (und hier und jetzt zum Mundharmonika-Spielen genötigt wurde), ist der Vorsitzende der Musikgruppe Neuschnee, die in der ungewöhnlichen Besetzung Streicher und Songwriter aufspielt. Die Streicher hatte Wagner auf Festplatte mitgebracht (weil es ja so schwierig sei, Visa für Deutschland zu bekommen) und war ansonsten nur mit einer akustischen Gitarre und einem Sampler bewaffnet. Das Konzept - Gesang, Gitarre und Streicher im Song-Kontext - überzeugte dabei mehr als die Umsetzung. Denn zum einen hätte man sich eine bessere Harmonie der (zuweilen ganz schön obskur gestimmten) Gitarre mit den eingespielten Streicher gewünscht und zum anderen Hans Wagner mehr Rhythmusgefühl. Hinzu kommt, dass das alles dann doch etwas zu intellektuell verbogen erschien. Hätte Wagner etwa das Ganze straight, ohne die besagte Obskur-Stimmung und ohne die viel zu gewollt platzierten Brüche und Atonalitäten in seinen Elaboraten dargeboten, dann hätte das Ganze auch auf emotionaler Ebene besser funktioniert. So blieb es eher hölzern und spröde. Aber bitte weitermachen, Herr Wagner, das Konzept alleine ist ja schon weitere Chancen wert!
Warum Nils Koppruch seine zweite Solo-CD überhaupt "Caruso" genannt hatte, erklärte er so, dass er sich auf diesem Wege über die potentielle Falsch-Sortierung in Plattenläden neue Fans erschleichen wolle. "Sind Klassik-Fans hier?", fragte er dann ergebnislos ins Rund, um dann schmunzelnd hinzuzufügen: "Na, dann hat das wohl nicht geklappt." Dabei braucht Nils gar nicht unbedingt ein neues Publikum, denn das seine ist gut gemischt und treu. Sicher, ein paar mehr hätten es schon sein dürfen - aber vermutlich waren die gegenüber beim ausverkauften Stars-Konzert im Luxor. Wie dem auch sei: Das Material des neuen Albums ist weniger eklektisch und experimentell geraten, als dies zuletzt bei Fink der Fall war. Nils besann sich hier einfach auf seine Tugenden und Vorlieben und tat das, was er am besten kann: Mit den musikalischen Versatzstücken und Zutaten eher amerikanischer Natur, einer gehörigen Prise Konsequenz und Unerbittlichkeit und seinen zum Trademark gewordenen, lakonischen, halblustigen Deutschtexten eine letztlich eigene Melange anzurühren. Die recht vielseitigen Arrangements der Scheibe wurden im Live-Kontext kongenial insbesondere von Hans Wagner und Multi-Instrumentist Oliver Stangl (den Nils - wie die anderen beiden Musiker Lars Paetzelt und Christoph Kähler auch - schon bei irgendwelchen Fink-Inkarnationen beschäftigt hatte) emuliert.

Ein Fink-Konzert war das Ganze aber dennoch nicht. Darauf wies Nils ausdrücklich hin - auch wenn es immer noch Songs mit Tiermotiven und Straßennahmen im Programm gibt und wenn es der ein oder andere Fink-Klassiker wie "Shuffle & Kompott" natürlich doch auf die Setlist fand. Das Hauptgewicht lag dann aber schon auf dem Material der neuen Scheibe und jener davor, "Den Teufel tun". Von der neuen Scheibe gefielen etwa der Titeltrack oder das "Kirschen"-Stück. Und der "Hamburger Berg" geriet weil relaxed / abgeklärt und firlefanzfrei dargeboten - zu einem unerwarteten Höhepunkt. Klanglich wuchs das alles konsequent zusammen und war einer gewissen Dramaturgie unterworfen, indem Nils in der zweiten Hälfte zur Danelectro-Gitarre griff und die Sache sozusagen rockig anging. In Kombination mit dem munter fiedelnden Hans und dem instrumentellen Wechselbetrieb von Oliver Stangl wurde dann aber doch keine Rock-Show daraus - aber Songs, die bislang eher als Folknummern durchgegangen wären, erhielten hier ein neues Gesicht.

Ach so: Lobend zu erwähnen wäre hier auch mal die Rhythmusgruppe. Nicht, weil Paetzelt und Kähler sich nicht verspielten, sondern weil das alles sehr viel lebendiger wirkte, als bei so manchem Fink-Konzert, wo der monotone Krautrock-Beat oft zu sehr im Zentrum stand. Nils Koppruch stand da oft grinsend im Zentrum und hörte sich das alles wohl auch selbst gerne an. Sehr viel erzählte er nicht dazwischen ("...ach hört's euch einfach mal an") - das hätte freilich auch an der Lakonie gekratzt. Ein bisserl Image muss man ja schließlich pflegen. Insgesamt war das eine ordentliche, unterhaltsame, abwechslungsreiche Show. Nachdem nach all den Jahren der Novitätencharakter immer mehr zurückging, muss Nils Koppruch heutzutage einfach durch seine Songs überzeugen - und das tat er an diesem Abend durchaus.

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Surfempfehlung:
www.nilskoppruch.de
www.myspace.com/nilskoppruch
www.myspace.com/neuschneemusik
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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