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Konzert-Bericht
 
22 Jahre später

Wayne Hussey
Miles Hunt & Erica Nockalls

Münster, Gleis 22
02.12.2009

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Wayne Hussey
Den Wein, den er backstage im Gleis 22 kredenzt bekam, mochte Wayne Hussey nicht. Trotzdem ließ sich der frühere The Mission-Frontmann nicht davon abhalten, ihn dennoch zu trinken und anschließend bestens gelaunt ein langes Konzert zu spielen, bei dem die Hits seiner alten Band nur Nebenrollen hatten, viele, viele Publikumswünsche erfüllt wurden und auch ein Ausblick auf seine musikalische Zukunft zu erhaschen war. Außerdem fing der Abend auch schon gut an, denn Hussey hatte sich zwei "very special guests" eingeladen.
"Normalerweise spielen wir in einer Band namens The Wonder Stuff, aber zwischendurch lassen wir uns gerne zu Auftritten wie diesem überreden", begrüßte Sänger und Gitarrist Miles Hunt das Publikum. Was die Chartpositionen in England angeht, ist Hunts alte Band zwar wesentlich erfolgreicher als The Mission, in Münster hatte er dennoch keine Probleme damit, den Opener zu machen. Zusammen mit der großartigen Geigerin Erica Nockalls spielte er anfangs vor allem Songs neueren Datums, die wie einst The Wonder Stuff britischen Folk mit einer gehörigen Portion Pop und einem politischen Gewissen vereinen und deshalb zwar äußerst eingängig und gefällig, bisweilen aber ein bisschen vorhersehbar sind. Dass Hunt U2 nicht mag und kein Freund von 24-Stunden-Nachrichtensendern (das Thema der aktuellen Single "Stay Scared, Stay Tuned") ist, hätte man sich auch denken können, ohne dass er die passenden Songs dazu sang. Dann doch lieber mit alten Wonder Stuff-Songs in Erinnerungen schwelgen: "Welcome To The Cheap Seats" widmete Hunt seiner damaligen Gesangpartnerin, der inzwischen verstorbenen Kirsty MacColl, und ließ Nockalls nicht nur den Akkordeon-Part des Originals spielen, sondern auch die Parts, die damals MacColl gesungen hatte. Auch "Mission Drive" und ganz zum Schluss "Golden Green" waren im Programm, und den Gesichtern im Publikum nach zu urteilen, konnten sich viele noch an diese Songs erinnern - anders übrigens als die Dame auf der Bühne, die damals gerade einmal in der Grundschule war... Zwar war der mit netten Anekdoten aus Hunts Tour- und Liebesleben gespickte Auftritt etwas zu berechenbar, um wirklich zu begeistern, ein schöner Einstieg in den Konzertabend waren die rund 45 Minuten aber dennoch.
Hussey fragte im Anschluss erst einmal, ob sich noch jemand daran erinnern könne, wann er das letzte Mal in Münster gespielt habe. "1987", lautete die postwendende Antwort, vom Mann auf der Bühne locker pariert mit: "Huch, da war ich ja erst sechs!" Diejenigen, die sich sogar noch an das Sisters Of Mercy-Konzert in Münster erinnern konnten, bezeichnete Hussey augenzwinkernd als "alte Säcke", bevor mit "Beyond The Pale" das erste Lied auf dem Programm stand. Gleich danach bat Hussey dann um Wünsche und erfüllte einen nach dem anderen: "Shades Of Green" klang ungemein druckvoll, mit fast punkiger Dynamik, "Blood Brother" tauchte unerwartet früh im Set auf und mit den Pianoversionen von "Drown In Blue" und "Let Sleeping Dogs Die" gab es zudem noch zwei wirklich nur ganz, ganz selten gespielte Stücke zu hören. Lustig auch, dass Hussey zwar viele Publikumswünsche spontan erfüllte, sich hier und da aber beißende Kommentare dennoch nicht verkneifen konnte. "Oh, you're so predictable", sagte er, als jemand "Kingdom Come" hören wollte, und als der Ruf nach "Dream On" laut wurde, entfuhr Wayne ein "For fuck's sake!". Gespielt hat er das Aerosmith-Cover dann aber trotzdem. Interessant übrigens auch, dass die wenigen Hits, die er einstreute, keine Wünsche aus dem Auditorium waren. So spielte er unaufgefordert "Severina" und hatte daran offensichtlich so viel Spaß, dass es ihn gleich mehrfach - im wahrsten Sinne des Wortes - vom Hocker riss, auf dem er saß. Natürlich kamen auch dieses Mal die Coverversionen nicht zu kurz: "Ashes To Ashes" von Bowie und "With Or Without You" von U2 ("Ich mag Bono genauso wenig wie Miles Hunt, aber ich liebe diesen Song!") gab's am Klavier zu hören, "On A Night Like This" von The Cure mit atmosphärischer Untermalung an der Gitarre. Außerdem mutierte "Sorry" irgendwann zu Depeche Modes "Never Let Me Down Again", und die epische "Wasteland"-Version gegen Ende enthielt Abstecher zu "Like A Hurricane" von Neil Young, "Lucky" von Radiohead und "Dancing Barefoot" von Patti Smith. Zwischendurch gab es auch zwei Ausblicke auf Husseys musikalische Zukunft: "I'm Falling" begann als leiser Folksong, um sich dann selbst in der Akustikversion zu einer echten Rockhymne zu steigern, und außerdem gab es noch eine vor allem textlich sehr melancholische neue Nummer namens "There's Nothing Left Between Us" zu hören.

"Ich hab 88 Songs in meinem Textbuch", meinte Hussey irgendwann mit Blick auf die Blattsammlung, die er auf einem Notenständer neben sich aufgebaut hatte, bevor er scherzend hinzufügte: "Wollt ihr sie alle hören?" Vermutlich hätten nur die wenigsten im Saal etwas dagegen gehabt, aber auch so war Hussey am Ende überrascht, dass er fast zwei Stunden auf der Bühne gestanden hatte. Offenbar war der Abend nicht nur für das Publikum, sondern auch für den Protagonisten äußerst kurzweilig gewesen. Das absolute Highlight der Veranstaltung war allerdings die erste Zugabe, die nach dem obligatorischen Singalong "Deliverance" folgte: Gemeinsam mit Erica Nockalls an der Geige spielte Hussey "Like A Child Again", und auch wenn die Band der Studioversion natürlich fehlte, kam das Stück dem tollen Original nie näher als in dieser großartigen Version! Dann durfte auch noch Miles Hunt zurück auf die Bühne, und zu dritt spielten sie - mit viel Spaß - "Tower Of Strength" als letzte Nummer.

So war es einerseits ein typisches Wayne Hussey-Konzert, angesichts der vielen selten gespielten Stücke aber ohne Frage dennoch auch ein besonderer Abend. Ganz abgesehen davon: Wie könnte man einen Mann nicht lieben, der Sachen sagt wie "Ich nehme keine Drogen mehr - zumindest nicht auf Tour"?

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Surfempfehlung:
www.waynehussey.de
www.myspace.com/waynehussey
www.themissionuk.com
www.thewonderstuff.com
www.myspace.com/theactualmileshunt
www.myspace.com/ericanockalls
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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